Talent Garden vs. weXelerate? „Ihr habt einen Riesenvorteil: Ihr habt ein Gebäude”
Draußen brütende Hitze, drinnen im Metaware-Shop im 15. Wiener Bezirk lauter nette Internet-Gimmicks und zwei vermeintliche Konkurrenten, die sich aber seit der ersten Stunde austauschen. Wir haben Hassen Kirmaci, CEO von weXelerate, und Martin Giesswein, Mitgründer des Wiener Talent Garden, auf den Zahn gefühlt und wollten unter anderem wissen, wie sie zueinander und zu anderen Playern im Ökosystem stehen. Das volle Video gibt es hier zu sehen:
Was kann der jeweils andere besser als man selbst?
Hassen Kirmaci, weXelerate: “Talent Garden ist ein internationales Unternehmen mit vielen unterschiedlichen Standorten. Da können wir mit unserem einzigen Standort in Wien sicher nicht mithalten. Wenn jemand in Wien arbeitet, kann er auch in Barcelona oder Mailand in einem Talent Garden arbeiten, das können wir zum derzeitigen Stand nicht bieten.”
Martin Giesswein, Talent Garden: “Es sind mehrere Dinge, die bei weXelerate wirklich sehr gut sind: Das eine ist Hassan selber, den ich für sein Engagement in und für Wien sehr schätze. Und ihr habt ein international erprobtes Modell, weil ihr euch viel angeschaut habt. Ihr habt natürlich viele Partner an Bord geholt. Und ihr habt noch einen Riesenvorteil: Ihr habt ein Gebäude.”
Was ist mit der geplanten Immobilie von Talent Garden passiert?
Martin Giesswein, Talent Garden: “Wir haben festgestellt, dass der Umbau möglich, aber sehr sehr teuer ist. Deswegen haben wir uns dazu entschließen müssen, eine Alternative zu suchen.”
Gibt es Bestrebungen, weXelerate oder Talent Garden in andere Bundesländer zu bringen?
Hassen Kirmaci, weXelerate: “Es kann nicht genug solcher Projekte geben. Es sollte einen Talent Garden in Linz, in Graz geben. Wir haben Fachhochschulen, Universitäten, aber es fehlt dieser Layer. Es gibt einen riesigen Gap zwischen Jungunternehmen und Corporates. Da können wir uns viel von anderen Hubs abschauen. Wir können die Innovations-Frequenz in Österreich noch deutlich erhöhen.”
“Es gibt aber keine Regionalisierungsstrategie von weXelerate. Wir wollen uns nicht innerhalb von Österreich ausbreiten. Im Gegenteil: wir wollen ausländische Startups nach Wien holen. Wir sollten keine Konkurrenz schüren. Das Ökosystem hier sollte sehr geschlossen, sehr eng, sehr kooperativ miteinander umgehen. Wenn man Österreich mit anderen Standorten vergleicht, sollte es vier weXelerate und fünf Talent Gardens geben. ”
Martin Giesswein, Talent Garden: “Es funktioniert immer alles im Ökosystem. Es geht darum, die Sachen zu machen. Man kann das Erstarken der Regionen ja schon sehr gut beobachten. Letzte Woche war der Nabel unserer kleinen Welt in Graz beim Fifteen Seconds. Kommende Woche werden Süd- und Nordpol über Linz zusammenfliessen, wenn factory300 eröffnet. In Salzburg macht Romy Sigl tolle Sachen. Wir haben Top-Startups in St. Pölten, in Tirol. Es ist schön, wenn sich jemand dazu entscheidet in Wien zu arbeiten. Wenn wir überall gute Infrastruktur in Österreich haben, ist es gleichgültig, wo jemand arbeiten möchte.”
Die FPÖ hat sich vor einigen Monaten an der Rolle von Eveline Steinberger-Kern festgebissen und weXelerate als ein Projekt von “Herr Kern für Frau Steinberger-Kern” bezeichnet. Es gab keine klare Antwort von eurer Seite. Welche Rolle spielt sie denn konkret?
Hassen Kirmaci, weXelerate: “Eveline Steinberger-Kern nimmt unterschiedliche Rollen bei uns ein. Sie ist Beirätin. Sie vernetzt uns mit Startups, Corporates, Verbänden. Sie ist meine Sparringpartnerin. Es ist enorm hilfreich, von ihrem Netzwerk und ihrer Erfahrung zu profitieren. In ihrer Rolle als Beirat ist sie ein perfektes Beispiel dafür, wie wir uns verstehen. Diese Bündelung an Knowhow und Netzwerk. Wenn wir Ressourcen zusammenbringen, dann können wir nicht nur Wertschöpfung von Startups in Wien stärken und dafür sorgen, dass sie eben nicht ins Ausland gehen. Unser Beirat hat geholfen, dass wir enorm viele Mentoren um uns scharen können. Wir haben Mentoren von N26, Google, aber auch von Corporates. Wenn wir das jedem Startup mit auf dem Weg geben können, dann haben wir unsere Vision erfüllt.”
Martin Giesswein, Talent Garden: “Die Nähe zur Community ist wichtig, nicht zur Politik. Die Solopreneuers, die Designer, die Digitals haben eine neue Welle an selbstbewussten Menschen geschaffen, die ihr eigenes Ding machen wollen. Ich war 20 Jahre in Konzernen. In den letzten vier Jahren bin ich zu einem digitalen Nomaden geworden. Es wird eine Einschränkung für mich, dass ich wieder im Campus arbeiten muss. Wir brauchen in Österreich mehr Menschen, die einfach machen. Das ist wichtiger als jede Verlautbarung von Funktionären oder Politikern.”