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Startup-Beteiligung: „Benefit für Mitarbeiter:innen nicht attraktiv genug“

Startup-Mitarbeiter. © Headway auf Unsplash
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2024 gab es von der damaligen ÖVP-Grünen-Regierung ein Gesetzespaket für Startups. Der Inhalt: Die FlexCo und die neuen Regeln für die Beteiligung von Mitarbeiter:innen. Der Erfolg der FlexCo ist dabei relativ einfach messbar: Noch einige Tage oder wenige Wochen, und die 1.000er-Marke wird erreicht sein.

Bei der Mitarbeiter:innenbeteiligung ist es ungleich schwieriger – dazu finden sich derzeit keine verlässlichen Zahlen, wie gut oder schlecht sie angenommen wird. Zu bemerken am Markt ist aber eher die Abwesenheit von großem Jubel über die Mitarbeiter:innenbeteiligung. Es gibt keine Gründer:innen, die das Modell loben, keine Politiker:innen, die sich damit schmücken, kaum Fachexpert:innen, die sich das Thema groß auf die Fahnen schreiben.

Zur Erinnerung: Die neue Regelung sollte es eigentlich erleichtern, Talente an Startups zu beteiligen, um diese am künftigen Erfolg des Startups (z.B. Exit) teilhaben lassen zu können. Die Rahmenbedingungen (mehr Infos auch hier):

  • bis zu 25 Prozent der Unternehmensanteile darf man bis zu 100 Mitarbeiter:innen geben.
  • Die Besteuerung dieser Anteile (75 % nach KESt, 25 % nach ESt.) erfolgt erst dann, wenn die Shares wieder verkauft werden, also etwa im Falle eines Exits
  • Firmen dürfen maximal 10 Jahre alt sein und 40 Mio. Euro Umsatz machen
  • Dienstverhältnis muss zumindest drei Jahre gedauert haben, bevor Mitarbeiter:innen beteiligt werden können
  • Mitarbeiter:innen müssen die Shares mindestens fünf Jahre behalten

Nun regt sich Kritik unter Gründer:innen, die das neue Modell gerne angewandt hätten, aber in der Praxis dann auf einige Hürden stoßen bzw. wegen Nachteilen ganz davon absehen, es umzusetzen. Christian Massoner, Partner und Steuerexperte beim Unternehmensberater EY in Österreich, hat sich mit der Materie intensiv auseinandergesetzt.

Trending Topics: Es gibt bereits einige Scale-up-Gründer, die festgestellt haben, dass die neue Möglichkeit zur MA-Beteiligung nicht gut funktioniert? Warum ist das so, wo sind die Fallstricke?

Christian Massoner von EY. © EY Austria
Christian Massoner von EY. © EY Austria

Christian Massoner: Die neue Startup-Mitarbeiter:innenbeteiligung wird nach meiner Einschätzung u.a. aus folgenden Gründen nicht als sehr attraktiv wahrgenommen:

  1. Enge Anwendungsvoraussetzungen: Diese führen leider dazu, dass die neue Regelung für einige Startups nicht in Frage kommt. Das betrifft z.B. die Anforderungen an die Größe des Startups, den Gesellschafterkreis und die Haltefristen.
  2. Die Regelung ist in all ihren (rechtlichen und steuerlichen) Facetten technisch durchaus komplex und mit erheblichem Aufwand in der Umsetzung verbunden.
  3. Last but not least ist der Benefit für die Mitarbeiter:innen wohl auch nicht attraktiv genug. Im Exit-Fall ist der Steuersatz deutlich höher als für die übrigen Shareholder.

Wie bewerten Sie die neue Form Beteiligung grundsätzlich? Ist sie zu empfehlen?

Die Grundidee ist ausgesprochen begrüßenswert: Mit der neuen Startup-Mitarbeiter:innenbeteiligung soll die sogenannte „Dry Income“-Problematik (Anm.: Cash Tax auf die kostenlose oder verbilligte Ausgabe von Equity an Mitarbeiter) gelöst und gleichzeitig Rechtssicherheit und attraktive Rahmenbedingungen für Startups geschaffen werden. Leider wird die Regelung bisher nicht ausreichend in der Praxis angenommen. Es gibt sicher Fälle, in denen die Startup-Mitarbeiter:innenbeteiligung empfohlen werden kann, aber alternative Gestaltungsmöglichkeiten sollten stets auf Vorteilhaftigkeit geprüft werden.

Welche negativen (steuerlichen) Auswirkungen kann die MA-Beteiligung haben, sowohl für das Unternehmen als auch die Mitarbeiter:innen selbst?

Aus Sicht der Mitarbeiter:innen ist zunächst das Risiko herauszustreichen, dass gewisse Tatbestände wie etwa die Auflösung des Dienstverhältnisses oder ein Wegzug ins Ausland eine „Dry Taxation“ auslösen. Dem kann zwar mit Leaver-Regelungen bzw. Aufgriffsrechten begegnet werden, und wenn das Startup die Rechtsform einer FlexCo hat, kann der Arbeitgeber dieses Risiko mit einer Haftungsübernahme abfedern, aber der Teufel steckt hier im Detail.

Außerdem sind Fristen in Bezug auf das Halten der Beteiligung und auch die Dauer des Dienstverhältnisses zu beachten. Werden diese nicht eingehalten, werden Erlöse aus der Beteiligung voll – und damit so unattraktiv wie Arbeitslohn – besteuert.

Beim Arbeitgeber besteht aus meiner Sicht hauptsächlich das Risiko, dass mit viel Aufwand und erheblichen Kosten ein Regime geschaffen wird, das von den Mitarbeiter:innen nicht als ausreichend attraktiv wahrgenommen wird.

Es gab schon bisher Modelle wie Phantom Shares usw. Sind diese letztendlich besser als das, was gesetzlich neu eingeführt wurde?

Nicht immer, aber nach meiner Erfahrung in vielen Fällen ja.

Phantom Shares werden zwar bei den Mitarbeiter:innen höher besteuert, diesem steuerlichen Nachteil stehen aber unter Umständen erhebliche andere Vorteile gegenüber. Phantom Shares sind wesentlich einfacher und flexibler in der Gestaltung und beim Arbeitgeber besteht bei entsprechender Ausgestaltung die Möglichkeit, einen Betriebsausgabenabzug geltend zu machen.

Und es besteht natürlich stets die Möglichkeit, dass Mitarbeiter:innen echtes Equity am Startup erhalten. Diese Form der Mitarbeiterbeteiligung kommt in der Regel nur in bestimmten Fällen in Frage (zB Managementbeteiligungen), ist aber in der Regel für die Mitarbeiter:innen steuerlich am attraktivsten. Für die Ausgabe von Equity gibt es zudem Steuerbefreiungen, die mit der Start-Up Mitarbeiterbeteiligung in einem gewissen Konkurrenzverhältnis stehen.

Es gibt eine neue Regierung. Wo müsste diese Ihrer Meinung nach nachbessern, um die Mitarbeiter:innen-Beteiligung wirklich sinnvoll zu gestalten?

Ich wünsche mir von der neuen Regierung Mut für einen „großen Wurf“ bei den steuerlichen Rahmenbedingungen von Mitarbeiter:innenbeteiligungen. Wenn sich Mitarbeiter:innen an ihrem Arbeitgeber beteiligen, ist das in den allermeisten Fällen eine Win-Win-Situation, bei der sowohl die Mitarbeiter:innen als auch der Arbeitgeber profitieren. Ich bin überzeugt, dass attraktive rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen auch den Standort Österreich langfristig stärken.

Ich habe von Anfang an nicht verstanden, wieso nur für (gewisse) Startups das Thema Mitarbeiterbeteiligung steuerlich incentiviert wird. Das Thema hat grundsätzlich für alle Wirtschaftszweige und Unternehmen eine große Relevanz und attraktive steuerliche Rahmenbedingungen sollten daher auch für ausnahmslos alle Unternehmen zur Verfügung stehen.

Das bedeutet, dass die engen Anwendungsvoraussetzungen der Startup-Mitarbeiter:innenbeteiligung gestrichen werden sollten und idealerweise auch der Steuersatz für Mitarbeiter:innen an den Steuersatz für die übrigen Shareholder angeglichen wird.

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