Startups auf der ganzen Welt geht das Geld aus
Sicher gibt es sie noch, die großen Investmentrunden und die großen Exits, und auch in der Krise werden neue Unternehmen gegründet. Doch eines ist klar: COVID-19 und die Maßnahmen dagegen haben einen enormen Einfluss auf den Startup-Sektor, und das weltweit. Wie eine Befragung durch Startup Genome in 50 verschiedenen Ländern zwischen 25. März und 17. April zeigt, sind Jungfirmen auf der ganzen Welt während der Corona-Krise in der roten Zone gelandet.
Die rote Zone, das ist jener Zeithorizont, der für Startups in Sachen Runway als besonders kritisch gilt. In der roten Zone ist eine Firma gelandet, wenn sie Geld für nur mehr drei Monate hat. Der Umfrage zufolge sind 31 Prozent, also fast ein Drittel, in der roten Zone gelandet. Zehn Prozent der befragten Gründer haben sogar nur mehr Geld für einen Monat. Insgesamt zeigt sich, dass 65 Prozent, also zwei Drittel aller Startups nur mehr Geld für maximal sechs Monate hat.
Rettungsschirme brauchen Privatinvestoren
Das bedeutet: Entweder kommt plötzlich irgendwo genug Umsatz her, um durch die Krise zu kommen, oder die Startups müssen einen Investor finden. Denn zwar gibt es in verschiedenen Ländern wie Deutschland, Österreich, Frankreich oder Großbritannien bereits vom Staat angekündigte Hilfspakete – doch viele Maßnahmen aus diesen Rettungsschirmen sind an Investmentgelder von Business Angels, VCs oder ganz generell Privatinvestoren geknüpft (mehr dazu hier).
Um die Kosten zu drücken, haben Startups vor allem eines gemacht: Mitarbeiter auf Kurzarbeit bzw. unbezahlten Urlaub geschickt oder gekündigt. Laut Startup Genome mittlerweile 95 Prozent aller Tech-Jungfirmen Ausgaben für Mitarbeiter gekürzt – 74 Prozent davon haben Vollzeitmitarbeiter gehen lassen müssen. Das unterscheidet sie wohl wenig von vielen anderen Unternehmen, die von der Corona-Krise getroffen wurden. Der Tracking-Seite Layoffs.fyi wurden seit dem 11. März weltweit mindestens 35.000 Mitarbeitern von Startups gekündigt – und das betrifft nur Jobkürzungen, die öffentlich bekannt wurden. Die echte Zahl dürfte bei explodierenden Arbeitslosenzahlen in den USA, Österreich usw. deutlich höher liegen.
Krisengewinner gibt es natürlich auch. Laut Startup Genome berichten 26 Prozent der befragten Startup-Gründer, dass sie in den Krisenmonaten Umsatzwachstum verzeichnet haben. Welche Branchen das sind, wurde nicht abgefragt. Doch naheliegend scheint, dass bestimmte Bereiche wie HealthTech, EduTech, Videoconferencing oder E-Commerce in der Krise deutlich wachsen können (Trending Topics berichtete).
Pech beim Timing
Wie dramatisch ist die Corona-Krise nun für Startups? Generell gilt, dass viele Jungfirmen die ersten Jahre ohnehin mangels tauglichem Businessmodell überleben. Doch durch die Krise verschärft sich die Situation nun, es es geraten auch solche Startups in Gefahr, die vor der Krise bereits gut funktionierten und plötzlich vor dem Aus stehen. Manche Gründer hatten das Glück, kurz vor Beginn der Krise eine Finanzierungsrunde abschließen zu können – das wird die Firmen wohl durch die nächsten harten Monate und Jahre tragen können.
Andere Startups, die beim Timing Pech hatten, sitzen nun vor der Situation, dass auf der einen Seite Risikokapitalgeber zögerlicher bei Neuinvestments werden und Geld lieber ins bestehenden Portfolio stecken, und andererseits vor allem im B2B-Bereich wenig Chance auf Neugeschäft besteht. Für junge Firmen, die naturgemäß wenig bis gar keine Bestandskunden haben, lässt sich somit nur schwer Umsatz holen. Offen ist, ob das oft beschworene Comeback ganzer Volkswirtschaften gelingt und das Business bald wieder anläuft.
Der Blick in den Rückspiegel zeigt, wie sich Krisenzeiten auf Startup-Investments auswirken. Während der Finanzkrise 2008/2009 sind die VC-Deals für Software-Startups in der Series A um 30 Prozent gefallen, in der Series B sogar um 48 Prozent. Noch ist es zu früh, um zu sagen, wie sich die Krise auf Investments in Europa und den USA auswirkt. In China sind laut Startup Genome die Series-A-Investments um etwa 50 Prozent zurück gegangen – ein erster Hinweis darauf, dass die Corona-Krise viel heftiger sein könnte als die Finanzkrise vor mehr als einem Jahrzehnt.