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Spitzenwerte werden heute zur Falle für dynamische Strompreise – oder zur Chance

© Federico Beccari auf Unsplash
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„Morgen zwischen 18:00 und 22:00 besser nicht zu viel Strom verbrauchen. Wir haben Spitzenwerte von 55 Cent/kWh an der Börse.“ So oder ähnlich lesen sich die Warnungen von Strompreis-Expert:innen, die aktuell auf Social Media zu lesen sind. Denn heute, dem 3. September 2024, sollen die Preise für all jene, die variable Stromtarife haben, zu bestimmten Stunden des Tages, ordentlich nach oben ausschlagen. Mit 555 Euro pro MWh für Strom werden die Strompreise am Abend des Dienstags beim Fünfachen dessen liegen, was sie sonst üblicherweise kosten.

Betroffen sind all jene Haushalte oder Unternehmen, die einen variablen bzw. dynamischen Stromtarif haben, der sich tageweise ändert. Solche Stromtarife haben sich im Zuge der Energiewende am Markt breit gemacht und versprechen Kund:innen eigentlich, von niedrigen Strompreisen, die vor allem im Sommer aus hoher Einspeisung von Solarenergie resultieren, zu profitieren. Dynamische Stromtarife richten sich, wenn sie stündlich berechnet werden, nach den Strombörsenpreisen.

Maßgeblich in Europa ist da die EPEX, also die European Power Exchange (Europäische Strombörse, kurz EPEX SPOT SE). Diese zeigt, dass die Strompreise am 3. September ab 18 Uhr massiv in die Höhe klettern, und zwar um auf bis das Fünffache der Preise untertags auf mehr als 500 Euro pro Megawattstunde (MWh). Auch bei der Austrian Power Grid (APG) sieht man, dass am 3. September in den Abendstunden der Preis für an Börsen gehandelten Stroms um das Vier- bis Fünffache zunimmt:

 

 

Aufpassen bei dynamischen Stromtarifen

Dass man bereits am Tag vorher weiß, wie die Preise an den Strombörsen sein werden, liegt am so genannten Day-Ahead-Preis.  Bei den Day-Ahead-Preisen verpflichten sich Stromhändler einen Tag vor dem Betriebstag dazu, Strom im Großhandel zu einem bestimmten zu kaufen oder zu verkaufen. Anders als etwa bei Aktien an den Börsen oder an Krypto-Exchanges weiß man also den Preis für Strom schon einen Tag im Voraus. Da Strom nur schwer und teuer in großen Mengen gespeichert werden kann, sollte die Produktion stets der Nachfrage entsprechen. Um dies sicherzustellen, handeln Marktteilnehmer einen Tag im Voraus, wie viel Strom benötigt wird und zu welchem Preis. Dieser Voraus-Handel hilft, Preisschwankungen und Engpässe zu vermeiden, wodurch der Strommarkt stabil bleiben soll.

Trotzdem verhindert das nicht Preisspitzen wie am Abend des 3. September. „Morgen Abend alle unnötigen Verbraucher abschalten, wenn Sie einen variablen Stromtarif haben“, warnt etwa auch der österreichische Gründer Benjamin Mörzinger vom Energy-Startup nista. „Die Zeiten von durchgehend hohen Energiepreisen aus 2022 haben wir noch alle im Kopf, jedoch gelangen diesen schon wieder etwas in Vergessenheit. Die Preise sind zwar noch immer weit über Vorkrisenniveau, aber weit weg von den Extremen der letzten Jahre. Doch an manchen Tagen wie dem 03. September klettern die Preise am Abend wieder auf  555 Euro pro MWh.“ Sprich: Wer am Abend mit einem dynamischen Stromtarif Waschmaschine, Geschirrspüler, TV oder Ladestation fürs E-Auto aufdreht, der bezahlt plötzlich das Fünffache.

Dynamische oder variable Stromtarife sind durch die Energiewende, wo immer mehr grüner Strom sehr lokal produziert wird (v.a. Photovoltaik, aber auch Windkraft oder kleine Wasserkraftwerke), populärer geworden. Sie versprechen, dass man den eigenen Verbrauch im Haushalt oder im Gewerbe in die grünen und günstigen Stunden verlagern kann – also dann, wenn die Sonne scheint und der Wind ordentlich weht. Für die Preise am 3. September aber kommt eine giftige Mischung zusammen.

„Heiß, windstill, trocken – eine ungute Mischung“

„Die Preisspitze ist kein isoliert österreichisches Phänomen, sondern auch in Ungarn, Deutschland, Polen usw. zu beobachten. In Ungarn kostet die Stunde um 19:00 fast doppelt so viel wie in Österreich: 999 EUR/MWh. Es ist heiß, windstill, trocken (wenig Wasserkraft, schwierige Kühlung) – eine ungute Mischung bei fehlender Flexibilität“, so etwa Christoph Dolna-Gruber von der Österreichischen Energieagentur.

Wer als einen dynamischen Stromtarif hat, der stündlich auf die Preise an den Strombörsen reagiert, sollte am Abend im Blick haben, was er an Energie verbraucht, um keine böse Überraschung bei der nächsten Rechnung zu bekommen. Umgekehrt gedacht sind die Stromspitzen aber auch ein spannender Zeitpunkt für alle, die selbst Strom erzeugen (PV-Anlage am Dach) und diesen via flexiblem Einspeisetarif einspeisen können – sie bekommen am Dienstag Abend besonders gute Preise an den Börsen.

Generell werden dynamische Stromtarife derzeit eher nicht für die breite Masse vermarktet. Das Wiener Startup aWATTar, das mittlerweile zum deutschen EnergyTech Tado (smarte Thermostate) gehört. bietet etwa einen dynamischen Stromtarif an, der eine stündliche Preisanpassung auf Basis der Preise an der EPEX Spot vornimmt. Voraussetzung ist ein fernauslesbarer Smart Meter oder Lastprofilzähler. In Aussicht gestellt wird, dass man durch die Schwankungen einen Durchschnittspreis pro Monat, der bis zu 50% günstiger ist als der Basispreis des monatlichen Tarifs, beziehen kann. „Je mehr Sonnen- und Windenergie im Netz, desto günstiger ist der Börsenpreis und damit letztlich auch Ihr Strompreis“, heißt es seitens des Unternehmens.

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