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Wundermaterial Perowskit: Ein Wiener baut in den USA ein Solar-Startup auf

Swift Solar setzt auf leichte, flexible Solar-Module © Swift Solar
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Er war an der ETH Zürich, hat dann seinen Doktor in Oxford gemacht und zieht jetzt mit seinen Mitgründern eines der vielversprechendsten US-Startups im Bereich Photovoltaik hoch: Der Wiener Maximilian Hörantner hat eine bemerkenswerte wissenschaftliche Karriere hingelegt. Doch anstatt im Elfenbeinturm zu forschen, hat er sich mit seinen fünf Mitstreitern (Kevin Bush, Giles Eperon, Tomas Leijtens, Sam Stranks und Joel Jean) bei Swift Solar ins Silicon Valley aufgemacht, um dort eine Jungfirma in einem der schwierigsten, aber auch vielversprechendsten Bereiche hochzuziehen: Solarenergie.

Investoren sind mittlerweile mit vielen Millionen Dollar in das Startup eingestiegen. Denn Swift Solar arbeitet mit einem neuartigen Material namens Perowskit, das sehr hohe Wirkungsgrade bei Photovoltaik erlaubt und sich auch biegen lässt.

Maximilian Hörantner erzählt im Interview mit Tech & Nature, wie es zur Gründung von Solar Swift kam, welche Herausforderungen auf das junge Team zukommt und wie es um Risikokapital für Clean-Tech-Unternehmen im Silicon Valley steht.

Tech & Nature: Kannst du kurz skizzieren, was SwiftSolar einzigartig macht?

Maximilian Hörantner: SwiftSolar hat sich zum Ziel gesetzt, eine neue Generation von leichten und biegsamen Solarzellen zu produzieren, die kostengünstiger und effizienter als herkömmliche Photovoltaik-Produkte sein sollen. Dabei kommt eine einzigartige und mehrfach patentierte Technologie zum Einsatz, die auf dem erst kürzlich entdeckten Wundermaterial Perowskit basiert. Wir setzen zwei Solarzellen übereinander, die unterschiedliche Bereiche des Sonnenspektrums absorbieren, um so höchstmögliche Wirkungsgrade über 30 Prozent zu erreichen – diese Kombination wird Tandem-Solarzelle genannt. Das sechsköpfige Gründungsteam setzt sich aus einigen der namhaftesten Perowskit-Forschern zusammen, die zu den Pionieren in dem Forschungsfeld zählen und unter anderem die effizienten Perowskit-Tandem-Zellen erfanden.

Das Team von Swift Solar rund um Max Hörantner (Zweiter von rechts). © Swift Solar
Das Team von Swift Solar rund um Max Hörantner (Zweiter von rechts). © Swift Solar

Wo könnte diese Technologie zum Einsatz kommen?

Kurzfristig werden wir Märkte bedienen, die sehr spezialisierte Anwendungen verfolgen und besonders leichte und effiziente Solarzellen benötigen. Dazu gehören Anwendungen in der Luftfahrt, elektrische Mobilität, Telekommunikation und Leichtbau. Mittel- und langfristig wollen wir so viele Dächer und Flächen mit unseren Solaranlagen füllen wie möglich, denn SwiftSolar-Produkte sollen die kostengünstigsten und am einfachsten zu installierenden Photovoltaik-Produkte werden.

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Was sind dabei die größten Herausforderungen?

Wie schon erwähnt bestehen unsere Tandem-Solarzellen aus komplexeren Strukturen, um noch höhere Wirkungsgrade zu erreichen, und da wir mit neuen Materialien arbeiten, die mit Nanometer-Präzision möglichst schnell auf großen Flächen aufgetragen werden müssen, kann man sich vorstellen, dass Hightech-Prozesse erforderlich sind, die viel Forschungs- und Entwicklungs-Ressourcen benötigen.

Anders als bei Software-Startups wird deshalb viel mehr Kapital benötigt, bis die ersten Umsätze erwirtschaftet werden können. Das erfordert das Vertrauen unserer Investoren und einer intelligenten Skalierungsstrategie, damit wir wachsen können und damit die Skalierungseffekte nutzen, die für die kostengünstige Produktion von Solarpanelen benötigt werden.

Welche Strategie verfolgt ihr da?

Man kann sich das ähnlich wie bei Tesla vorstellen, wo erst ein Luxusmodell in kleinen Stückzahlen produziert wurde, um danach den Massenmarkt mit Gigafactories zu erobern. Der Standort im Silicon Valley, wo einst die Halbleiterindustrie ins Leben gerufen wurde, hilft aber auf jeden Fall dabei, diesen Traum zu verwirklichen. Eine weitere Challenge liegt darin, die langjährige Haltbarkeit unserer Solarzellen zu gewährleisten. Der Markt verlangt nach mindestens 10 bis 20 Jahren, was mit einem Material, das vor nur wenigen Jahren erfunden wurde, schwierig ist zu garantieren. Zu unserem Team zählen einige der besten Experten zum Thema Perowskit-Stabilität, weshalb wir große Fortschritte in diesem Bereich zeigen konnten.

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Wie kam es zu der Gründung?

Nachdem Sam Stranks, einer unserer Mitgründer, im Frühjahr 2016 einen Ted Talk über die Perowskit-Technologie hielt und danach mehrmals auf die Kommerzialisierung angesprochen wurde, motivierte er mich und vier andere wissenschaftliche Kollegen, ein Startup zu gründen. Vier von uns kannten sich aus Oxford und zwei andere waren damals noch mit ihren PhDs in Stanford und am MIT beschäftigt.

Deshalb haben wir zunächst die Grundsteine per wöchentlichen Videokonferenzen über drei Zeitzonen verteilt gelegt. Es war nicht einfach, sechs Wissenschaftler aus fünf verschiedenen Ländern an einen Ort zu bringen. Dazu kam, dass unsere Technologie noch nicht ganz gereift war, um aus dem Labor in die Produktion zu kommen. Nichtsdestotrotz haben wir zwei Jahre später alle Pläne verwirklicht, unsere damaligen Jobs und Lebensmittelpunkte verlassen und Swift Solar in Golden, Colorado, gegründet. Dort bat sich nämlich die Möglichkeit, die Einrichtungen des National Renewable Energy Labs für unsere Inkubation zu nutzen.

Wie hat sich das Unternehmen bisher entwickelt?

Nach unserer Gründung Mitte 2018 haben wir als sechsköpfiges Gründerteam mit sehr gezielten Forschungs- und Entwicklungsprojekten am National Renewable Energy Lab große technische Fortschritte gemacht, bis wir Anfang 2019 unsere eigenen Kapazitäten ausgeschöpft hatten. Dann war es Zeit, einen eigenen Standort mit eigenem Lab und Produktionsmaschinen aufzubauen. Aus Gründen von besserem Zugang zu Talent, Kapital und anderen Ressourcen der Halbleiterindustrie wurde das Silicon Valley ausgewählt. Seit Juli 2019 ist SwiftSolar in San Carlos etwa 30 Kilometer südlich von San Francisco angesiedelt. In der Zwischenzeit sind wir auf zehn Mitarbeiter gewachsen, und 2020 werden noch einige dazu kommen.

Welche Investoren sind an Bord, wie viel Risikokapital habt ihr aufgenommen?

Wir haben in unserer Series Seed ca. 7 Millionen USD von unterschiedlichen Business Angels, VCs und strategischen Investoren geraised. Außerdem haben wir relativ große Summen an Fördergeldern vom amerikanischen Department of Energy und der National Science Foundation erhalten. Die nächste Series-A-Finanzierungsrunde ist für Mitte bis Ende dieses Jahres geplant.

© Swift Solar
© Swift Solar

Wie ist die Situation für CleanTech im Valley? Bekommt man im Zuge der Klimakrise einfacher Funding?

CleanTech ist nach wie vor nicht eine der Fokuskategorien der typischen namhaften VCs im Valley, und es hilft auch nicht, dass sich einige riesige Investitionen in innovative Photovoltaik-Startups der frühen 2000er nicht bewährt haben. Allerdings sind sogenannte DeepTech- oder ToughTech-Investoren mit ähnlichen Challenges vertraut und investieren deshalb sogar in Startups, die Kernfusion möglichen machen wollen und Unmengen an Investitionskapital benötigen.

Außerdem kann man durchaus sehen, dass es in den letzten paar Jahren immer mehr wohltätige Wohlhabende gibt, die gerne in Startups investieren, die den Klimawandel bekämpfen wollen. Ein berühmtes Beispiel davon ist Breakthrough Energy Ventures, das von Bill Gates ins Leben gerufen wurde.

Wie bist du als Österreicher im Valley gelandet?

Aufgewachsen in Wien, habe ich schon sehr früh während der Oberstufe selbst programmierte Software verkauft und mäßig erfolgreiche Unternehmen gegründet. Danach habe ich mein Bachelor- und Masterstudium in Maschinenbau an der ETH Zürich abgeschlossen und mich dabei auf erneuerbare Energien spezialisiert. Nach einem Semester Auslandsaufenthalt an der University of Oxford habe ich mich dann auch entschieden, dort ein Doktorat in Physik zu absolvieren, bei dem ich in der Gruppe von Prof. Henry Snaith an neuartigen Perowskit Solarzellen forschen durfte, die kurz davor in dieser Gruppe entdeckt wurden.

In jener Forschungsgruppe war es auch, wo ich drei meiner fünf Co-Founder kennengelernt habe. Meine unternehmerischen Aktivitäten habe ich während des PhD-Studiums fortgesetzt und unter anderem ein Non-profit gegründet, das gesponserte Solarprojekte an indischen Schulen verwirklichte. Nach einer weiteren eineinhalbjährigen akademischen Zwischenstation als Post-doc am MIT in Boston mit spezifischem Fokus auf die Kommerzialisierung von Perowskit-Solarzellen, kam es dann 2018 zur Gründung von SwiftSolar in Colorado und dem baldigen Umzug ins Silicon Valley.

Meine derzeitige Funktion als Vice President of Engineering ergab sich durch meine Expertise aus der Schnittstelle zwischen Perowskit-Materialforschung und dem Ingenieurwesen von Produktionsmaschinen. Am wichtigsten für meinen Erfolg als Startup-Gründer war jedoch die Kombination aus guten Freundschaften mit übereinstimmenden Motivationen und Werten sowie das Glück, manchmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein.

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