Studie über Versicherungs-Startups: „Angriffslust vieler InsurTechs weicht Kooperationswillen“
Lieber mit der Old Economy zusammenarbeiten als sie zu disrupten: Zu diesem Schluss kommt der Strategieberater Oliver Wyman über den Status Quo der globalen InsurTech-Startups-Szene. Gemeinsam mit policendirekt.de, einem Online-Marktplatz für Lebensversicherungen, wurden eigenen Angaben nach rund 1.000 Jungfirmen, die im Versicherungsbereich tätig sind, analysiert. „Auf einige InsurTechs kommen schwierige Zeiten zu“, so Dietmar Kottmann, Insurance-Partner bei Oliver Wyman.
Schuld sei mangelndes Branchenwissen sowohl auf Seiten der Start-ups als auch ihrer Investoren. Die Idee, einfach Nachfrageströme unterbrechen und umleiten zu wollen, würde meist ins Leere laufen. Da Konsumenten kaum aktiv nach Versicherungen suchen, wären Ansätze, die ein latentes Bedürfnis an die Oberfläche holen können, aussichtsreicher.
Für die Analyse wurden rund 1.000 Startups aus den Regionen Amerika, EMEA und APAC in 19 Geschäftsmodelle klassifiziert. „Wir beobachten, dass die Angriffslust vieler InsurTechs einem Kooperationswillen mit dem Establishment weicht“, sagt Nikolai Dördrechter, Geschäftsführer von Policen Direkt und Co-Autor der Studie. Zusammenarbeiten statt Angreifen lautet oft die Devise. In Europa seien Marktplatz-Modelle beliebt (in Deutschland etwa ist Check 24 der Platzhirsch), doch den Studienautoren zufolge sei ein Schwenk der Strategien zu bemerken. Anstatt selbst Versicherungen zu verkaufen, würde digitale Lösungen, die andere Unternehmen in dem Bereich bei Vertrieb unterstützen („Digital Sales Enabling“), die Schadensabwickung erleichtern („Claims Management“) oder versicherungstechnische Kernprozesse optimieren („Underwriting“), immer gefragter.
Schwieriger Markt
Dass der digitale Versicherungsmarkt nicht einfach ist, zeigte zuletzt das Beispiel durchblicker.at in Österreich. Das Vergleichsportal für Versicherungen wurde vom Fachverband der Versicherungsmakler wegen angeblich „irreführender Dienstleistungen“ verklagt (Trending Topics berichtete) – hier prallen die Ansätze der New und Old Economy vor Gericht aufeinander. Weitere Probleme, die den Studienmachern InsurTechs das Leben schwer machen können: Investoren könnten nach ersten Ausfällen zurückhaltender werden, vor allem wenn es darum geht, zweistellige Millionenbeträge in teureren Finanzierungsrunden zu stellen; Gründer könnten sich leicht in lokalen Regulierungen verzetteln, bevor der Sprung ins Ausland gelingt; und die internationale Konkurrenz schläft nicht.
Von Shanghai aus etwa hat der auf günstige Polizzen spezialisierte Online-Versicherer Zhong An bereits eigenen Angaben zufolge 450 Millionen Kunden gewonnen. Zhong an ist derzeit dabei, vor dem geplanten Börsengang bis zu 1,4 Milliarden Euro bei Investoren einzusammeln, um die Zeit zu überbrücken, bis die Behörden grünes Licht für den IPO geben. Zu den bisherigen Geldgebern zählen Alibaba und Tencent („WeChat“), also zwei der drei großen chinesischen Internetfirmen. Sollte Zhong An den Sprung nach Europa und die USA machen, wird es für lokale InsurTechs schwerer.