Storytelling: 7 Trends, an denen man in der Kommunikation 2020 nicht vorbei kommt
In den letzten Jahren hat sich Storytelling unglaublich verändert. Und dafür gab es zwei große Einflussfaktoren: Zum einen hat Netflix unglaubliche Maßstäbe für eine neue Art des Storytellings gesetzt und dazu geführt, dass wir ähnliche smarte Stories auch von Brands erwarten. Zum anderen hat die Zeit, in der jeder von eine Personal Brand hat, Storytelling von Grund auf verändert.
Hier sind die 7 Storytelling-Trends, die 2020 wichtig werden.
1. Brands müssen Kunden helfen, ihre eigene Story besser zu erzählen
Wir leben in einer Zeit der Personal Brands. Jeder, der auf Social Media aktiv ist, hat eine Personal Brand, auch wenn man diese nicht bewusst inszeniert. Jeder, der auf Instagram, Twitter oder Facebook aktiv ist, erzählt seine Geschichte und steht für bestimmte Werte.
Das bedeutet ein Umdenken auch für Brands. Lange haben Brands gefragt: „Wer sind wir? Wofür wollen wir stehen? Welche Geschichte erzählen wir?“ Das ist auch 2020 noch wichtig, aber es kommt etwas dazu, nämlich die Frage: “Wie können wir unseren Kunden helfen, ihre eigene Story besser zu erzählen?”
2020 geht es darum, Kunden zu helfen, ihre eigene Geschichte besser zu erzählen.
Seth Godin hat gesagt, dass Brands Geschichten erzählen, die Kunden sich selbst erzählen, aber 2020 reicht das nicht mehr. Wir haben alle unsere persönlichen Stories und wollen nicht länger nur eine Brand-Story wiederholen, sondern dieser unseren eigenen Spin geben. Dann sind wir auch bereit, eine Brand-Story zu leben!
Eine Brand, die das bereits umsetzt ist das Fitness-Label Outdoor Voices (OV). Im Gegensatz zu NIKE, die sehr viel mit berühmten Sportlern kooperieren, setzt Outdoor Voices auf “Community-Stories”. Unter dem Hashtag #doingthings, der inzwischen mehr als 168.000 Einträge hat, erzählen Kunden ihre Stories und Erlebnisse mit der OV Brand. Diese veranstaltet u. a. Events, über die Kunden dann nachher auf Instagram ihre eigenen Stories posten. Und es so schaffen, ihre eigene Story besser zu erzählen.
2. “Du sollst nicht langweilen!”
Hellmuth Karasek hat es schon gesagt und 2020 gilt sein Motto, wie noch nie zuvor: “Du sollst nicht langweilen!” Wir leben in der Attention-Economy, in der wir unser Handy – nach einer Studie von dscout – 2617 mal am Tag berühren. Das bedeutet Aufmerksamkeit ist zu einer Währung geworden.
Was bedeutet das für Storytelling?
Stories müssen 2020 anders, originell, neu, und emotional sein, um überhaupt noch unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen und aus dem Grundrauschen, das uns umgibt, irgendwie an die Oberfläche zu dringen. Wenn einem eine Story bekannt vorkommt, dann ist es Zeit sie zu ändern! Und das geht auf vielfältige Weise: über Charaktere, die überraschend sind, Dialoge, die Klischees und Phrasen umdrehen, Kombinationen, die man noch nicht kennt.
3. Menschen statt Helden
Netflix hat es vorgemacht und hat in Serien wie “Orange is the new Black” die klassische Heldenresie durch Charakter-Porträts ersetzt. Uns interessiert 2020 nicht mehr nur die Frage: „Worum geht es?“, sondern vielmehr auch die Frage: „Warum handelt ein Charakter so? Was ist die Motivation?“
Netflix hat gezeigt: Nicht jeder muss ein Held sein und das ist völlig okay. Denn unsere Welt ist voller Komplexität und wir sind bereit diese zu akzeptieren. Ohne ständiges Held-sein-müssen.
Brands haben nachgezogen und erzählen inzwischen auch Geschichten, in denen sie selbst nicht mehr unbedingt als Helden inszeniert sind, sondern die einen eher realistischeren Zugang zu unserer Welt und unseren Herausforderungen haben.
Ein Beispiel dafür ist die neue Kampagne von Burger King. Während Fast Food-Restaurants sich lange Zeit als den Ort gefeiert haben, wo man mit all seinen Freunden seinen Geburtstag feiert und die time-of-one’s-life hat, gibt es jetzt zum Sparmenü ein bisschen mehr Realness dazu.
Die amerikanische Burger King Kampagne #feelyourway ersetzt die Heldenreise durch Realness und gewinnt dadurch auf ganzer Linie:
https://www.youtube.com/watch?v=PjxRUEA0Tdo
4. Die Zeit der Klischees ist vorbei
2020 ist die Zeit der Klischees und Stereotypen eindeutig vorbei. Aber nicht nur vorbei, sondern es ist auch die Zeit, in der schlechte oder klischee-besetzte Stories richtig Geld kosten werden. Dies hat bereits jetzt die Luxus-Bike-Brand Peleton erfahren. Nach dem Launch der neuesten, klischeebesetzen Kampagne des Luxus-Bikes Peloton, verlor das Unternehmen in seiner Bewertung fast eine Milliarde Dollar an einem einzigen Tag!
Was zeigt das? Die Zeit der Klischees ist eindeutig vorbei. Wir wollen keine klischeehaften Stories zu Body Image, Geschlechterrollen oder im allgemeinen Stereotypen mehr sehen, sondern stattdessen Stories, die die Diversität unserer Gesellschaft widerspiegeln. Das ist eine Mission, der sich auch die Brand Netflix in seiner neuesten Kampagne „Let’s Make Room“ verschrieben hat.
2020 wird das Jahr, in dem Räume geöffnet werden für Menschen und Stories, die bisher noch nicht so sichtbar waren und bislang noch nicht so im Rampenlicht standen. Aber 2020 ist die Zeit für diese Stories!
https://www.youtube.com/watch?v=Hx7Nbm_px1c
5. Das „Laute-Bar-Prinzip“
Stories müssen 2020 so beschaffen sein, dass man sie weitererzählen kann. Und am besten so, dass man sie auch dann versteht, wenn man sich nicht nur in einem Konferenzraum unterhält, sondern an einer lauten Bar. Das bedeutet, sie müssen leicht verständlich sein, aber auch so interessant, dass man sie auch in seiner Freizeit erzählen will.
Twitters neue Kampagne ist zum Beispiel eine Story, die dem „Laute-Bar-Prinzip“ standhält. Was Twitter gemacht hat? Twitter hat Tweets ausgedruckt, in denen User erzählen, was Twitter für sie bedeutet. Und damit für Gesprächsstoff gesorgt. Weit über das Meeting-Raum-Chatter hinaus!
6. Story of Now
Mehr als je zuvor, muss eine Story 2020 jetzt relevant sein. Es geht darum zu fragen: Warum ist das jetzt wichtig? Welche Relevanz hat das, für die Zeit in der wir leben?
Die Story of Now ist der dritte Teil des sogenannten “Public Narrativ-Frameworks” von Obama Berater Marshall Ganz. Jede Rede von Obama schlug den Bogen von seiner eigenen Story, zu einer universellen Story bis hin zu der zeitlichen Verankerung dieser Story, einer Story of Now.
2020 ist die Herausforderung für Brands, ihre Stories in einem zeitlichen Kontext zu verankern. Egal um welche Story es geht, die Zeit ist immer ein weiterer Charakter in unserer Story.
7. Micro-Stories
Wir leben in der Zeit der Micro-everythings: Überall ist die Rede von Micro-Habits, Micro-Steps und wenn ich in einem Hipster-Lokal meinen Salat bestelle, dann bekomme ich nur schwer noch einen grown-up Spinat, sondern häufig nur noch „micro greens“.
Aber was sind Micro-Stories? Micro-Stories sind Geschichten in einer absoluten Kurzform. Jeder Instagram-Post oder jedes TikTok-Video ist im Prinzip eine Micro-Story. Und diese Micro-Stories werden auch für Brands immer wichtiger.
Aber Micro-Stories, sind eigentlich nichts Neues. Schon Hemingway hat es geschafft, eine Story in 6 Wörtern zu erzählen:
„For Sale: Baby shoes, never worn.“
Robert Seethaler schafft es sogar noch kürzer! Er erzählt in seinem neuesten Roman, Das Feld, eine Story in nur einem einzigen Wort.
In seinem Buch geht es um das Porträt einer Stadt, aus der Sicht ihrer verstorbenen Bewohner und eine dieser Stories geht so:
“Idioten”.
Das ist die ganze Story! 🙂
Micro Stories gibt es in der New York Times in einer Serie, die sich Tiny Little Love Stories nennt, Liebesgeschichten in weniger als 100 Wörtern. Aber auch für Brands werden – abgesehen von User-generierten Micro-Stories, diese immer wichtiger. Ein sehr zeitgemäßes Beispiel kommt von Back Market, einem Marketplace für refurbished iPhones. In zwei verschiedenen Bildern wird eine Micro-Story erzählt: die Story einer Generation, die lieber in Experiences investiert anstatt in materielle Dinge (aber trotzdem auf das neueste iPhone nicht verzichten will!)
Long story short.
Storytelling ist konstanten Veränderungen unterworfen. Wie Stories erzählt werden, verändert sich, aber was gleich geblieben ist, ist, dass wir diese brauchen. Für unsere Brand, unser Unternehmen, Kunden, Partner, Mitarbeiter und auch uns selbst. Ich freue mich auf spannende Stories im Jahr 2020!
Rebecca Vogels ist Gründerin der Story-Agentur All of the Above, Keynote Speaker, Forbes-Kolumnistin und ausgezeichnet als Top 50 Most Powerful Women in Tech vom California Diversity Council. Ihr #thisismystory-Workshop, ein Empowerment-Workshop für das Finden und Erzählen der eigenen Story, findet am 28.03. und 09.05. in Wien statt.