SUN Minimeal verkauft fragwürdige Kryptowährung SOIL

„Jetzt geht es Bumm, Bumm, Bumm“, sagt Wolfgang Grabher seinen Zusehern auf YouTube im Stream. Der 27. Februar, das sei für ihn der Start einer ganz großen Kampagne. Der gelernte Koch aus Vorarlberg war an diesem Abend mit seiner Ehefrau Maike auf Puls4 in der Startup-Show „2 Minuten 2 Millionen“ zu sehen. Er präsentierte dort die „Minimeal“-Snacks seiner Firma SUN mit Hauptsitz in der Schweiz.
Für Grabher läuft es gut bei „2 Minuten 2 Millionen“: Die Investoren Christian Jäger und Erich Falkensteiner wollen investieren. 4 Millionen für 7,5 %, Bewertung bei mehr als 50 Millionen Euro. Sehr viel Geld für Snacks basieren auf Sonnenblumenprotein, die den „gesamten Nährstoffbedarf eines Tages“ abdecken sollen. Bald werde man bei Tchibo gelistet werden, bei Mediashop von 2M2M-Investorin Katharina Schneider gibt es sie übrigens auch. 40 Küchlein um 62 Euro, das ist gerade das Angebot.
Doch geht es bei Grabhers SUN AG nur um gesunde Snacks, oder nicht viel mehr um Krypto-Token? Wer ihm in seinen YouTube-Verkaufs-Shows unter unpassenden Titeln wie „Das beste Lebensmittel der Welt | INSIGHTS Pommes“ oder „Das beste Lebensmittel der Welt | INSIGHTS Spaghetti Bolognese“ (sic!) zusieht, sieht schnell, dass es da gar nicht bloß um Ernährung geht. Denn Grabher kommt schnell darauf zu sprechen, dass man ja auch in seinen SOIL-Token investieren könne.
PulseChain: Warum gerade diese Blockchain?
Wer glaube, dass das nur wachsen könne, je mehr Leute dazukommen, der solle doch zuschlagen. Man solle doch einfach sein Fiatgeld („das ist auch einfach nur ein Stück Papier aus der Druckerei“) in SOIL umtauschen. Großes Wachstum liege vor dem Krypto-Token, weil bald „Millionen neue Partner“ dazukommen würden, man peile dieses Jahr 200.000 Token-Investoren an. Seine Firma würde schon dafür sorgen, dass der Preis steigt. „Wir kaufen den Markt vom Token, und dadurch steigt der Wert“, beschreibt er das Modell. Man verwende 20% der Online-Umsätze, um die Token zu kaufen, das soll den Preis treiben. Und: Man solle den Token bis 2030 halten.
Wer dieser Verlockung nicht widerstehen kann, lässt sich auf ein sehr kompliziertes System ein. Zuerst einmal: SOIL ist ein in Krypto-Kreisen völlig unbekannter Token, keine Krypto-Börse listet ihn. Das bedeutet erst einmal, dass man kompliziert sein Geld zuerst in Ethereum oder einen Stablecoin wechseln muss, um dann über die „PulseBridge“ in SOIL wechseln zu können. Der Token läuft nämlich nicht auf einer bekannten Blockchain, sondern auf der PulseChain. Ausgerechnet.
PulseChain, eine kleine, unbedeutende Ethereum-Abspaltung, stammt von Gründer Richard Schueler (aka Richard Heart). Der wird seit Ende 2024 von Interpol weltweit wegen angeblichen Steuerbetrugs und Körperverletzung gesucht. 2023 verklagte die US-Börsenaufsicht SEC Schueler/Heart wegen den drei Unternehmungen Hex, PulseChain und PulseX, die unregistrierte Angebote von Krypto-Wertpapieren durchgeführt zu haben. Dabei geht es um mehr als 1 Milliarde Dollar an Krypto-Vermögenswerten.
Jedenfalls hat sich Grabher für seinen „sonnigen“ SOIL-Token ausgerechnet die in Verruf gekommene PulseChain ausgesucht, die keinerlei Bedeutung in der Krypto-Welt hat und nicht einmal unter die Top 5.000 der Krypto-Assets kommt. Diese Blockchain muss man aber letztendlich benutzen, wenn man SOIL-Token kaufen möchte. Dass das äußerst kompliziert ist nur nur echten Krypto-Profis anzuraten ist, das weiß Grabher. Er kündigte auf YouTube an, dass man SOIL bald auf der Minimeal-Webseite kaufen könne, ohne aufwendigen Token-Tausch auf dezentralen Exchanges. Der technische Partner Banxa solle das umsetzen.
Sollte man sich darauf einlassen, SOIL zu kaufen: Das Handelsvolumen ist sehr gering, kaum jemand tradet den Token. Will man ihn loswerden, dann ist man wohl auf die SUN AG angewiesen, ihn gegebenenfalls wieder in Geld oder irgendwelche Treuepunkte zurückzutauschen.
SOIL-Token stürzte seit September 2024 um 44 Prozent ab
Insgesamt sind derzeit laut 2,8 Milliarden SOIL-Token in Umlauf, diese verteilen sich auf etwa 9.000 Wallets. Bei einem Preis von 0,03 Dollar je Token kommt man auf eine Marktkapitalisierung von 108 Mio. Dollar. „Letztes Jahr waren wir in Kitzbühel, da kannte uns noch niemand. Jetzt fängt es an richtig Fahrt aufzunehmen“, meint Grabher. Den Token-Preis kann er nicht meinen: Seit dem All-Time-High im September 2024 ist der Token bereits wieder um etwa 44 Prozent eingebrochen – ähnlich wie auch der Rest des Krypto-Marktes nach dem Trump-Hype (mehr dazu hier).
Dass insgesamt 2,8 Milliarden SOIL-Token in Umlauf sind, es aber insgesamt 5 Milliarden der Token geben soll, man auch skeptisch. Immerhin bedeutet es, dass fast 50% der Kryptowährung bei den Machern, also der SUN AG liegt, und der Token-Preis dadurch sehr eicht beeinflussbar ist – etwa, wenn das Unternehmen die Token plötzlich abverkauft. Um die Verwirrung noch perfekt zu machen, gibt es aber schließlich noch SUN Credits (C), die man sich durch Anwerben neuer Mitglieder verdient, die werden dann in STBL-Points, und dann in SOIL-Token getauscht.
Grabher wird jedenfalls versuchen, mehr Menschen seinen Token zu verkaufen. Am Austrian World Summit 2025 von Arnold Schwarzenegger in Wien am 3. Juni sollen SUN und SOIL einen großen Auftritt bekommen – Grabher sagt, er werde dort eine Keynote halten. In der Speakers-Liste ist er aber noch nicht zu finden.