Interview

2 Jahre Talent Garden in Österreich: „Nicht nur die Generation Y erwartet sich Freiräume“

Raphael Jochmann und Nathalie Köck vom Talent Garden Vienna. © Trending Topics
Raphael Jochmann und Nathalie Köck vom Talent Garden Vienna. © Trending Topics
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Die Liechtensteinstraße 111-115 im neunten Wiener Bezirk hat sich in den vergangenen zwei Jahren zu einem Dreh- und Angelpunkt der österreichischen Startup-Szene entwickelt. In dem Coworking Space, der zu der Kette Talent Garden des italienischen Gründers Davide Datolli gehört, sind Freelancer, Jungunternehmer, Startups und Corporates zu Hause, und auch das Team von Trending Topics sitzt mitten drinnen in den sechs Stockwerken.

Betreut wird der Standort von einem Team rund um Country Managerin Petra Hauser, Campus Manager Raphael Jochmann und Learning Program Manager Nathalie Köck, die sich um die Innovation School kümmert. Im Interview sprechen Jochmann und Köck über die harte Zeit in der Corona-Krise, neue Konzepte für die New-Work-Ära, die Neuausrichtung der Innovation School und die Pläne für das nächste Jahr.

Trending Topics: Nathalie, ihr habt beim Talent Garden sicher ein spannendes Jahr hinter euch. Was waren deine Highlights?

Nathalie: Ein Highlight für mich als Teil des Innovation School Teams war definitiv, dass wir nur wenige Wochen nach dem Start des ersten Lockdowns ein neues Kursformat, das 100% online funktioniert, auf den Markt gebracht haben. Bei der Entwicklung dieses Kurses sind wir besonders kundenzentriert vorgegangen, um auf die Bedürfnisse der KursteilnehmerInnen in dieser unsicheren und ungewöhnlichen Situation einzugehen – mit Erfolg: Für diesen neuen Online-Kurs hatten wir so viele Bewerbungen wie noch nie. Wichtig war den TeilnehmerInnen v.a. eine Kombination aus flexiblen Self Study Lessons und interaktiven Live Sessions mit den ExpertInnen und KollegInnen, um im Austausch mit Gleichgesinnten zu bleiben.

Ein anderes Highlight war, dass wir im Wintersemester dann all unsere Voll- und Teilzeit-Kurse zum ersten Mal online abgehalten haben und dieses neue Format bei den TeilnehmerInnen sehr gut angekommen ist.

Und bei dir Raphael? Wie hat sich Talent Garden in Wien aus deiner Sicht entwickelt und gewandelt

Raphael: Ich müsste lügen wenn ich sage, dass die ersten Monate der COVID-19Krise kein Schock für uns gewesen wären. Talent Garden lebt nun mal von der Community und dem ständigen Austausch und Miteinander unserer Tagger (Mitglieder).

Wir haben uns jedoch sehr rasch darauf besonnen, das Beste aus der Situation zu machen, und haben gemeinsam mit unserem globalen Team Strategien und Lösungen entwickelt um in dieser doch sehr schwierigen Phase unsere Produkte und unsere Services dementsprechend anzupassen und zu optimieren.

So konnten wir bereits ab April 2020 wieder viele neue Mitglieder dazu gewinnen und unsere Community ist seit dem ersten Lockdown noch vielfältiger geworden. Ein großes Highlight war sicher, als sich im September 2020 WeAreDevelopers entschieden haben, Teil unserer Community zu werden. Sowohl WeAreDevelopers als auch Talent Garden verfolgen eine sehr ähnliche Mission – nämlich Digital- und Tech-Talente zu verbinden, ihnen Raum und Möglichkeiten zu geben, zu wachsen und sie bei der Entfaltung ihres vollen Potentials zu unterstützen.

Raphael, wie berichtet bis du Anfang des Jahres zum neuen Campus Manager in Wien aufgestiegen. Welchen neuen Fokus bedeutet das in deiner Arbeit?

Raphael: Im März 2019 durfte ich gemeinsam mit Nathalie bei Talent Garden Vienna starten. Unser Campus war damals noch halb Baustelle, halb Tech-Ecosystem und die Vorfreude war riesig Teil eines, in der Dimension, einzigartigen Projektes in Österreich zu sein. Ich konnte seit unserer Eröffnung unsere Community und das Wiener Ecosystem sehr gut kennenlernen und war von Anfang an überzeugt, dass unsere Mischung aus Coworking, Innovation School und Corporate Transformation einen unglaublichen Mehrwert bietet und uns von klassischen Coworking Spaces oder reinen Aus/Weiterbildungsformaten abhebt.

Als Campus Manager bin ich nun gemeinsam mit Country Managerin Petra Hauser für unseren physischen Hub im 9. Wiener Bezirk verantwortlich. Zusammen mit meinem Team sorgen wir dafür, dass die Mischung aus Startups, Freelancern und Corporates in unserer Digital- und Tech-Community passt und möchte aufzeigen, dass moderne, flexible und kreative Konzepte wie die des Talent Garden die Zukunft am Büromarkt sind.

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Die COVID-Krise hat das Thema New Work in den Mittelpunkt gerückt. Wie seht ihr die Zukunft des Arbeitens?

Raphael: Flexible Arbeitszeiten, agile Arbeitsplätze und Remote-Office-Möglichkeiten waren schon vor der Krise vor allem in der Startup-Welt sehr relevante Themen. Die aktuelle Situation hat jedoch auch bei Corporates oder eher konservativen  Unternehmen zu einem Umdenken geführt. Ein klassischer Nine-to-Five-Alltag ist bei aktuellen Stellenausschreibungen eher die Ausnahme als der Standard. Nicht nur die Generation Y erwartet sich mittlerweile Freiräume und Selbstbestimmtheit, wenn sie bei einem Unternehmen anfangen.

Das Talent Garden Netzwerk umfasst mittlerweile 22 Campusse in sieben europäischen Ländern. Die Nachfrage unserer Tagger diese anderen 20 Campusse zu besuchen und bequem von dort remote zu arbeiten wird immer größer und ich bin davon überzeugt, dass es “post-covid” normal sein wird, dass die Mitarbeiter remote von den verschiedensten Orten der Welt arbeiten werden.

Wenn ihr an die Einrichtung von Coworking Spaces denkt – wird sich die für eine Post-COVID-Zeit verändern? Welche Trends gibt es da?

Raphael: Direkt am Beginn der Krise mussten für uns natürlich sehr an die “neue Normalität” anpassen. Sprich wir mussten unseren Mitgliedern mehr Platz schaffen und die Campusse mit entsprechenden Hygienemaßnahmen und Schutzvorkehrungen ausstatten.

In den letzten Monaten konnten wir dann beobachten, dass der Hauptgrund ins Büro zurückzukommen ist, um sich wieder physisch mit anderen Menschen auszutauschen, weil digitale Treffen irgendwann an ihre Grenzen stoßen. Dies bedeutet, dass in Zukunft ein größeres Augenmerk auf unsere Community Areas gelegt wird um unseren Mitgliedern in einer sicheren, innovativen und professionellen Atmosphäre die Vorteile unseres Ecosystem klar zu machen.

Werden Coworking Spaces künftig anders funktionieren als vor der Corona-Pandemie?

Raphael: Sicherlich. Unsere Pakete werden immer flexibler werden um wirklich auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder abgestimmt zu sein. Es gibt zahlreiche Kunden, die auf uns zukommen und uns berichten, dass sie nur ein paar Mal die Woche einen (physischen) Ort benötigen um sich mit ihrem Team, oder anderen Gleichgesinnten austauschen und den Rest remote erledigen wollen.

In Zukunft müssen wir uns also stark an die New Work-Konzepte anpassen: Wir arbeiten zum Beispiel an Corporate Lösungen, die ein Büro bzw. eine Meeting Möglichkeit für bestimmte Tage die Woche garantieren. Damit wird der Platz im Coworking Space perfekt und viel effizienter genutzt als in einem klassischen Büro und der Kunde zahlt wirklich nur für die Zeit in der er wirklich im Campus ist. Außerdem haben wir zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Austrian Startup ein eigenes Startup Paket entworfen um auf die speziellen Bedürfnisse junger Gründer und Gründerinnen einzugehen. Auch für Freelancer, oder Digital Nomads sind wird gerade dabei ein spezielles Angebot zu schnüren.

Talent Garden bietet ein stetig wachsendes Netzwerk von Spaces in ganz Europa. Welchen Stellenwert hat Österreich? Sind auch andere Städte hierzulande als Standorte interessant?

Raphael: Talent Garden Austria hat natürlich einen sehr großen Stellenwert im globalen Netzwerk von Talent Garden. Es ist der erste deutschsprachige Standort und hat natürlich das Potential nicht nur im DACH-Raum, sondern auch als zentraler Hub für Osteuropa und dem Balkan zu fungieren. Aufgrund der Tatsache, dass sich Talent Garden bei Neueröffnungen oft auf eher aufstrebende Märkte fokussiert und weniger auf die „alten Bekannten“ der europäischen Szene wie London, Paris, oder Berlin, sind natürlich auch andere Städte in Österreich, oder Deutschland für uns interessant. Die anstehende Eröffnung des ersten Campus in Frankreich, in Lille unterstreicht diese Philosophie noch einmal.

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Die Innovation School des Talent Garden wird nun europaweit gedacht. Wie funktioniert sie?

Nathalie: Wir bieten nun zusätzlich zu unseren Ausbildungsformaten in Österreich, Italien und Dänemark auch internationale Kurse an. Aufgrund des neuen Online-Formats können wir InteressentInnen aus ganz Europa auch langfristig eine ortsunabhängige Teilnahme ermöglichen. Wir legen bei diesen Kursen viel Wert darauf, dass unsere ExpertInnen Erfahrung aus einem internationalen Umfeld mitbringen und die Inhalte über Ländergrenzen hinaus relevant sind. Talent Garden ist eine europaweite Community und das soll auch für unsere KursteilnehmerInnen gelten.

Ein immer wichtigeres Thema, das sich Talent Garden auf die Fahnen schreibt, ist Corporate Transformation. Wie funktioniert das?

Raphael: Unsere Country Managerin kümmert sich gemeinsam mit dem globalen Team von Talent Garden um dieses Thema. Corporate Transformation meint die Anpassung von Corporates an das in jeder Hinsicht veränderte Marktumfeld. Wir bei Talent Garden konzentrieren uns dabei vor allem an die Anpassung im kulturellen Sinne sowie in Bezug auf die Fähigkeit der Mitarbeitenden, mit digitalen Tools umzugehen. Ein Beispiel für die kulturelle Transformation sind Trainings im Bereich des agilen Arbeitens. Hier braucht es insbesondere ein anderes Mindset, nur den Scrum-Prozess zu erlernen reicht nicht aus, um Agilität im Unternehmen zu verankern.

Könnt ihr ein Beispiel geben?

Raphael: Ein Beispiel für Corporate Transformation Programme im Bereich Digitalisierung und Tools ist unsere UX Masterclass, wo Mitarbeitende User Centricity wirklich anwenden lernen, sei es für neue interne Prozesse oder auch für neue digitale Kunden-Schnittstellen.

Talent Garden ist nun 2 Jahre in Österreich. Was bringen die nächsten 2 Jahre?

Raphael: Ich hoffe natürlich, dass wir alle Community Events, die Corona-bedingt leider abgesagt werden mussten, in den nächsten Monaten gebührend nachholen können. Ich glaube, dass wir bald die Roaring Twenties 2.0 erleben werden, da sich die Leute nach sozialen Zusammenkünften sehnen. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass unser Komplettpaket in den kommenden 2 Jahren für sehr viele verschiedene Unternehmen the-way-to go wird und bin sehr glücklich Teil dieser spannenden Reise zu sein!

Nathalie: Wir in der Innovation School freuen uns darauf, unseren KursteilnehmerInnen auch in den kommenden Jahren digitale Skills zu vermitteln und sie fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu machen – denn gerade das vergangene Jahr hat uns wieder gezeigt, wie wichtig Digitalisierung in der Wirtschaft und der Gesellschaft ist. Wir hoffen, dass wir auch wieder mehr StudentInnen am Campus begrüßen dürfen und nicht nur am Bildschirm, denn viele schätzen die Atmosphäre und das innovative Umfeld vor Ort und die Möglichkeit, als Teil der Community jeden Tag neue spannende Kontakte zu knüpfen.

WeAreDevelopers zieht in den Wiener Talent Garden ein

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