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Startup-Diskussion: „Kurzarbeit ist etwas aus einem anderen Jahrhundert“

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Rund 1,13 Millionen Menschen befinden sich in Österreich Stand Mitte Juni in Kurzarbeit. Ein Modell, dass von vielen Seiten gelobt wird, mitunter auch von der Politik selbst. Aber ist die Kurzarbeit wirklich die beste aller Lösungen? Lässt sich ein Modell auf alle Branchen und Arbeitsweisen umlegen? Darüber haben wir mit vier Gründerinnen und Gründern diskutiert.

Welche Rezepte haben Startups gegen die Massenarbeitslosigkeit, wie stehen sie zur Kurzarbeit und wie gehen sie selbst mit der Corona-Krise um? Das diskutierten im gestrigen Virtual Roundtable mit Jakob Steinschaden:

  1. Klaudia Bachinger, CEO & Cofounder WisR
  2. Arnim Wahls, CEO & Cofounder Firstbird
  3. Jubin Honarfar, CEO & Cofounder whatchado
  4. Valentin Schütz, CEO & Cofounder Gronda

Kurzarbeit: „Regelung für Industrie“

Dass die Kurzarbeit nicht überall auf Gegenliebe trifft, lässt sich schwer bestreiten. Der generelle Vorwurf: „Die Regelung, wie sie jetzt ist, ist exklusiv für die Industrie gemacht worden. Das System ist für uns alle nicht wirklich relevant, Reformen sollten gemacht werden“, erklärt Valentin Schütz.

Ob die Kurzarbeit der richtige Weg ist, bezweifelt auch Jubin Honarfar: „Die Unsicherheiten sind immer noch sehr groß. Wir wissen nicht, wie lang das alles andauert, wir wissen nicht, ob es eine zweite Welle gibt. Dadurch ist es auch schwierig zu sagen, ob nach Beendigung einer Kurzarbeit tatsächlich die Anzahl der Arbeitslosen dann höher wird. Wir werden den Effekt haben, dass die Arbeitslosenzahlen erst einmal zurückgehen, weil ja Gastronomie und Tourismus im Sommer wieder anziehen werden.“

Die Frage nach der Effizienz

Gleichzeitig sieht er das Modell aber als breit akzeptiert an: „Der Feind, der von außen kommt, führt dazu, dass die Leute zusammenrücken. Die Kurzarbeit war sehr spannend für mich zu erleben, weil wir haben sehr viele unterschiedliche Staffelungen. Was wir aber sehen, ist, dass die Arbeitsleistung, die erfolgt, gar nicht der Stundenreduktion entspricht. Das führt natürlich zu der Frage, ob wir davor ineffizient waren oder ob wir effizienter arbeiten, weil wir weniger Stunden haben. Das wird ein Phänomen sein, das uns weiter begleiten wird“.

„Falsches Modell für diese Krise“

Das Arbeitsvolumen wäre also da, wie viele Gründerinnen und Gründer unisono bestätigen. Das schafft Probleme, denn eigentlich wollen die Startups die Zeit nutzen. Arnim Wahls von Firstbird: „Es entwickelt sich jetzt sehr viel und das Dümmste wäre, sich jetzt unter dem Tisch zu verstecken und nichts zu machen – und später wieder zum Status quo zurückzukehren.“ Genau das sei aber etwas, dem die Kurzarbeit entgegenstehe. Er sieht die Kurzarbeit als „falsches Modell“ für diese Krise. Sie führe dazu, dass „viele dieser Möglichkeiten gar nicht nutzen kann“, also quasi auf Notstrom laufe. „Jetzt wäre die Möglichkeit, wo man aufholt, wo man als Startup weiter wächst, wo man Innovationen rausbringt. Dafür finde ich die Kurzarbeit leider nicht das richtige Instrument“.

„In der momentan Kurzarbeit gibt es nur Verlierer“

Ähnlich kritisch äußert sich Valentin Schütz: „Ja, Kurzarbeit wird überall gelobt, aber Kurzarbeit ist etwas aus einem anderen Jahrhundert. Sie ist aus dem Jahrhundert, wo der Mitarbeiter in der Fabrik steht, irgendetwas zusammenschraubt und den Job eigentlich überhaupt nicht gerne macht. Fährt der Laden runter, mach ich auch keinen Output mehr und muss darum nicht arbeiten. Das ist völlig absurd. In der momentan Kurzarbeit gibt es nur Verlierer. Ich habe die Firma gegründet, mit dem Denken, dass jeder, der dort arbeitet, gleich viel Spaß daran haben soll wie ich. Es gibt keine Work-Life-Balance, es gibt nur Leben. Die Leute sollen das (die Arbeit, Anm.) als Leben betrachten und Spaß daran haben.“

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Seine Situation momentan: „Die Leute wollen arbeiten, aber sie dürfen nicht. Wir haben Arbeit, aber können sie nicht erledigen. Und: Es ist ja auch für den Staat schlecht, weil er will ja, dass seine Firmen so stark wie möglich aus dieser Krise herauskommen. Heißt: Es gibt nur Verlierer, weil die Zeche muss ja sowieso bezahlt werden“. Die Sozialpartner würden teilweise noch in einem anderen Jahrhundert leben, „die kennen das noch vom Klassenkampf“. Er verstehe das, aber bei einem Fall wie seinem würde er „lieber ein bisschen mehr bezahlen wollen und die Leute können ganz normal arbeiten“. In anderen Ländern funktioniere das auch.

Andere Modelle

Da stellt sich die Frage, ob die Gründer auch alternative Modelle zur Umsetzung einer besseren Lösung haben. Die Frage nach der Finanzierung stelle sich schon einmal nicht, erklärt Schütz: „Der Finanzierung steht ja außer Frage, der Staat finanziert die Kurzarbeit ja momentan auch. In den Niederlanden würde es ein Modell geben, bei dem das Unternehmen „40 oder 50 Prozent der Kosten des Mitarbeiters zahlt“, dieser aber in normalem Umfang weiterarbeiten könne. „In Österreich wäre das genauso möglich“.

Der Staat hätte jetzt die Chance gehabt, etwas an der Kurzarbeit zu verbessern – habe es aber nicht gemacht. Klaudia Bachinger bringt noch einen anderen Aspekt ins Spiel: „Das Absurde ist ja, dass Leute, die in der Kurzarbeit sind, auch das Recht haben, sich beispielsweise einen Nebenjob zu suchen – bei mir darf er oder sie aber nicht weiterarbeiten“.

„Regelung für die Industrie“

Allerdings: Die grundsätzliche Absicherung schätzen die Gründerinnen und Gründer durchaus. Jubin Honarfar: „Wir überleben auch, weil Kurzarbeit möglich ist. In Anbetracht dessen, ist es schon gut, dass es dieses Modell überhaupt gibt und wir in einem Land leben, dass uns das ermöglicht. Die andere Frage ist ja auch, wie stark der Staat eingreifen sollte. Wir sind froh, dass der Staat da ist. Aber ja, die Methoden müssten andere sein. Gerade jetzt müsste man viel mehr arbeiten, Neues denken, Neues schaffen. Die Regelung, wie sie jetzt ist, ist exklusiv für die Industrie gemacht worden. Das System ist für uns alle nicht wirklich relevant, Reformen sollten gemacht werden – die nächste Gesundheitskrise wird uns sicherlich einholen.

Valentin Schütz holt auch die Community ins Boot: „Es ist auch an uns, darauf hinzuweisen, dass es nicht zwangsläufig so ist, dass er unter Zwang arbeitet, nur weil er Geld bekommt. Das momentane System ist aber genau darauf aufgebaut. Darauf müssen wir als Startup-Community hinweisen.“

Die Diskussion über die Kurzarbeit startet ab Minute 34:

+++Roundtable: Wie österreichische Startups gegen die Arbeitslosigkeit kämpfen+++

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