Interview

Stefan Gaigg von Miba: „Elon Musk hat seine Gigafactory, wir haben unsere VOLTFactory“

Stefan Gaigg von Miba Battery Systems. © Miba
Stefan Gaigg von Miba Battery Systems. © Miba
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Aus dem oberösterreichischen Startup VoltLabor, das heute Miba Battery Systems heißt, ist ein ­Unternehmen gewachsen, dass bei den so wichtigen Batterietechnologien international mithalten kann – und genau deswegen hat es das heimische Tech-Unternehmen Miba gekauft. Nun geht es darum, auf der ganzen Welt die VOLTFactories zu errichten, die wie in Bad Leonfelden Akkus im Gigawatt-Bereich produzieren können.

Dieses Interview stammt aus unserem Magazin „Unter Strom 2023“ mit Schwerpunkt auf E-Mobilität. Das rund 70-seitige Magazin steht hier kostenlos zum Download parat.

Trending Topics: 2008 hat alles mit dem E-Motorrad Johammer begonnen. Wie war das damals? Warum haben Sie damit begonnen, ein E-Motorrad zu bauen, lange bevor die meisten an überhaupt an E-Mobilität gedacht haben?

Stefan Gaigg: Wir verstehen uns als Pionier. Wir haben im Zuge des Motorrads intensiv an der Batterie gearbeitet. Da sind wir Pionier und waren weltweit das erste Unternehmen, das Rundzellen mit dem Laser verschweißt hat – also ein Trendsetter bei der Technologie der Laserkontaktierung von Batteriezellen. Daraus hat sich dann viel mehr entwickelt.

Miba hat sich 2019 bei Voltlabor beteiligt, 2022 dann mehrheitlich übernommen. Was war ausschlaggebend für dieses Engagement? Vom E-Motorrad in Richtung Gigafactory ist es ja ein langer Weg.

Die Batterie ist einfach eine wesentliche Komponente für die Elektrifizierung aller Lebensbereiche und soll hier auch einen Beitrag für eine saubere Umwelt leisten. Das treibt uns an, und das ist der Grund für die Beteiligung. Es passt einfach sehr gut in das Produktprogramm der Miba. Dort stellen wir entlang der gesamten Energie-Wertschöpfungskette Komponenten her, von der Energiegewinnung über ihre Übertragung und   Speicherung   bis zur Verwendung. Das ist ein perfekter Fit für die Miba, wo wir unseren Beitrag für die Energiewende leisten.

Welche Strategie verfolgen Sie nun mit der Miba Battery Systems? Welche Rolle kann man als österreichischer Player in einem internationalen Markt der Elektrifizierung spielen?

Schon eine sehr wesentliche. Elektrifizierung wird heute großteils in den Elektroautos gesehen, aber das Spektrum ist ja viel größer. Elektrifizierung geht in alle Lebensbereiche hinein, und wir fokussieren uns da nicht nur auf Automotive, sondern wir wollen anspruchsvolle Nischen bedienen. Immer dann, wenn es um spezielle Herausforderungen geht, um funktionskritische Herausforderungen, dann wollen und können wir mit unserer Technologie einen speziellen Beitrag leisten und wirklich für den Kunden dann einen Mehrwert schaffen.

In welchen Fahrzeugen kommen Ihre Batterien schon zum Einsatz?

Konkrete Namen kann ich nicht nennen. Automotive ist nicht unser alleiniger Fokus. Wir sind noch am Start unserer Reise und werden von den unterschiedlichsten großen OEMs in Entwicklungsfahrzeugen verbaut und getestet.

2021 haben Sie die VOLTFactory gestartet. Damals war die Rede von mehreren hunderten Megawatt. Jetzt redet die ganze Welt von Gigafactories. Ist es auch Ihr Plan, eine Gigafactory zu haben?

Wir hoffen, dass die ganze Welt bald von den VOLTFactories sprechen wird. Elon Musk hat seine Gigafactory, wir haben unsere VOLTFactory. Wir wollen dieses Konzept in die Welt hinaus tragen. Wir haben eine besondere Technologie und diese Technologie wollen wir ‚local to local‘ dann auch in anderen Märkten bereitstellen. Daran arbeiten wir. Wir haben unsere erste VOLTFactory in Bad Leonfelden in Oberösterreich eröffnet. Das ist unser Pilotwerk. Dort entwickeln wir die Technologien, dort testen wir sie, und dann werden sie in weitere VOLTFactories ausgerollt. Von der installierten Kapazität her sind wir heute im Bereich von einem Gigawatt. Also wir sind schon eine Gigafactory. Und da sind wir wahrscheinlich speziell auch in Österreich die erste Gigafactory. Was man wissen muss: Wir stellen nicht die Zellen her, sondern Batteriesysteme.

Unsere Suche ist also erfolgreich, wir haben Österreichs erste Gigafactory gefunden?

Ja, genau.

Sie haben ein Netzwerk an Standorten in China, Indien und in den USA. Wie sehen Sie diese einzelnen Märkte, die ja sehr unterschiedlich sind?

Die Miba ist weltweit aufgestellt. Wir haben weltweit 29 Produktionsstandorte, verfolgen den local-to-local-Ansatz in unserer Strategie und sind dort, wo unsere Kund:innen sind. Das hat für die Miba Battery Systems und das VOLTFactory-Konzept natürlich den Vorteil, dass wir bereits in all diesen Märkten sind. Da spielen natürlich die USA und China eine wichtige Rolle. Die USA zum Beispiel sind technologisch gefühlt noch etwa  zwei Jahre hinter Europa. Aber sie sind stark am Aufholen, speziell auch durch den Inflation Reduction Act.

China ist natürlich der Volumen-Markt. China ist sicherlich der Vorreiter bei der Batteriezelle, und speziell im Automotive-Bereich geben die heute den Takt an. In China fokussieren wir uns sehr stark auf Komponenten. Wir haben zum Beispiel eine spezielle Kühltechnologie entwickelt, die ist weltweit einzigartig: den sogenannten FLEXcooler. Das ist ein flexibler Kühlkörper, der im Vergleich zu allen anderen Mitbewerbern am Markt 90 % CO2 einspart und auch in Bezug auf Gewicht 80 bis 90 % Gewichtsreduktion der Komponente bedeutet. Das sind Technologien, mit denen wir gerade sehr erfolgreich in China unterwegs sind.

Oft hat man das Gefühl, dass die USA und China an Europa vorbeiziehen, aber das ist offenbar gar nicht so. Was ist die Stärke Europas?

Europa hat sicherlich die Engineering-Stärke. Europa ist auch bei der Batterie hinsichtlich Technologie und Innovation nicht hinten. In der reinen Zellchemie hinken wir stark nach, hinter China. Aber wir haben in Europa einen starken Anlagenbau, wir haben alle Technologien verfügbar. Die Umsetzung ist ein anderes Thema.

Die USA zieht derzeit stark nach, weil es ja mit dem berühmten Inflation Reduction Act massive Subventionen für Batteriehersteller gibt. Ist das der große Vorteil gegenüber Europa?

Es ist klar zu sehen, dass sehr viele Investitionen in Europa überdacht werden und sehr stark in Richtung USA gehen. Es gibt in den USA gerade auch einen Push in Richtung Zellfertigung. Da wird schon sehr stark gefördert. Die USA belohnt Investitionen und denkt sehr wirtschaftlich, während wir in Europa oft eher über die Verbote unterwegs sind.

China ist sehr beeindruckend, was dort in Sachen E-Mobilität passiert. Wie groß ist der Vorsprung in China am Ende wirklich?

Die Stärke von China ist einfach die brutale Umsetzungsgeschwindigkeit. Sie haben eine enorme Geschwindigkeit, die Themen umzusetzen, und das bringt uns einfach hier in Europa, aber auch in den USA, unter Druck, weil es bei uns einfach langsamer geht. In China wird einfach gemacht, auch wenn die eine oder andere Technologie jetzt nicht weiter ist. China ist Vorreiter bei den Anmeldezahlen im Elektrofahrzeugbereich. Die machen es einfach.

Wie sehen Sie das Rennen in Sachen Akkutechnologie? Da gibt es ja etwa NMC-  oder LFP-Akkus. Auf welche Technologien setzen Sie?

Wir sind heute auf die Rundzelle fokussiert und verwenden dort unterschiedlichste Technologien und Zellchemien. Wir sind da sehr breit aufgestellt. Es ist wie beim Sport. Es gibt einen Sprint, es gibt einen Marathon und da sind unterschiedliche Zellchemien zu verwenden, je nachdem, in welcher Sportart man unterwegs ist.

Alle träumen von der Feststoffbatterie. Wann wird die kommen?

Die Solid State Battery wird kommen, aber sie wird auch noch etwas brauchen. Wir beobachten den Markt sehr genau und sind auch mit den Herstellern sehr intensiv im Austausch, um auch die neuesten Technologien, sobald sie verfügbar sind, einzusetzen, weil wir weiterhin Pionier sein wollen, vorne sein wollen, technologischen Vorsprung haben wollen. Das ist einfach die DNA von uns.

Bei Akkus geht es auch ganz stark um Rohstoffe. Da gibt es die erwähnten NMC-Batterien, LFP-Batterien, Natrium-Ionen-Akkus sind auch im Aufwind. Was ändert sich durch diese hinsichtlich der Rohstoffe?

Der Trend bei den Batteriezellentwicklungen geht klar in andere Rohstoffe und die Reduktion von seltenen Erden. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Trend und ein guter Trend, der einerseits die Kosten reduziert, aber auch noch einen Beitrag für eine saubere Umwelt leistet, damit es zu keinen Umweltverschmutzungen im Abbaubereich kommt. Deswegen werden weitere Technologien kommen, aber es wird am Schluss nicht nur die eine geben. Die Elektrifizierung der Welt ist nicht nur das Elektrofahrzeug. Es gibt so viele unterschiedliche Anwendungen, und jede Anwendung benötigt etwas anderes. Das eine darf mehr Gewicht haben, das andere weniger, das andere muss mehr Reichweite haben, das andere muss mehr Performance haben, und da haben alle Zellchemien ihre Berechtigung. Am Ende geht es aber sehr stark um die Kostenreduktion, und dass das Ganze sauber hergestellt wird.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Faktor bei der Batteriezelle der Zukunft. Gerade in der EU wird starker Fokus darauf gelegt. Sind aus Ihrer Sicht CO2-neutrale Akkus ein realistisches Ziel? Oder muss man am Ende zugeben: Bestimmte Rohstoffe, Herstellungsverfahren, Logistik und so weiter verursachen einfach CO2?

Mit etwas Optimismus gesprochen würde ich sagen: Ja. Warum ja? Ich glaube, wenn wir als Gesellschaft, so wie wir heute unterwegs sind, die Energiewende weiter vorantreiben, viel Strom aus Photovoltaik oder aus der Wasserkraft haben, dann hat das auch einen sehr positiven Einfluss auf die Herstellung der Batterie. Das bedeutet dort gleich einmal eine Riesenreduktion. Wir haben es etwa geschafft, eine wesentliche Komponente herzustellen, die in der Batterie verbaut wird, bei der der CO2-Footprint um 90 % reduziert wird. Diese Reduktion ist ein großer Sprung und zeigt, was möglich ist.

Österreich ist ein ganz wichtiger Standort für die Auto-Zuliefer-Industrie. Welche Effekte sehen Sie in Österreich durch diese Elektrifizierung?

Wir sehen einfach diesen starken, wirklich sehr, sehr starken Umbruch, der gerade stattfindet. Wir sehen ihn als Chance.,  Ich glaube, wir sollten da sehr positiv in die Richtung gehen. Es ist eine Riesenchance für uns, da wirklich einen wesentlichen Beitrag zu leisten in dieser neuen Technologie. Wir haben alle Kompetenzen in Österreich oder auch in Europa und die Transformation ist da. Ich glaube, das müssen wir einfach annehmen, mit allen Effekten und Nebenerscheinungen, und schauen, etwas zu bewegen, um eine saubere Zukunft zu haben.

Dieses Interview stammt aus unserem Magazin „Unter Strom 2023“ mit Schwerpunkt auf E-Mobilität. Das rund 70-seitige Magazin steht hier kostenlos zum Download parat.

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