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Synhelion: „Solares Kerosin“ aus Sonnenenergie, CO2 und Wasser

Eine Synhelion-Testanlage in Spanien. © Synhelion
Eine Synhelion-Testanlage in Spanien. © Synhelion
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Weltweit trägt der Flugverkehr allein laut dem deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum mit mehr als drei Prozent zur menschengemachten Klimakrise bei, eine Studie der Universität Oxford aus dem Jahr 2021 geht bereits von einem Einfluss von etwa vier Prozent auf die menschengemachten Klimakrise aus. Daher ist naheliegend, dass Fluggesellschaften Alternativen zu fossilen Treibstoffen suchen. Das Schweizer Startup Synhelion nutzt dabei Solarwärme, um „solares Kerosin“ herzustellen.

Solares Kerosin: Über den Wolken durch Sonnenenergie und CO2

Ausgangspunkt ist ein großes Spiegelfeld, das sich automatisch nach dem Sonnenstand ausrichtet und die Sonnenstrahlen zu einem Punkt reflektieren. Im Brennpunkt dieser Spiegel entsteht so eine enorme Hitze, die als Prozesswärme chemische Reaktionen antreibt. Dadurch lassen sich etwa Treibstoffe auch herstellen.

Synhelion erreicht zwischen 1.000 und 1.500 Grad Prozesswärme

Als Ausgangsstoffe nutzt Synhelion dabei CO2 und Wasser. Bisher haben sie die Stoffe mithilfe einer kleinen Testanlage aus der Luft abgeschieden, für die Marktreife will das Startup, das aus der ETH Zürich entstanden ist, auch andere CO2-Quellen nutzen. „CO2 aus Direct Air Capture wird allerdings nicht das CO2 sein, das wir vorerst nutzen, weil es relativ teuer ist“, verrät Synhelion-Sprecherin Carmen Murer gegenüber Tech & Nature. Biogenes CO2, das etwa in Biogasanlagen anfällt, oder CO2 aus der Zementherstellung seien Quellen, aus denen künftig Kerosin entstehen soll.

E-Flugzeuge: Fliegen im Kleinen, aber (noch) nicht im Großen

Für die Reaktionen braucht es jedoch jede Menge Energie, also Wärme. Synhelion kann mit ihrem Spiegelfeld etwa Temperaturen von 1.000 bis 1.500 Grad Celsius erzeugen. Das macht ein eigener Sonnenlichtempfänger möglich, der extra vom Unternehmen entwickelt wurde. „Die große Herausforderung ist, dass diese Temperaturen dann in Prozesswärme umgewandelt werden, die man auch nutzen kann“, verrät Murer. Der neu entwickelte Receiver kann dabei viel höhere Temperaturen entwickeln als herkömmliche Technologie. Daher ließen sich damit auch industrielle Prozesse betreiben.

Erste große Demonstrationsanlage soll 2026 stehen

Synhelion baut momentan die erste Anlage in industrieller Größe, „das ist aber immer noch eine Demonstrationsanlage“, wie Murer bekräftigt. Bis 2023 soll sie in Jülich in der Nähe von Köln in Betrieb gehen. „Mit dieser Anlage werden wir eigentlich zum ersten Mal den ganzen Prozess von A bis Z demonstrieren, also vom Sonnenlicht bis zum fertigen Kraftstoff“, so Murer. Der Standort in Deutschland ist dabei nicht auf die Massenproduktion von „solarem Treibstoff“ ausgelegt, sondern dient als große Testanlage. „Die dortigen Bedingungen sind gut, um diese Anlage schnell zu bauen. Und das ist wichtig für uns“, meint Murer dazu. Der nächste Schritt soll dann eine Anlage in einer Region werden, in der deutlich mehr Sonneneinstrahlung garantiert werden kann – etwa in Spanien.

Solares Kerosin: Fliegen rein durch Sonnenlicht und Luft

300 Millionen Tonnen Treibstoff verbraucht die Luftfahrt jedes Jahr, theoretisch sei es möglich, diese Menge auch künstlich herzustellen, ist Murer überzeugt. Dennoch habe man nicht den Anspruch, den gesamten Flugsektor auf solares Kerosin umzustellen. Es brauche nämlich einen Mix an Technologien, um einen schnellen Umschwung hin zu einem grüneren Flugsektor zu schaffen.

Kerosin-Alternative soll billiger werden

Bis 2030 will Synhelion einen Produktionspreis von einem Euro pro Liter Kraftstoff erreichen. „Das ist bereits sehr nahe am Produktionspreis von fossilen Treibstoffen. Kerosin ist dabei extrem günstig, weil es aktuell keine Mineralölsteuer darauf gibt. Das lag vor dem Ukrainekrieg bei rund 50 Cent pro Liter, jetzt ist es angestiegen“, sagt Murer. Langfristig wolle man aber preislich mit fossilen Treibstoffen konkurrieren können.

Kerosin versetzt mit Speiseöl: Wie das Fliegen grüner werden soll

Das Interesse von Luftfahrtkonzernen ist jedenfalls da, wie Murer weiß: „Die Luftfahrt gerät auch immer mehr unter Druck, ihre CO2-Emissionsziele zu erreichen.“ Swissair will im kommenden Jahr bereits erste Flüge mit dem solaren Kerosin von Synhelion absolvieren, wenngleich das mehr symbolische als ökologische Auswirkungen haben dürfte. 2023 dürfte das Unternehmen nämlich nur wenige Tausend Liter Treibstoff produzieren. Bei einer Anlage in Spanien würde sich die Produktion auf 100.000 Liter pro Jahr erhöhen. Zum Vergleich: Eine Boeing 737 braucht in etwa 3.000 Liter Kerosin pro Flugstunde, ein vollbesetzter Airbus rund 10.000 Liter. Allein ein A380, das größte in Serie produzierte zivile Verkehrsflugzeug, kann mit mehr als 300.000 Litern Kerosin betankt werden.

Synhelion forscht auch an CO2-Reduktion in Zementwerken

Synhelion forscht allerdings nicht nur an solarem Kerosin, sondern auch an „solarem Zement“. In Zusammenarbeit mit dem mexikanischen Zementhersteller Cemex will man den ökologischen Fußabdruck von Beton und Zement reduzieren. „Rund 40 Prozent der Emissionen kommen dabei vom Verbrennen von fossilen Brennstoffen, um die Wärme zu generieren, die man braucht, um die Prozesse zur Zementherstellung durchzuführen“, so Murer. Die restlichen 60 Prozent des CO2-Ausstoßes stammen direkt aus dem Gestein, das gelöst wird, wenn man Zement herstellt. Ersetze man die fossilen Brennstoffe durch solare Wärme, bliebe nur noch das reine CO2 aus dem Gestein übrig, das relativ einfach abgeschieden und gespeichert oder weiterverwendet werden kann.

Statt Zement: In Spanien entsteht eine Autobahn aus verbranntem Papier

Der Ansatz ist allerdings noch in der Forschungsphase, man habe es jedoch geschafft, Klinker, einem der Hauptbestandteile von Zement, durch solare Wärme zu erzeugen. In Zukunft wolle man auch ein kleines Zementwerk bauen, das selbst solchen solaren Zement herstellen kann. Um den Zement industriell herzustellen, seien aber sicher mehr als 10 Jahre notwendig. Auch die Möglichkeit der Umrüstung bestehender Zementwerke befinde sich noch in der Untersuchung.

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