Wie können Universitäten mehr Spin-offs produzieren, Herbert Gartner?
Im Jahr 2019 wurden an der ETH Zürich 30 neue Spin-offs gegründet. Das ist wieder ein Plus im Vergleich zu den Vorjahren, 2010 waren es beispielsweise „nur“ 20 dieser Startups, die aus der bedeutenden Technischen Hochschule der Schweiz hervorgegangen sind. 2019 wurden rund 630 Millionen Schweizer Franken (ca. 587 Mio. Euro) wurden in ETH-Spin-offs investiert. Und es gab noch eine Besonderheit: Die Firma GetYourGuide als erster ETH-Spin-off hat noch vor einem Börsengang über eine Milliarde Marktwert erreicht – für die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ein wichtiger Meilenstein.
Und Österreich? Im der anderen Alpenrepublik gab es im ganzen Jahr 2019 bundesweit insgesamt etwa 20 Spin-offs, und investiert wurde im Vorjahr je nach Rechnung zwischen 160 und 200 Millionen Euro. Damit hat die ETH Zürich Österreich im Alleingang in den Schatten gestellt, vom Rest der Schweiz ganz zu schweigen. Deswegen gibt es mit Spin-off Austria der beiden Investoren Hermann Hauser und Herbert Gartner eine neue Initiative (Trending Topics berichtete), die das ändern will.
„Müssen das Rad nicht neu erfinden“
„Wir wollen in den nächsten zehn Jahren 1.000 Spin-offs mit der Initiative generieren. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, wir brauchen es nur bei anderen Ländern abschauen. Die Bausteine sind schon da und vorbereitet, man muss es nur umsetzen“, sagt Herbert Gartner, Mitinitator von Spin-off Austria, im Gespräch mit Trending Topics. Aber warum ist es so, dass Österreich trotz 376.000 Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen und jährlichen Investitionen in der Höhe von 12,7 Milliarden Euro bei Forschung und Entwicklung so wenig Startups aus dem universitären Bereich hervorbringt? Immerhin tragen diese ja zu Arbeitsmarkt, Wertschöpfung, Innovationskraft und Export eines Landes bei.
„Bei Corporates sind wir ganz gut. Aber die Konvertierung von Forschungsergebnissen in Richtung disruptiver Startups fehlt fast komplett, da liegt die Ursache“, sagt Gartner. „Ausgründungsprozesse sind extrem mühsam in Österreich.“ Zwar gebe es die Bausteine im Ökosystem, unter anderem auch die AplusB-Zentren, die seit 2002 an fünf Standorten im Land Uniabgänger dabei helfen, Forschungsergebnisse zu marktfähigen Produkten und Firmen dahinter zu machen.
„Politik muss Vision vorgeben“
Nur, so meint Gartner, fehlt die große Ansage von ganz oben, als auf Regierungsebene „Die Ursache liegt in der nicht vorhandenen Zielvorgabe. Die Politik muss das als Mission und Vision vorgeben“, sagt der Investor. Er verlangt, dass die so genannte „Third Mission“ von Universitäten viel stärker in den Vordergrund rücken muss. Neben Forschung und Lehre müsse die „wirtschaftliche Konvertierung der Forschungsergebnisse zum Wohle der Gesellschaft“ viel stärker eingefordert werden als bisher. In anderen Ländern sei das längst Standard – etwa auch im Cambridge, wo sein Kollege Hauser seit vielen Jahren als Investor tätig ist und das dortige Ökosystem (6.000 Firmen entstanden, darunter 15 Unicorns) mitgeprägt hat (eine große Trending Topics-Reportage findest du hier).
Auftakt der Initiative Spin-off Austria ist eine Online-Konferenz, die neben Vertretern österreichischer Ministerien auch viele Experten aus dem Ausland (eben etwa der ETH Zürich, aus Cambridge, den USA oder China) zusammen bringt. Gartner: „Die Spin-off Austria Konferenz 2020 dient dazu, um zu zeigen, wie gut es in vielen Ländern läuft, und ab 2021 wollen wir dann Erfolgsgeschichten aus Österreich auf die Bühne holen.“