Studie: CO2-Fußabdruck von Plastikproduktion höher als angenommen
Laut dem Naturschutzbund Deutschland werden fast 400 Millionen Tonnen Plastik jedes Jahr produziert. Dies hat zur Folge, dass ein Großteil dieses Plastiks früher oder später als Müll in unserer Natur und in unseren Meeren landet. Dadurch gehen die Kunststoffe für ein mögliches Recyceln verloren. Dieser Teufelskreislauf scheint allgemein bekannt. Die Klimafolgen und die sozioökonomischen Schäden durch die Herstellung und Verbrennung allerdings weniger.
Daher hat sich dem nun eine aktuelle Forschungsgruppe angenommen. Wie hoch die Folgen der Produktion und Entsorgung tatsächlich sind, hat eine Schweizer Arbeitsgruppe aus Umwelt- und sozialwissenschaftlichen Forschenden der Eidgenössischen Hochschule ETH in Zürich nun berechnet.
Verdopplung der Treibhausgasemissionen von Plastik seit 1995
Für ihre in Nature Sustainability veröffentlichte Studie ermittelte das Team die Treibhausgasemissionen, die über den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen hinweg entstehen – von der Extraktion fossiler Ressourcen über die Verarbeitung zu Produktklassen und deren Nutzung bis hin zum Lebensende, einschließlich Recycling, Verbrennung und Deponien. Dazu nutzten sie eine multiregionale Input-Output-Analyse, mit der sich globale Wertschöpfungsketten von Produktion zu Verbrauch über Sektoren, Länder oder Regionen hinweg präzise abbilden lassen.
Mit dieser fanden sie heraus, dass der globale Kohlenstoff-Fußabdruck im Jahr 2015 zwei Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e) erreichte. Das entspricht 4,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen, womit sich die durch Kunststoff produzierten Emissionen seit 1995 verdoppelt haben. Im selben Zeitraum ist der globale Gesundheitsfußabdruck von Kunststoffen durch Feinstaubbelastung um 70 Prozent gestiegen, was im Jahr 2015 rund 2,2 Millionen verlorene gesunde Lebensjahre (DALY) verursachte, so die Forschenden in ihrer Analyse.
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Produktion hat größten CO2-Anteil
Überraschend war dabei, dass nicht wie angenommen die Verbrennung von Plastik für den Hauptanteil des Kohlenstoff-Fußabdrucks von Kunststoffen verantwortlich ist. Die eigentliche Hauptverantwortung hat die Produktionsphase von Plastik, die ca. 96 Prozent des Fußabdrucks ausmacht.
“Selbst in einem Worst-Case-Szenario, in dem alle Kunststoffe verbrannt würden, verursacht deren Produktion den Löwenanteil der gesamten Treibhausgas- und Feinstaubemissionen”, so Livia Cabernard, Doktorandin am Institute of Science, Technology and Policy (ISTP) der ETH Zürich.
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Treibhausgasemissionen stark von Kohle abhängig
Als Hauptursache für diese wachsende Treibhausgasbilanz von Kunststoffen sieht das Forschungsteam die boomende Plastikproduktion in bisher großteils kohlebasierten Schwellenländern wie beispielsweise China, Indien, Indonesien und Südafrika, da reiche Staaten zunehmend ihre Plastikproduktion in diese aussourcen.
Dort komme die Energie und Prozesswärme zur Produktion von Plastik jedoch noch primär aus der Verbrennung von Kohle. Auch deshalb vervierfachten sich die kohlebasierten Emissionen in der Plastikproduktion seit 1995 weltweit, sodass sie nun fast die Hälfte des globalen CO2-Fußabdrucks von Kunststoffen verursachen, so die Forschenden.
Bisher gab es es laut der ETH nur eine Publikation, die den globalen CO2-Fußabdruck der Kunstoffproduktion untersuchte. „Diese hatte die Treibhausgasemissionen jedoch unterschätzt, weil die zunehmende Abhängigkeit von Kohle aufgrund der Auslagerung von Produktionsprozessen in kohlebasierte Länder nicht berücksichtigt werden konnte“, erklärt Cabernard.