Stahlriese Voestalpine forscht an Weg, CO2 in Erdgas zu verwandeln
Bis 2050 will die österreichische Voestalpine nur noch CO2-freien Stahl herstellen – indem sie auf Wasserstoff statt auf Gas setzt. Bis dahin produziert sie jedoch weiterhin Unmengen an Kohlendioxid. Allein im letzten Jahr waren ihre Stahlwerke für mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen der österreichischen Industrie und des Luftverkehrs verantwortlich, wie die APA mit Verweis auf Daten des europäischen Emissionshandelssystems berichtete. Allein am Stammsitz in Linz stieß der Stahlkonzern mit 9,4 Millionen Tonnen mehr Treibhausgase aus als 900.000 Österreicher:innen zusammen.
Archaeen wandeln CO2 und Wasserstoff in Methan um
Zusammen mit einem Forscher:innenteam des „Metalliurgischen Kompetenzzentrums K1-MET“ untersucht die Voestalpine daher neue Wege, ihr CO2 wiederzuverwerten. Mit dem Projekt „Carbon Cycle Economy Demonstration“ wird geprüft, wie CO2 als Rohstoff nutzbar und als Methan gespeichert werden kann. Dabei wird Kohlendioxid – etwa aus Abgasen der Stahlherstellung – aus der Luft abgeschieden und zusammen mit Wasserstoff in natürliche, aber bereits erschöpfte Gaslagerstätten gepumpt. In rund 800 Metern Tiefe wandeln sogenannte Archaeen die Gase in Methan um. Die dort ansässigen Mikroorganismen sind seit Jahrmillionen maßgeblich an der Entstehung von Erdöl und Erdgas beteiligt und können innerhalb weniger Wochen die Gase in Erdgas umwandeln. Unter Laborbedingungen dauere der Prozess zwei bis drei Wochen, in natürlichen Bedingungen etwa einen Monat.
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„Dieses erneuerbare Methan kann einen Teil des fossilen Erdgases ersetzen, das in den Hochöfen oder Wärmöfen verwendet wird“, erklärt Nina Kieberger, Projektleiterin für Demonstration bei Voestalpine, in einer Aussendung. Dies wäre ein weiterer Schritt zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion. „Mit diesem Verfahren lassen sich auch saisonale Überschüsse an nachhaltig erzeugter elektrischer Energie in Form von Erdgas speichern. Das kann dann bei Bedarf mit der bestehenden Erdgasinfrastruktur genutzt werden“, so Kieberger.
Dass das Konzept funktioniert, zeigt das Forschungsprojekt „Underground Sun Conversion“, bei dem genau diese Methode in einer ehemaligen Gaslagerstätte des Gasspeicherunternehmens RAG Austria ausprobiert wurde. „Damit kann einerseits die diskontinuierliche Produktion von erneuerbarer Energie ausgeglichen und gleichzeitig ein Kohlenstoffkreislauf hergestellt werden“, erklärt Projektleiter Stephan Bauer, Leiter der Green Gas Technology bei der RAG, in einer Aussendung.
Wasserstoff noch rar – EE-Ausbau dringend nötig
Doch es gibt noch Probleme. In Österreich wird etwa nur an wenigen Tagen im Jahr mehr grüne Energie erzeugt, als benötigt wird. Das macht grünen Wasserstoff ausgesprochen teuer. Zudem seien große Elektrolyseanlagen für die Herstellung des Wasserstoffs mangels Serienfertigung ebenfalls sehr kostspielig. „Wir benötigen einerseits einen massiven Ausbau der Windkraft und Photovoltaik und andererseits ein komplett neues Design für den gesamten Energiemarkt“, so Bauer. „Nur so wird es möglich sein, auch den Gassektor auf erneuerbare Beine zu stellen.“
„Unser Vorschlag lautet, jetzt mit skalierten Projekten zu starten“, zieht Bauer seine Schlüsse. Vorbild könnten etwa die deutschen Reallabore im Bereich von 20 bis 100 Megawatt sein. Das erfordert gewaltige Investitionen – doch immerhin würden die Archaeen gratis arbeiten. Zudem gebe es bereits bestehende unterirdische Lagerstätten, um damit etwa Sonnenenergie aus dem Sommer in den Winter zu verlagern.