Hintergrund

Staking: Passives Einkommen oder Zentralisierung von Macht?

© Ferhat Deniz Fors on Unsplash
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Es klingt natürlich verlockend: Passives Einkommen durch die wundersame Vermehrung von Krypto-Token mit Hilfe von Staking. Damit locken immer mehr Exchanges und Broker Nutzer:innen mit einer grundlegenden Funktion von Proof-of-Stake-Netzwerken wie Solana, Cardano, Tezos, Polygon oder Polkadot. Das grundsätzliche Prinzip: Durch das Staking (quasi Einlagen wie bei einer Bank) trägt man zur Absicherung des Netzwerks bei – und erhält im Gegenzug als Belohnung neue Coins oder Tokens.

Durch den für 2022 angestrebten Wechsel von Ethereum von Proof of Work (=Mining) hin zu Proof of Stake soll Staking noch viel breitenwirksamer sein. Der Umstieg hat bereits begonnen: In die neue Beacon Chain wurden bis dato satte 12,8 Millionen ETH eingebracht – das sind nach aktuellem Stand Krypto-Assets im stattlichen Gegenwert von etwa 23 Milliarden Euro.

Auch der Grad der Dezentralisierung scheint hoch: Es sollen mittlerweile 383.000 so genannte Validatoren im Netzwerk geben. Sie haben jeweils mindestens 32 ETH eingebracht und für die Speicherung von Daten, die Verarbeitung von Transaktionen und das Hinzufügen neuer Blöcke zur Blockchain verantwortlich. Dafür verdienen sie neue ETH (4,3% APR) und tragen dazu bei, dass der Energieverbrauch von Ethereum im Vergleich zu Mining um 99 Prozent sinkt. Auch deswegen gibt es nicht wenige Politiker:innen, die das stromhungrige Bitcoin-Mining zugunsten von Proof of Work verbieten oder zumindest sanktionieren wollen.

The Merge: Ethereums Wechsel auf Proof of Stake kommt nicht voran

Doch Staking steht auch in der Kritik. Zum einen halten vor allem Bitcoin-Anhänger:innen Proof-of-Stake-Netzwerke für nicht so robust wie das von Bitcoin, das durch schiere Rechen-Power abgesichert ist – und verweisen auf Hacks und wiederholte Ausfälle – etwa wenn etwa die Blockchains von Solana oder Terra stillstehen.

Zum anderen gibt es auch den Vorwurf: Staking macht die Token-Reichen reicher und sorgt obendrein für eine zunehmende Zentralisierung. Denn Staking muss man sich auch erst mal leisten können (bei Ethereum etwa braucht man mindestens 32 ETH, die auf mindestens ein Jahr gelockt sind; oder man schließt sich einem Staking-Pool an); und außerdem sind es vor allem die großen Exchanges, die sich zu den wichtigsten Staking-Anbietern entwickelt haben. Binance, Kraken, Coinbase, Crypto.com oder KuCoin sind allesamt längst im Staking-Geschäft, zuletzt ist auch Bitpanda aus Österreich in das Geschäftsfeld eingestiegen.

„Proof of Stake neigt zu Zentralisierung“

„Bitcoin gibt es seit über 13 Jahren und wurde noch nie gehackt, während man im DeFi-Bereich Blockchains sieht, die gehackt werden“, sagt Daniel Winklhammer, Mitgründer des Salzburger Startups 21bitcoin, das sich ausschließlich auf BTC fokussiert und Altcoins außen vor lässt. „Auf längere Sicht neigt Proof of Stake zu Zentralisierung. Jeder im Proof of Stake-System, der viele Coins hat, bekommt, ohne Ressourcen auszugeben oder Arbeit zu leisten, bekommt mehr Coins. Große Exchanges wie Coinbase und Binance würden die Coins der User nehmen und immer mehr dazu verdienen.“

Die Gefahr wäre, dass ein Oligopol entstände, in dem sich einige wenige die Kontrolle teilen. „Bei Proof of Work hingegen müssen die Miner immer echte Ressourcen, echte Energie, echte Hardware verwenden“, sagt Winklhammer. „Nur weil ein Miner jetzt einen Großteil der Hashrate hat, heißt das nicht, dass er sich zurücklehnen kann. Jeder Miner, der später einsteigt, hat den Vorteil von Moore’s Law, er kommt mit größerer Rechen-Power und weniger Energieverbrauch daher. Das wirkt dezentralisierend.“

„Gerade private Investor:innen wollen eine Plattform haben“

„Uns geht es darum, Staking möglichst allen so einfach wie möglich zugänglich zu machen“, sagt Lukas Enzersdorfer-Konrad, Chief Product Officer bei Bitpanda. Wie bei Binance und Co. kann man bei Bitpanda seit kurzem 10 verschiedene Tokens staken. Bitpanda betreibt dafür bei einigen Blockchains Validator-Nodes und delegiert die Stakes bei anderen Blockchains in Staking-Pools. Die Rewards werden zwischen Bitpanda und den Nutzer:innen geteilt – je nach Netzwerk sind es zehn oder mehr Prozent, die an Bitpanda gehen.

Dass es die Tendenz gebe, dass die Token-„Reichen“ verhältnismäßig mehr staken als durchschnittliche Nutzer:innen, die gibt es schon. „Der Krypto-Markt ist stark von Nachfrage getrieben, das Angebot ist nicht das Ausschlaggebende“, sagt Enzersdorfer-Konrad. „Kunden, gerade private Investor:innen, wollen eine Plattform haben, um sich nicht mit der technischen Komplexität auseinandersetzen zu müssen.“ Anstatt selbst eine eigene Hardware-Wallet und eine Node aufzusetzen, würde man sich diesen Aufwand und die Kosten sparen und stattdessen Bitpanda das Staking überlassen.

„Proof of Work ist eine der sichersten Mechanismen, die es gibt“, sagt Enzersdorfer-Konrad. Während ein Angreifer bei PoW 51% der Rechen-Power übernehmen müsste, um die Kontrolle zu übernehmen, wäre das bei Proof of Stake einfacher möglich – ein Angreifer müsste sich „nur“ 51 Prozent der Token kaufen. Bei Marktkapitalisierungen von dutzenden oder gar hunderten Milliarden Dollar ist das aber mit sehr hohen Kosten verbunden – dementsprechend verbreitet ist Proof of Work in unterschiedlichen Ausführungen am Markt. „Die großen Layer-1-Chains sind schon auf Proof of Stake oder gehen wie Ethereum in die Richtung. Das ist wahrscheinlich die langfristigere Technologie, aber es ist sehr spannend zu beobachten“, so Enzersdorfer-Konrad.

Schafft Ethereum „The Merge“?

Wie es mit Proof of Stake und das Vertrauen in die Technologie weiter geht, wird vor allem der angepeilte Wechsel von Ethereum von Proof of Work zu Proof of Stake zeigen. Der Wechsel ist alles andere als einfach, immer wieder wurde das Datum nach hinten verschoben. Im August soll es nun so weit sein, dann soll „The Merge“ passieren – also die Zusammenlegung der neuen Beacon Chain (bereits auf PoS) und dem alten Mainnet (noch auf PoW).

Allerdings: Manche in der Krypto-Branche zweifeln daran, dass „The Merge“ funktionieren wird. So könnte es durchaus sein, dass eine Fraktion unter Leitung der Miner sich von der Ethereum-Chain abspaltet, um ETH weiter nach den alten Regeln minen zu können. Wie sich das weiter entwickelt, bleibt aber abzuwarten.

Ethereum-Gründer Vitalik Buterin wendet sich immer mehr Bitcoin zu

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