Startups, hütet euch vor der Greenwashing-Falle!
Grün, nachhaltig, öko – sustainable sein ist 2020 so schick wie nie. Donald Trump will Bäume pflanzen, die Internet-Multis wetteifern darum, wer zuerst CO2-neutral wird (2040! 2030!!), und auch findige Unternehmer haben das Thema für sich entdeckt. Zahnpasta, Ski, Pfannen, Versandboxen und ganze Autos werden auf Sustainability getrimmt.
Nun sind auch Risikokapitalgeber in Deutschland auf den Zug aufgesprungen und schreiben Startups nun Nachhaltigkeits-Klauseln in den Verträge hinein. Das ist auf den ersten Blick zwar lobenswert, doch dabei wird nur an der Oberfläche gearbeitet. Ja, Startup-Gründer sollen darauf schauen, dass sie Dienstreisen mit der Bahn statt mit dem Flugzeug erledigen, das Büro auf Ökostrom umstellen und die Finanzierung von Klimaprojekten in die Budgetplanung aufnehmen.
Das könnte durchaus dabei helfen, CO2 zu reduzieren, doch gehen die Klauseln am Ziel vorbei. Denn dort, wo es wirklich heikel ist, gibt es keine Verpflichtungen. Software-Startups verpflichten sich nicht dazu, künftig auf grüne Cloud-Systeme zu setzen, die auf CO2-neutralen Servern laufen – und das, obwohl es nach wie vor große Cloud-Anbieter gibt, die ihre Server-Farmen nicht komplett mit sauberem Strom erzeugen.
Soft- und Hardware als echte Herausforderung
Noch kniffeliger wird es bei Hardware. Nach wie vor kommen viele Geräte – selbst Solar-Gadgets – aus Fabriken in Asien, wo selten geschaut wird, mit welchen Energiequellen und welchen Rohstoffen fabriziert wird. Klar kann man auch versuchen, in Europa mit nachhaltiger Produktion zu starten – aber wenn es dann ans Skalieren geht, dann kommt man nicht oft nicht um China herum. Das zeigt sich auch bei einem Auto-Startup.
Klar würde man gerne die Akku-Zellen aus Europa, gefertigt aus nachhaltig abgebautem Lithium und Kobalt, verbauen – nur garantieren könne man das nicht, weil es erstens in Europa noch gar keine geeignete Batteriezellen-Fertigung gibt und zweitens die Lieferketten so komplex und undurchschaubar sind, dass man gar keinen „grünen“ Akku garantieren könne.
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Auch Investoren müssen beitragen
Und dann gibt es natürlich auch noch die Investoren selbst. Es ist schön, wenn sie den Startups Klauseln auferlegen, doch was ist mit ihnen selbst? Aus dem Silicon Valley höre ich von CleanTech-Startups, die sich mit dem Fundraising auch im Jahr 2020 noch schwer tun, weil die großen, namhaften VCs das Thema (auch geschuldet schlechten Erfahrungen mit Photovoltaik-Investments) noch nicht im Investment-Fokus haben. Auch in Europa gibt es kaum VCs, die Investments ausschließen, weil die Startups nicht „grün“ genug sind. Das muss sich ändern, wenn die Branche es ernst meint.
Wer sich Sustainability auf die Fahnen schreibt, wird vorher vieles überprüfen müssen. Ansonsten läuft man schnell Gefahr, sich Greenwashing vorwerfen lassen zu müssen – das kann für Startups und junge Brands schlecht ausgehen. Wie so etwas nach hinten losgehen kann, musste kürzlich auch ein deutscher Großkonzern feststellen, der viel für Klimaschutz tun will, aber dann wegen einem verhältnismäßig kleinen Auftrag für ein Kohlekraftprojekt eines indischen Auftraggebers in die Kritik geriet. Ein Friedensangebot des Konzerns an die Klimaaktivisten lief ins leere, der Nachhaltigkeits-Ausschuss des Konzerns soll nun ein Vetorecht gegen die Beteiligung an Projekten wie dem kritisierten bekommen.
Auch in diesem Fall hat sich letztendlich gezeigt: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.