Svenja Lassen von primeCROWD: „Investment-Szene braucht mehr Diversität“
„Die Startup-Szene braucht mehr Diversität. Sie ist sowohl auf der Seite der Gründer als auch der Investoren noch immer zu männlich dominiert“, kritisiert Svenja Lassen, Managing Director Germany beim Startup-Investment-Unternehmen primeCROWD. Ihr zufolge neigen männliche Investoren eher dazu, männliche Gründer finanziell zu unterstützen. Im DACH-Raum seien Gründerinnen in der Szene deswegen mit einem Anteil von nur etwa 16 Prozent unterrepräsentiert. Nur ein Zuwachs an weiblichen Investorinnen könne mehr Gleichgewicht schaffen.
Investments in Gründerinnen steigen. Bei VCs sind Frauen weiter in der Minderheit.
„Männer können Qualität nicht alleine entscheiden“
„Männliche Investoren alleine können dieses Problem nicht lösen. Menschen vertrauen grundsätzlich am meisten denen, die ihnen ähnlich sind. Ich mache Männern deshalb keinen Vorwurf, wenn sie eher zu Investitionen in männlich dominierte Jungfirmen neigen. Viele argumentieren jedoch, dass sich Qualität immer durchsetzt. Das stimmt so nicht ganz, denn es können nicht alleine Männer entscheiden, was Qualität bedeutet“, erklärt Lassen im Interview mit Trending Topics.
Frauen hätten häufig eine andere Perspektive und andere Prioritäten als Männer. Während männliche Investoren oft zuerst auf die Rendite schauen, sei für Frauen häufig der Impact vorrangig. Weibliche Investorinnen finanzieren oft Projekte, die für die Umwelt, die Gleichberechtigung oder die Bildung positiv sind, wobei die Rendite natürlich auch eine Rolle spiele. Mehr Diversität könne die Qualitätsstandards in der Startup-Szene verändern und sie facettenreicher machen.
Gründerin der Woche: Wie man einen Coworking-Space in der Krise aufbaut
„Unterschiedliche Perspektiven entscheidend“
„Das bedeutet aber nicht, dass Gründerinnen nur Unterstützung von weiblichen Investorinnen brauchen oder umgekehrt. Auch innerhalb von Startups sind unterschiedliche Perspektiven entscheidend“, gibt Lassen zu bedenken. Vorerst sei es aber wichtig, ein Gleichgewicht zu schaffen und Frauen in der Szene mehr Raum zu geben. Dafür habe primeCROWD im vergangenen Jahr das Female Investors Network gegründet. Diese Anlaufstelle soll es Frauen ermöglichen, sich über ihre Möglichkeiten bei Investments und Gründungen zu informieren und sich mit anderen Interessierten zu vernetzen. Junginvestorinnen können auch schon mit einer Summe von 10.000 Euro bei Startups einsteigen, was für viele den Anfang leichter machen sollen.
„Es ist vor allem wichtig, dass Investorinnen und Gründerinnen sichtbar sind. Frauen brauchen hier Vorbilder und müssen sehen, dass sie selbst in der Startup-Szene etwas erreichen können“, sagt Svenja Lassen. Beim Einstieg sollten weibliche Gründerinnen vor allem darauf achten, die richtigen Partner und den Zugang zur richtigen Zielgruppe zu finden. Dabei soll ihnen das Netzwerk von primeCROWD helfen.
Svenja Lassen unterstützt Frauenquote bei Investments
Ziel von primeCROWD sei es, bis 2025 im DACH-Raum bei Gründerinnen einen Anteil von 25 Prozent zu erreichen. Unter diese Prämisse laufe unter anderem das Pitching-Event #25to25 – The Female Founder Pitch am 30. Juni. Das Startup-Network veranstaltet das Event mit Unterstützung von primeCROWD. Antreten sollen dabei nur Gründerinnen, ausschließlich vor Investorinnen. Auch das soll die Sichtbarkeit von Frauen in der Startup-Szene erhöhen.
Eine mögliche politische Maßnahme, um die viel Diskussion stattfindet, ist eine Frauenquote bei Förderungen und Investments. Venture Capitals und Business Angels sollen bei Investments in weiblich geführte Startups Förderungen erhalten (Trending Topics berichtete). Svenja Lassen unterstützt diese Maßnahme. „Die Politik muss mit solchen Schritten ebenfalls dazu beitragen, endlich ein Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen herzustellen“, fordert die Managerin.
„Sollten es einfach probieren“: Frauenquote bei Startup-Förderungen und Investments