Sportradar: Die Schweizer Sportdaten-Champions im Gespräch
Sportradar ist einer der weltweit größten Anbieter von Sportdaten. Das Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz, zu dem unter anderem die Plattform LAOLA1 gehört, ist 2001 an den Start gegangen und ist mittlerweile in rund 20 Ländern aktiv und beschäftigt etwa 4.000 Mitarbeiter:innen. In Wien hat das Unternehmen kürzlich einen neuen, großen Standort eröffnet. Wir waren kürzlich dort zu Besuch haben das als Anlass genutzt, um mit Sportradar-Gründer und CEO Carsten Koerl zu sprechen.
Für diejenigen, die es vielleicht noch nicht wissen, was ist Sportradar?
Carsten Koerl: Bei uns dreht sich alles um Sport und da geht es vor allen Dingen um die Daten im Sport und bei den Daten vor allem um die Live-Daten. Alles, was Real-Time ist, das interessiert uns am allermeisten. Wir covern momentan rund 90 Sportarten. Natürlich befinden sich darunter die typischen Beispiele wie Fußball, Tennis, Eishockey, Basketball, aber auch Nischensportarten wie Lacrosse. Da erfassen wir die Daten weltweit. Wir haben dafür elektronische Systeme, machen das auch mit Data Journalists, von denen wir weltweit 12.000 beschäftigen. Das vertreiben wir in drei Industrien. Einmal sind es die Medien, da gibt es die klassischen Medien, aber sicherlich auch die Big Digitals mit Google, Amazon und Facebook. Das sind alle unsere Kunden. Zweitens brauchen Sportverbände, Teams und Trainer auch Daten. Drittens bedienen wir auch Sportwettenabieter.
Auf diese drei Bereiche verteilt sich das. Nur Daten weiterzugeben, das bringt all diesen Kunden allerdings relativ wenig. Das heißt, wir müssen die Daten interpretieren und Dinge daraus lesen, zum Beispiel wie sich ein Spiel entwickelt oder welche Spielstärke ein Spieler zu einer gewissen Zeit hat oder ob eine Mannschaftsaufstellung vielleicht geändert werden sollte, um ein anderes Team auch zu performen.
Man kann Sportradar heute nicht mehr als Startup bezeichnen, ihr seid schon 2001 gestartet. Wie war die Entstehungsgeschichte, wart ihr zu Anfang ein Startup?
Wir waren ein brutales Startup. Das ist aber schon eine Zeit lang her. Da waren es zwei norwegische Studenten und ich. Jetzt haben wir doch knapp 4.300 Mitarbeiter:innen weltweit. Da wir auch noch an der Nasdaq in Amerika gelistet sind, kann man kaum noch von einem Startup sprechen.
War der Börsengang ein Meilenstein für euch?
Ein Riesen-Meilenstein. Vor knapp drei Jahren bin ich mit Michael Jordan am Times Square gestanden. Da ist die Nasdaq und dort haben wir das IPO hingelegt. Das hat viel Spaß gemacht (zumindest an dem Tag). Das Jahr danach war dann eher schwierig, weil alle Kurse nach unten gegangen sind. Aber wir liefern durchaus das, was wir zum IPO versprochen haben. Wir wachsen um über 20 Prozent Top-line und machen mehr als eine Milliarde Dollar Jahresumsatz. Und wenn du immer lieferst, dann wird es auch irgendwann mal die amerikanische Börse verstehen, dass das ein cooles europäisches Unternehmen ist.
Sportradar: „Ich bin bei unserem IPO mit Michael Jordan am Times Square gestanden“
Du hast gesagt, du kennst Michael Jordan persönlich. Bist du eine bekannte Persönlichkeit in der Sportwelt? Hast du noch weitere Superstar-Anekdoten zu erzählen?
Ich durfte in meinem Leben doch relativ viele bekannte Sportler:innen kennenlernen, Michael Jordan sicherlich ein bisschen näher. Was ich dir ganz sicher sagen kann, ist, spiel niemals Golf mit ihm. Erstens spielt er mit extrem hohen Einsätzen, zweitens will er immer gewinnen. Dieser Ehrgeiz ist sicher etwas, was ich von ihm gelernt habe.
Eine kurze Anekdote zu Michael, die so ein bisschen zeigt, wie er ist. Ich bin jedes Jahr zu den Allstars der NBA eingeladen. Die NBA ist eine sehr coole Truppe, sehr technikaffin, aber eher relaxed verglichen mit anderen Sportverbänden. Und die haben dann immer so einen Abend mit lockerer Atmosphäre. Und dort saß ich mit so einem ganz wichtigen Typen aus China zusammen, der groß investieren wollte mit meinem Head of Sales für Amerika. Und der hat mir erzählt, wen er alles kennt. Und dann klopft mir mein Kollege aus Amerika auf die Schulter und sagt, du, da hinten ist dein Shareholder. Und ich drehe mich so um und sehe das große Gesicht und das strahlende Lächeln von Michael. Er sagt: “Hey Carsten, have you made me some money?“ Und ich sage: “Hey, ich bin dabei Michael, ich bin dabei.” Und er sagt: „Come to us.“ Und da saßen dann Jay-Z und Beyoncé an seinem Tisch.
Kommen wir zurück nach Wien, wo ihr kürzlich euer neues Büro eröffnet habt. Erzähl doch noch ein bisschen darüber.
Ich glaube, jedes Unternehmen, mit dem ich so rede, hat seit Covid dasselbe Problem: Wie schaffe ich es, dass ich eine Atmosphäre kreiere, wo ein Team zusammen sein will? Wir sind uns alle einig, glaube ich, dass du viel kreativer sein kannst, wenn du im Team miteinander arbeitest. Wir wollen deshalb eine Balance zwischen Office und Home Office. Wien ist dafür ein wichtiger Schritt. Das Ganze soll wirklich eine coole Atmosphäre bieten. Wir haben in Wien sogar einen Paddle Court eingebaut. Und wenn du so eine Atmosphäre schaffst, wo die Leute wirklich Spaß daran haben, ins Office zu kommen, dann hast du das richtig gemacht.
Hat Österreich als Markt eine besondere Bedeutung für Sportradar?
Österreich hat für mich privat eine große Bedeutung. Mein Sohn ist Österreicher und meine beiden Töchter sind in Wien zur Welt gekommen. Wien hat eine fantastische Lebensqualität, Österreich hat das natürlich auch und ist unglaublich international und sehr weltoffen. Unsere Leute fühlen sich hier sehr wohl. Wir haben jetzt mehr als 30 Nationen im hiesigen Büro, ein bisschen mehr als 440 Mitarbeiter:innen. Und ich hoffe, wir können relativ schnell auf 700 wachsen. So groß ist die Office-Kapazität.
Kommen wir zu einem großen Thema dieser Tage, nämlich AI. Was für eine Bedeutung hat AI für euch?
Ich glaube, für jedes Technologieunternehmen ist AI überlebenswichtig. Wir nutzen die Technologie beispielsweise für unser Risikomanagement. Da gibt es heute gewaltige Rechenpower. Wir haben dadurch auch viele neue Möglichkeiten, unseren Content zu mappen und neue Produkte zu generieren.
Jetzt kommen wir noch zu den Zukunftsplänen von Sportradar. Wie sehen die aus?
Wir wachsen sehr, sehr stark und schauen gerade, was wir sonst noch so machen können. Möglich wäre beispielsweise Programmatic Advertising im Sport, oder eine Fan-ID, um Cookies zu ersetzen. Und dann wollen wir mal schauen, ob wir es schaffen, vielleicht nicht um 20, sondern um 40 oder 50 Prozent zu wachsen.
Eine letzte Frage: Wer, glaubst du, gewinnt die EM?
Aus österreichischer Sicht mal ganz wichtig: Ich denke, Österreich wird vor Deutschland landen bei dieser EM. Aber ich glaube, beide werden sie nicht gewinnen. Ich denke, dass Frankreich nach wie vor unglaublich stark ist und ich glaube auch, dass England sehr stark ist. Wünschen würde ich es Österreich, aber realistisch gesehen werden es Frankreich oder England.