Studie: 178.000 Todesfälle vermeidbar durch geringere Grenzwerte bei Luftschadstoffen
In Europa stellt die Luftverschmutzung ein großes Problem für die Gesundheit der Menschen dar. Viele vorzeitige Todesfälle und Krankheiten sind auf sie zurückzuführen. Damit stellt unsaubere Luft laut der Europäischen Umweltagentur (EEA) das größte Gesundheitsrisiko auf dem Kontinent dar. Zu ihren Folgen gehören etwa Herzerkrankungen und Schlaganfälle, aber auch Lungenerkrankungen und Lungenkrebs.
Laut der neuen Analyse „Health impacts of air pollution in Europe“, die am Montag von der EEA veröffentlicht wurde, starben allein im Jahr 2019 knapp 307.000 Menschen in der EU vorzeitig an den Folgen der Feinstaubbelastung. Mehr als die Hälfte davon, knapp 178.000 Todesfälle, hätten vermieden werden können, wenn die EU ihre Richtwerte für Luftqualität an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anpassen würde.
EU-Richtwerte deutlich unter Empfehlungen der WHO
Die Analyse der EEA enthält aktualisierte Schätzungen darüber, wie sich drei wichtige Schadstoffe – Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon – im Jahr 2019 auf die Gesundheit der Europäer:innen auswirken. Das Briefing bewertet auch den potenziellen Nutzen einer Verbesserung der Luftqualität in Richtung neuer, von der WHO empfohlener Richtwerte. Erst im September hatte die WHO ihre empfohlenen Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft deutlich nachgeschärft, wir berichteten. Die Belastung mit Stickstoffdioxid, das vor allem aus Diesel-Autos kommt, soll demnach zehn Mikrogramm pro Kubikmeter betragen. Die EU erlaubt momentan 40. Bei Feinstaub mit Partikelgröße 2,5 Mikrometer liegen die EU-Richtwerte bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt nur noch fünf Mikrogramm.
Was die Organisation für gesundheitlich vertretbar hält, liegt damit deutlich unter den Richtwerten, die derzeit in der EU gelten. Die Autor:innen der EEA argumentieren daher, dass die Angleichung der EU-Luftqualitätsnormen an die Empfehlungen der WHO ein wichtiger Schritt hin zu sauberer Luft in Europa und zur Vermeidung der knapp 180.000 Todesfälle ist. Die EU-Vorschriften enger an die Richtwerte der WHO anzugleichen, soll auf dem „EU-Forum für saubere Luft“ diskutiert werden, das am 18. und 19. November 2021 stattfindet. Dort diskutieren Entscheidungsträger:innen, Interessenvertreter:innen und Expert:innen über die Entwicklung und Umsetzung wirksamer europäischer, nationaler und lokaler Maßnahmen zur Luftreinhaltung.
Höhere Luftverschmutzung könnte für mehr Coronavirus-Opfer sorgen
Luftqualität in Europa insgesamt verbessert
Insgesamt war die Luftqualität in Europa im Jahr 2019 besser als noch ein Jahr zuvor. Das hatte auch weniger negative Gesundheitsfolgen. Der Rückgang, so die EEA, komme von den Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen und der allgemeinen Verbesserung der Luftqualität, etwa durch Investitionen in saubere Heizungen. Langfristig hat sich die EU im Rahmen des Green Deals zum Ziel gesetzt, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle aufgrund von Feinstaubbelastung bis 2030 um mehr als 55 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Laut der EEA-Analyse ist die Zahl solcher Todesfälle zwischen 2005 und 2019 bereits um etwa ein Drittel zurückgegangen. Dennoch bleibt die Zahl der Todesfälle hoch, wie die Analyse gezeigt hat.