Kommentar

Corona-App: Da ist Österreich ein Mal schneller, und dann das…

Die Stopp-Corona-App des Roten Kreuzes. © Rotes Kreuz
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„Wenn die Welt untergeht, dann gehe ich nach Wien. Dort passiert alles 10/50/100 Jahre später.“ Dieser schöne Sager soll wahlweise aus dem Mund von Karl Kraus, Gustav Mahler oder auch Abraham Lincoln stammen und meistens verdeutlichen, dass Österreich nicht an vorderster Innovations-Front mitspielt.

Bis 2020. Denn mitten in der Krise, die alles so entschleunigt hat (mal abgesehen von rasant steigenden Arbeitslosenzahlen), ist Österreich im sportlichen Corona-Wettkampf der Nationen endlich mal schneller gewesen als die anderen. Während im Ausland noch groß diskutiert wurde, wie sinnvoll das nun genau sein soll, konnte man sich hierzulande bereits seit vielen vielen Wochen mit anderen Menschen dank Corona-App auf Distanz matchen.

Matchen mit Unbekannten

Die „Stopp Corona“-App, das Rückwärts-Tinder (Matchen, um später einsam zu sein), war so schnell da wie kaum eine andere in Europa. Deutschland etwa hat erst vergangene Woche seine eigene Corona-Warn-App in die App Stores gebracht, Monate nach Österreich. Weil Europa auch ein Europa der Inseln ist, können die verschiedenen Apps in den verschiedenen Ländern aber noch nicht miteinander – eine Direktive der Kommission wird das sicher langfristig lösen.

Gehen wir aber nun in den beliebten direkten Ländervergleich. Die Corona-Warn-App in Deutschland wurde mittlerweile mehr als 12 Millionen Mal geladen und ist damit theoretisch bei etwa etwa 15 Prozent der Bevölkerung angekommen. Die österreichische „Stopp Corona“-App hält bei etwa 630.000 Downloads – bei einer theoretischen Reichweite in der heimischen Bevölkerung von etwa 8 Prozent.

Moment mal – sind da die Deutschen in einer Woche bei fast der – relativ gesehen – doppelten Anzahl an Downloads gelandet als Österreich in drei Monaten? Was wurde beim nördlichen Nachbarn anders gemacht?

Die Reihenfolge macht den Unterschied

Die Reihenfolge ist der Unterschied. Auch in Deutschland gab es natürlich eine intensive Debatte über Datenschutz, Funktionen und Freiwilligkeit vs. Verpflichtung. Nur wurde diese Debatte mit all ihren Hochs und Tiefs geführt, BEVOR die App fertig gestellt wurde. In Österreich wurde die Diskussion über die App geführt, NACHDEM sie veröffentlicht wurde. Datenschützer checkten den Code im Nachhinein, Sobotka löste die unsägliche Diskussion über die Verpflichtung zur Corona-App im Nachhinein aus, die Macher reagierten auf technische Entwicklungen (v.a. Apple-Google) im Nachhinein.

Im Nachhinein weiß man alles besser. Doch die Corona-App in Österreich, die erst seit ein paar Wochen (seit den Lockerungen nach dem Lockdown) so wirklich nützlich geworden ist, war einfach zu früh am Markt. Die lang gezogene Debatte um Datenschutz und Freiwilligkeit und die vielen Nachbesserungen haben die Lust vieler Menschen auf die Nutzung der App über die Monate verdorben.

Und so kommt es, dass viele Menschen in Österreich seit Wochen mit aktiviertem automatischen Handshake durch die „neue Normalität“ laufen und keinen einzigen Eintrag im Kontakt-Tagebuch haben. First Mover mögen in vielen anderen Bereichen einen Vorteil haben – die Corona-App hätte eine gewisse Entschleunigung vertragen.

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