Studie: Verringerung der Armut bedeutet keine signifikante Steigerung der CO2-Emissionen
Die Superreichen treiben mit ihrem Lebensstil die Klimakrise maßgeblich voran. Zu diesem Ergebnis kam Oxfam bereits in einer Untersuchung von 2020. In dieser wurde analysiert, welche Einkommensschichten in den Jahren zwischen 1990 und 2015 die größte Verantwortung für den Anstieg der klimaschädlichen Emissionen trugen. Dabei kam die Hilfsorganisation zu dem Ergebnis, dass die reichsten zehn Prozent der Menschheit, für über die Hälfte (52 Prozent) der CO2-Emissionen zwischen 1990 und 2015 verantwortlich waren.
Die Superreichen, also das eine reichste Prozent der Menschen, machten alleine 15 Prozent aus. Damit verursachen sie, laut einer weiteren Studie von Oxfam, pro Kopf 30 mal mehr CO2 als sie dürften, um das Pariser Klimaziel noch zu erreichen. Das Ziel des Pariser Abkommen ist es, die globale Erderwärmung auf bestenfalls 1,5 Grad Celsius, aber auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten einzuschränken. Die Zahlen des reicheren Teil der Menschheit bedeuten jedoch wiederum: 90 Prozent der Menschen sind zusammen für 48 Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich.
Die ärmere Hälfte der Menschheit verursacht laut Oxfam hingegen nur sieben Prozent der globalen Emissionen – die Hälfte von dem, was das reichste ein Prozent verursacht.
Armut und Klimakrise bekämpfen geht zusammen
Bei solchen Ausgangslagen, steht die Befürchtung im Raum, dass ein Angleichen der sozialen Standards bei dem ärmeren Teil der Bevölkerung, auch zu einem Anstieg der Emissionen führen würde. Das muss aber nicht sein. Im vergangenen Dezember bestätigten das auch zwei Studien des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC, wir berichteten. Dennoch stehen immer wieder gegenteilige Vermutungen im Raum. Eine Sorge: Wenn sich ärmere Menschen zukünftig auch mehr Konsum leisten können, steigt der damit verbundenen CO2-Fußabdruck gewaltig.
Das widerlegt nun aber erneut eine neue Studie, diesmal von der Universität Groningen (Niederlande). Das Team um die aus Österreich stammenden Ökonomen Klaus Hubacek und Benedikt Bruckner wertete globaler Datenbanken aus und berechnete daraus den CO2-Fußabdruck für verschiedene Bevölkerungsgruppen in den jeweiligen Ländern.
Für die USA errechneten die Fachleute beispielsweise, dass die Bürger:innen im Schnitt 14,5 Tonnen CO2 pro Kopf verbrauchen. Für Europa kamen die Expert:innen auf 6,3 Tonnen, für Russland und Zentralasien auf 5,9 Tonnen und für China auf 4,5 Tonnen. Im Vergleich: Indien hat gerade mal einen pro Kopf CO2-Fußabdruck von 1,3 Tonnen und Süd- und Südostasien gerade mal 1,2 Tonnen. In Afrika, südlich der Sahara, kommen die Menschen durchschnittlich auf nur 0,6 Tonnen CO2 pro Kopf.
Damit bestätigte das Forschungsteam zunächst, dass die Pro-Kopf-Kohlenstoff-Fußabdrücke sich bisher sehr durch die Lebenssituation der Menschen unterscheiden. Das ist somit keine wirklich neue Erkenntnis.
Auswirkungen von Armutsbekämpfung auf CO2 Ausstoß
Aber wie würde das 2030 aussehen? Nach den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) soll bis 2030 all den Menschen, die unter dieser Armutsgrenze leben, geholfen werden. Bis 2030, so das ehrgeizige Ziel, soll die Armut eigentlich in allen Formen abgeschafft sein.
Bedeutet: Mehr als eine Milliarde Menschen würden dann nicht mehr unter die Armutsgrenze fallen, so die Analyse der niederländischen Studie. Das würde entsprechenden Mehr-Konsum mit sich bringen. Laut den Forschenden führe dieser Mehr-Konsum global aber nur zu einem geringen relativen Anstieg von Kohlenstoffemissionen. Diese grenzen den Anstieg auf 1,6 bis 2,1 Prozent oder weniger ein.
Das würde rein lokal, beispielsweise in Afrika südlich der Sahara, eine Verdopplung der Kohlenstoffemissionen pro Kopf bei Bevölkerungsgruppen mit niedrigem und mittlerem Einkommen bedeuten. Das hört sich erstmal viel an. Aber, zur Erinnerung, bisher verursachen die ärmere Hälfte der Menschheit insgesamt nur 7 Prozent der globalen Emissionen. Entsprechend relativ ist auch ein lokaler steilerer Anstieg zu betrachten.
Das sieht auch die Studie so. Deshalb sei auch die Bekämpfung von Armut und der Kampf gegen die Klimakrise kein Widerspruch. Im Gegenteil: Nicht die Armen müssten ihre Emissionen reduzieren. Um globale Fortschritte bei der Armutsbekämpfung zu gewährleisten, ohne die Klimaziele zu überschreiten, müssten die Länder mit hohen Emissionen ihre Emissionen erheblich reduzieren, so die Forschenden.