E-Scooter in Wien: Startup hilft beim Tracken und Errichten von Sperrzonen
Dass seit 1. Juli neben Bird, Lime und Link der schwedische Anbieter Voi neu in der Stadt ist, und die Berliner Tier Mobility keine Konzession erhalten haben, ist die eine Neuigkeit in der E-Scooter-Landschaft von Wien. Die andere: Es gibt auch eine neue, digitale Echtzeit-Kontrolle der Stadt Wien über die genauen Standorte jedes einzelnen E-Scooters zu jeder Zeit. Über ein digitales Dashboard können Mitarbeiter:innen der Wiener Mobilitätsagentur vom Schreibtisch aus die Positionsdaten der Leih-Roller einsehen – und Durchfahrtssperren, Temporeduktionen oder sogar Sperrzonen einrichten. Und: Die Daten werden auch genutzt, um Verkehrsvergehen zu ahnden.
Bisher mussten die Betreiber:innen der Stadt Wien täglich eine Liste übermitteln, wo wie viele Scooter aufgestellt wurden. Nun werden die GPS-Daten in Echtzeit an ein digitales Tool gesendet, das vom französischen Anbieter Vianova stammt. Das Startup aus Tournus in Frankreich hat schon Behörden in Helsinki, Zürich, Basel, Paris, Northamptonshire, Göteborg, Stockholm oder sogar Abu Dhabi gewonnen – nun arbeitet die Stadt Wien ebenfalls mit der Cloud-Software.
Detail am Rande: Der Wiener Neuling Voi ist bereits seit 2021 enger Partner von Vianova; in Stockholm und in Northamptonshire gibt es bereits bestehende Partnerschaften, die auch Datenübertragungen vom E-Scooter-Anbieter zu Stadtverwaltungen beinhalten.
Sperrzonen einrichten, Verstöße melden
Welche Daten bekommen Vertreter:innen der Stadt Wien nun also von den E-Scooter-Betreibern übermittelt? „Die E-Scooter-Betreiber übermitteln Statusdaten über eine Daten-Schnittstelle an den von der Stadt beauftragten IT-Dienstleister Vianova. Es handelt sich hierbei weder um Bewegungsdaten noch um personenspezifische Daten der Nutzer:innen. Auf die übermittelten Statusdaten kann rückwirkend zurückgegriffen werden.Die Daten werden vom IT-Betreiber auf einer Plattform in einem Rechenzentrum in Europa gespeichert“, heißt es seitens der Wiener Mobilitätsagentur.
Die Ankündigung von Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), den „Standort jedes einzelnen Scooters zu jeder Zeit per GPS – auch rückwirkend! – bestimmen“ zu können, ist also übertrieben. Tatsächlich ist es eher so: „Die Stadt Wien sieht hier nicht, wo genau Nutzer:innen gefahren sind und wer sie sind. Sie kann nur den Endpunkt und den Startpunkt der Fahrt sehen, aber nicht das Verhalten von User:innen. Es handelt sich hier um anonymisierte, DSGVO-konforme Daten. Sie helfen der Stadt Wien auch dabei, zu sehen, welche Scooter in welchem Gebiet stehen. Dadurch kann sie spezifische Zonen definieren, beispielsweise Non-Parking oder Non-Riding-Zonen“, sagt Katharina Schlittler, Österreich-Chefin von Voi, zu Trending Topics. Die Stadt Wien hätte lediglich „mit einer API die Möglichkeit, unsere Flottengröße zu regulieren und zu beobachten. Sie dient dazu, einzuschätzen, ob sich Anbieter von E-Scootern an die neuen Vorgaben halten.“
In der Praxis könnte das dann so aussehen: Ein falsch abgestellter E-Scooter (sie sind mittlerweile mit Kennzeichen ausgerüstet) wird von der Parkraumüberwachung entdeckt; das Strafmandat geht an den Betreiber; und dieser reicht die Strafe dann an den Nutzer weiter – also ein Prozedere, wie man es etwa auch von Mietautos kennt.
Über das Dashboard kann die Stadt auch flexibel neue, temporäre Sperrzonen (z.B. bei Großveranstaltungen), Durchfahrtssperre oder Zonen mit Temporeduktion einrichten.
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Ungenauigkeiten bei GPS-Positionen sind bekannt
Der Stadt Wien geht es also nicht ums Tracken einzelner E-Scooter-Fahrer:innen, sondern um die Überwachung der Flotten aus der Vogelperspektive. „Über das digitale Dashboard können falsch abgestellte Leih-E-Scooter den Betreiber gemeldet werden, welche dann die Scooter unverzüglich zu entfernen haben. Darüber hinaus kann über das Dashboard die Anzahl der genehmigten Scooter in den einzelnen Zonen überprüft werden, ebenso ob Fahrzeuge in Sperrzonen stehen“, heißt es seitens Mobilitätsagentur. „Verstöße können dann Vertragsstrafen, bis hin zur Kündigungsmöglichkeit der Verträge, nach sich ziehen.“
Wie genau sind diese Ortungsdaten? E-Scooter senden via Mobilfunk ihre GPS-Daten an die Apps der Betreiber, und die wiederum senden sie an Vianova und damit an die Stadt Wien. Ob ein Scooter nun punktgenau auf einer der gekennzeichneten neuen Abstellflächen bzw. den regulären Parkspuren abgestellt wurden oder nicht, ist nicht immer eindeutig in dem Dashboard zu sehen. GPS hat eine Genauigkeit von etwa 3 Metern – im digitalen Dashboard sieht man also eigentlich nicht, ob der Leih-Roller da nun auf der Parkspur steht oder doch am verbotenen Gehsteig. Das weiß ma auch bei der Mobilitätsagentur: „Bei der Erstellung dieser Berichte sind natürlich die Datenqualität und mögliche Ungenauigkeiten durch GPS zu berücksichtigen.“
Wer sich übrigens im Detail für die Sperr- und Parkzonen interessiert – hier sind sie gelistet.