Statt Diesel: Deutsche Bahn setzt auf Wasserstoff-Zug von Siemens
Der Ausstieg aus der fossilen Energie betrifft auch den öffentlichen Verkehr – doch bei großen Fahrzeugen wie Bussen, Straßenbahnen oder ganzen Zügen sind batterieabhängige Antriebe oft nicht ausreichend, um die nötigen Reichweiten zu erzielen. Laut Bahnchef Richard Lutz, der von der dpa zitiert wird, sind etwa immer noch 3.000 Dieselfahrzeuge unterwegs. Das Projekt „H2goesRail“ hat nun das Ziel, im Regionalverkehr zukünftig auf Wasserstoff-Züge zu setzen.
Die Deutsche Bahn und Siemens gingen mit dem „Mireo Plus H“ nun gemeinsam einen ersten Schritt. Der Anfang Mai vorgestellte, mit Wasserstoff betriebene zweiteilige Regionalzug kann je nach Strecke und Jahreszeit bis zu 800 Kilometer weit fahren. Als Spitzengeschwindigkeit wird 160 km/h angegeben. Der Antrieb besteht dabei aus Brennstoffzelle und Pufferbatterie, die Leistungsfähigkeit entspricht der eines elektrischen Triebzuges, so die Angaben dazu. Die dreiteilige Variante des Zuges soll eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometern aufweisen, so die Angaben von Siemens.
Mireo Plus H spart dank Wasserstoff CO2 ein
„Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, bis 2030 75 Prozent des Schienennetzes zu elektrifizieren“, so Michael Theurer, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr in einer Aussendung. „Alternative Antriebe können helfen, die Emissionen des Dieselverkehrs auf der Schiene zu reduzieren. So können wir auch auf den Strecken nahezu klimaneutral fahren, wo eine Vollelektrifizierung nicht möglich ist.“
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Wasserstoffzüge sind eine besonders klimafreundliche Antriebstechnologie, denn mit Wasserstoff fahren sie emissionsfrei – ausgestoßen wird nur Wasserdampf, kein CO2. Wichtig ist dabei, dass der Wasserstoff auch klimafreundlich produziert wird. Die Deutsche Bahn gibt an, den Wasserstoff mit Ökostrom zu produzieren, der direkt aus der Oberleitung kommt. Am Beispiel des H2goesRail-Projekts würden sich so auf der Strecke zwischen Tübingen und Pforzheim CO₂-Einsparungen von ca. 330 Tonnen pro Jahr ergeben. Generell soll der Mireo Plus H, abhängig vom Streckenprofil, 520 Tonnen pro Jahr einsparen können (gerechnet auf 200.000 Kilometer Laufleistung).
Testfahrten ab 2023, regulärer Zug-Betrieb ab 2024
Der Mireo Plus H wird 2023 Testfahrten in Baden-Württemberg aufnehmen. Ab 2024 ist er im regulären Fahrgasteinsatz zwischen Tübingen, Horb und Pforzheim unterwegs und ersetzt einen dort fahrenden Dieseltriebwagen. Die DB entwickelte zudem ein neuartiges Verfahren, mit dem die Betankung eines Wasserstoffzuges genauso schnell verlaufen soll wie bei einem Dieseltriebzug. Produziert wird der Wasserstoff von DB Energie in Tübingen, der Treibstoff wird dann in verdichteter Form in einem mobilen Speicher gelagert. Der mobile Aufbau ermöglicht dabei weitere Erprobungsprojekte an bislang nicht erschlossenen Strecken, wie die DB bekannt gibt.
Projekt mit fast 14 Millionen Euro gefördert
„Wasserstoffzüge sind für die Deutsche Bahn ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität“, so Daniela Gerd tom Markotten, Vorständin Digitalisierung & Technik bei der Deutschen Bahn. „Mit unserer Entwicklung der mobilen Wasserstofftankstelle und der dazugehörigen Instandhaltungsinfrastruktur zeigen wir, dass wir bei der DB nicht nur Mobilität, sondern auch Technik können.“ Das Projekt „H2goesRail“ wurde vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit über 13,7 Millionen Euro gefördert.
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Wasserstoff-Züge sind in Deutschland jedoch kein absolutes Novum, zwischen 2018 und 2020 lief der Testbetrieb des „Coradia iLint“ zwischen Bremervörde und Cuxhaven. Hersteller Alstom bezeichnet den Zug selbst als „den weltweit ersten Wasserstoff-Zug“, Tests liefen auch in Frankreich, Österreich, Schweden oder Polen. Für die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen baut Alstom aktuell 14 Brennstoffzellenzüge, für den Rhein-Main-Verkehrsverbund RMV sogar 27. Die Züge sollen noch dieses Jahr in Betrieb gehen.