Startup-Beauftragter der FFG: „Man sollte so früh wie möglich zu uns kommen“
Seit rund 15 Jahren ist er im österreichischen Ökosystem unterwegs, hat Jungunternehmen als Coach beraten, bei einem Fonds gearbeitet und sich auch selbst als Gründer versucht: Stefan Kreppel ist der Startup-Beauftragte der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und damit eine der wichtigsten Ansprechpersonen für Jungunternehmer, die nach einer Förderung suchen. Die FFG fördert heimische Startups pro Jahr mit rund 70 Millionen Euro.
Kreppel, bestens vernetzt, immer mit offenem-kritischen Blick auf neue Geschäftsmodelle und auf allen wichtigen Events anzutreffen, ist ein profunder Kenner der Startup-Szene. Mit Trending Topics hat er über die Förderlandschaft, die Gründe für das Scheitern von neuen Projekten und die größten Erfolge der FFG gesprochen.
In der Startup-Szene kennen dich viele. Für die, die dich nicht kennen: Was macht der Startup-Beauftragte der FFG?
Stefan Kreppel: Die FFG ist eine von mehreren Agenturen des Bundes. Aktuell gehören wir dem Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und dem Ministerium für Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) zu gleichen Teilen. Wir haben also die gleiche Eigentümerstruktur wie die aws. Wir beschäftigen uns mit der Unterstützung von Innovations- und Produktentwicklungen. Da unterstützen wir alle vom Kleinstunternehmen bis zum Großunternehmen mit einem jährlichen Budget zwischen 450 und 600 Millionen Euro, etwa 70 Millionen davon gehen an Startups. Damit hebeln wir im Startup-Bereich ein Kapital von 100 bis 120 Millionen Euro pro Jahr.
Und da sprechen wir natürlich auch ganz klar Startups an. Die sprechen aber eine andere Sprache und müssen anders abgeholt werden. Meine Aufgaben sind die Programmleitung der Förderprogramme für Startups. Da gibt es die klassische Startup-Förderung als auch andere Programme, die für Startups relevant sein können. Außerdem geht es darum, die FFG im Startup-Bereich nach außen hin zu repräsentieren.
Du bist schon lange in der Szene unterwegs. Wie hat sich der Boom oder der Hype rund um Startups aus deiner Sicht entwickelt?
Das Thema des Gründertums hat 2015, 2016, 2017 durch mediale Präsenz, mehr politische Aktivität in dem Bereich deutlich an Wertigkeit gewonnen. Der Boom hat aber auch dafür gesorgt, dass viele dazukommen, die das hip und nice finden, aber nicht ideale Gründer sind. Der Begriff wird heute auch breiter verwendet als ursprünglich, aber ich finde das nicht grundsätzlich schlecht. Denn so entstehen neue Keimzellen für neue Ideen. Wichtig ist es natürlich, diesen Schwung zu nutzen, um mehr Qualität und Struktur aufzuladen.
Der Begriff “Startup” wird medial sehr breit verwendet. Allerdings sind auch Förderungen an den Startup-Begriff geknüpft. Wie definiert die FFG ein Startup?
Das Unternehmen darf nicht älter als fünf Jahre sein, darf nicht mehr als 250 Mitarbeiter haben und darf bestimmte Umsatz- und Bilanzsummen von 50 bzw. 43 Millionen Euro nicht überschreiten. Wobei hier auch die Gersellschafterstruktur zu beachten ist. Außerdem muss der Geschäftszweig neu sein bzw. im Startup neu sein, weil sonst würden wir revolvierende Startups erzeugen. Dann könnte man alle fünf Jahre eine neue Firma gründen, das darf nicht sein. Spezifisch für die FFG-Förderung muss das Startup innovativ sein.
Wer entscheidet da eigentlich, was innovativ ist und was nicht? Ein Pauschalvorwurf gegen Förderstellen lautet, dass da Beamte entscheiden würden, was eine Innovation ist.
Wir sind alle keine Beamten, die FFG ist eine privatwirtschaftlich geführte GmbH, halt mit öffentlichen Eigentümern. Wir haben in keinster Weise einen Beamten-ähnlichen Status. Ganz im Gegenteil, wir haben einen Pool an Mitarbeitern aufgebaut, deren einzige tägliche Beschäftigung es ist, sich mit Innovationen aus Startups, mittleren und großen Unternehmen zu beschäftigen und zu bewerten. Wir haben echte Fachexperten bei uns sitzen, und bei neuen Mitarbeitern wird natürlich genau darauf geschaut, dass diese Praxiserfahrung und Know-how mitbringen.
Du begleitest viele Startups über lange Zeit. Was sind die Hauptgründe fürs Scheitern?
Sicherlich Management-Fehler. Oft werden Dinge über- oder unterschätzt, wird die Marktentwicklung falsch interpretiert oder wird am Markt vorbei entwickelt. Gerade bei Technologie-orientierten Startups wird oft zu spät der Weg zum Kunden oder zum potenziellen Partner gesucht. Dann passiert es, dass Produkte nicht das Marktbedürfnis treffen. Bei uns spielt auch das technologische Risiko mit. Wir gehen manchmal zu einen Zeitpunkt in ein Startup hinein, wo es nur eine Idee und eine Beschreibung des Weges zum Ziel gibt. Da kann es sein, dass eine Idee technologisch einfach nicht umsetzbar ist. Das größte Problem sind aber Management-Themen.
Die FFG hat Fördermittel von jährlich zwischen 450 und 600 Millionen Euro. Wird da nicht auch Steuergeld verbrannt, wenn geförderte Startups nicht funktionieren?
Wir haben bei der FFG Überlebensraten von 70 bis 75 Prozent. Natürlich wird nicht aus jedem Startup, das wir haben, eine ImagoTech oder eine Runtastic. Auch bei Venture Capitalists ist die Überlebensquote meist jenseits der 50 Prozent, nur tragen nur wenige sehr erfolgreiche Startups zum Geschäftsmodell solcher Fonds bei, nämlich dann, wenn sie einen Exit schaffen.
Was sind die großen Erfolge, bei denen die FFG unterstützt hat?
Wir waren bei Runtastic sehr früh dabei, bei ImageTech, bei Smartbow. Auch Marinomed oder TTTech haben wir am Anfang ihres Entwicklungsweges unterstützt.
Neben der FFG gibt es mit der aws eine zweite große öffentliche Agentur, die Startups fördert. Wie funktioniert die Abgrenzung zu dieser? Dürfen Startups von beiden Förderungen erhalten?
Ein großer Unterschied ist, dass die FFG eine projektorientierte Förderung macht und die aws eher unternehmensorientiert ist. Die FFG unterstützt im Forschungs- und Entwicklungsbereich von der Idee weg bis hin zum Markteintritt, und die aws ist als Förderbank des Bundes dann auch sehr stark bei Unternehmensaufbau- und wachstum oder Internationalisierung involviert.
Es gibt klarerweise eine gewisse Überschneidung im Startup-Bereich, die aber nicht problematisch ist, weil es eine klare Abstimmung gibt. Es gibt Startups, die sowohl von FFG als auch von aws unterstützt werden. Es ist kein Entweder oder, sondern ein Sowohl als auch. Man darf nicht eine Rechnung bei beiden einreichen, man muss klar abgrenzen, welche Themenbereiche bei der aws und welche bei der FFG gefördert werden.
Welche Förderprogramme sind 2018 für österreichische Startups interessant?
Wir können ein breites Spektrum, von IKT über Materialwissenschaften bis hin zu BioTech und Life Science unterstützen. Für erste Ideen gibt es sehr niederschwellig Innovations- und den Patent-Scheck, das ist laufend einreichbar. Dann gibt es die klassischen Startup-Förderungen, um die Entwicklung bis hin zur Serien- oder Marktreife zu unterstützen. Mit “Impact Innovation” gehen wir noch einen Schritt weiter machen wir das Spektrum weiter auf, weil es da problemorientierte und nicht produktorientierte Förderungen gibt. Im Frühjahr startet auch wieder AT:net, wo IKT-Themen bei der Expansion unterstützt werden können. Auch die Spinoff Fellowship, die Ende 2017 gestartet ist und universitäre Ausgründungen fördert, läuft weiter.
In welcher Phase sollten Startups zur FFG kommen?
Man sollte so früh wie möglich zu uns kommen. Sobald man eine Idee hat, ist es das Beste, einmal mit uns darüber zu sprechen. Es ist falsch, dass man einen Prototypen braucht, um zu uns zu kommen, was aber viele glauben.
Laut aws ist nicht sicher, ob zwei wichtige Punkte, nämlich Lohnnebenkostenförderung und Risikokapitalprämie, aus dem Startup-Paket der vorigen Regierung weiterlaufen. Ist die FFG auch von den Budget-Plänen der neuen Regierung betroffen?
Wir sind seit 1. Jänner bereits wieder vergabefähig und bereits mitten in den Vergaben.
Könnte es sein, dass die FFG neue Mittel für mehr Förderungen bekommt?
Das wäre jedenfalls wünschenswert und ein sehr wichtiges Signal für die österreichische Forschungs-Community, denn FFG-Förderungen wirken.