Straßen als Solarkraftwerk: „Die Energiewende erfordert Mut“
Das deutsche Startup Solmove will Straßen mit Photovoltaik aufrüsten und sieht darin ein großes Potenzial für die Energiewende. Die Idee stellt die Technik aber vor große Herausforderungen, wie ein gescheitertes Projekt in Frankreich zeigt. Unternehmer Donald Müller-Judex will sich ihnen stellen, auch, wenn er dafür einen langen Atem braucht: Die Energiewende erfordert Mut“, sagt er im Gespräch mit Tech & Nature.
2016 errichtete das französische Bauunternehmen Colas gemeinsam mit dem Institut ational de l’énergie solaire nahe der normannischen Gemeinde Tourouvre-au-Perche den „Wattway“, einen Straßenabschnitt von rund einem Kilometer, der auf 2.800 Quadratmetern mit Solarpaneelen ausgestattet wurde. Damit hätte zumindest die Straßenbeleuchtung der Gemeinde betrieben werden sollen. Ging sich aber nicht aus und drei Jahre später war die Straße wieder normal betoniert. Das Problem: Es gelang nicht ausreichend Sonne auf die Paneele, die ständig mit Blättern oder eben durch Autos verdeckt waren.
Die Lösung für das LKW-Problem
„Verschmutzung und Belastung sind tatsächlich die größten Herausforderungen“, bestätigt Müller-Judex. Dass das Projekt in Frankreich gescheitert ist, sieht er aber nicht als Problem: „Das war der erste Versuch auf einer befahrenen Fläche. Mit guten und schlechten Ergebnissen“ und das sei eben wichtig, um „Kinderkrankheiten“ einer neuen Technologie zu identifizieren und sich diesen zu stellen. Die Technologie seines Unternehmens Solmove kommt bisher ebenfalls nur in Pilotprojekten zum Einsatz. Etwa auf einem Parkplatz in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zwischen den Städten Gelsenkirchen und Herten.
Das Problem der Belastung, also etwa durch schwere LKW, hat Müller-Judex gelöst. Er will nicht zu viel verraten, weil er Nachahmer fürchtet. Das Prinzip sei aber von der Natur abgeschaut und setze darauf, dass flexible Oberflächen mehr aushalten, als starre. „Wenn man so will, handelt es sich eher um einen Solarteppich“, erklärt der Unternehmer.
Straßen sind leichter auszubauen als Dächer
Warum überhaupt die ganze Mühe? Auf Straßen sei der Ausbau von Photovoltaik skalierbarer als auf Dächern, ist er überzeugt. „Straßen können über große Flächen hinweg sehr einfach ausgebaut werden, während man bei Dächer immer relativ kleine Flächen individuell planen und umsetzen muss“. Im Auge hat er dabei nicht Autobahnen oder Bundesstraßen, sondern kleine Straßen und Gassen im Ortsbereich. „Kleine Straßen sind weniger befahren und es gibt zwar LKW, aber die Frequenz ist viel niedriger“. Wirklich wissen, ob Solarstraßen dieser Belastung standhalten können, tut allerdings noch niemand. Die Lebensdauer der Paneele liegt bei etwa 25 Jahren und so lange waren sie auf Straßen noch nie im Einsatz. Müller-Judex will es herausfinden: „Ich glaube, das ist machbar“.
Solarstraßen sind teuer, bringen aber auch Geld
Noch sind die Lösungen von Solmove „Leuchtturmprojekte“, also handgemacht, individuell und teuer. „Noch sind die Kosten sehr hoch, weil wir keine Serienproduktion haben“, sagt Müller-Judex. In Zukunft will er die Kosten so weit senken, dass die Errichtung einer Solarstraße ungefähr zehnmal so teuer ist, wie die Renovierung einer herkömmlichen Straße.
„Die Solarstraße wird dann zwar teurer sein, aber auch Geld verdienen“. Damit meint er nicht nur die Energieproduktion für Straßenbeleuchtung oder etwa für E-Autos. Solmove will eine „Smart Solar Street“ anbieten, die zum Beispiel einen automatischen Winterdienst umfasst Die Paneele können einen Schulweg zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch von Schnee befreien und abtauen. Ebenfalls „smart“ wäre eine automatisch gesteuerte Beleuchtung.
Kleinere Städte oder Flughäfen
Potenzial dafür sieht der Unternehmer vor allem in mittleren und kleineren Städten. „Wir haben für eine mittelgroße Stadt in Deutschland ermittelt, dass sich etwa 25 Prozent der Straßen für einen wirtschaftlichen Betrieb eignen“. Auch auf gewerblichen Flächen sieht er eine Chance – etwa auf Flughäfen, wo es viele betonierte Flächen gebe, die sehr wenig befahren sind. Derzeit versucht das Startup, über Crowdinvesting weiteres Geld für die Entwicklung einzusammeln und der erste Unterstützer sei ein Bürgermeister gewesen, verrät Müller-Judex.