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Sexismus & Bro Culture: „Wenn mehr Frauen gründen, dann etabliert sich ein anderes Klima“

Romy Sigl (CoWorking Salzburg), Bernhard Lehner (startup300) und Stefanie Kurzweil (Semicolon Relations). © Sigl/startup300/Kurzweil/Montage Trending Topics
Romy Sigl (CoWorking Salzburg), Bernhard Lehner (startup300) und Stefanie Kurzweil (Semicolon Relations). © Sigl/startup300/Kurzweil/Montage Trending Topics
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Romy Sigl von CoWorking Salzburg ist extra aus Salzburg angereist, um gemeinsam Stefanie Kurzweil (PR für die Austrian Angel Investors Association und Female Founders) und Bernhard Lehner vom Business-Angel-Netzwerk startup300 bei „Trending Talks“ über die Bro Culture, Sexismus und den Frauenanteil in der österreichischen Startup-Szene zu diskutieren. Ausgangspunkt der Gesprächsrunde: Die Vorfälle im Silicon Valley bei Uber, eine Studie über sexuelle Belästigung in der deutschen Startup-Branche und unser Artikel darüber, dass diese Themen auch ein Problem in der österreichischen Szene darstellen.

Das Video gibt es hier zu sehen:

Was ist die Bro Culture?

Stefanie Kurzweil, Semicolon Relations: Der Begriff kommt aus der Soziologie und beschreibt das Phänomen, dass Männer gleicher Gesinnung und gleicher Wertevorstellungen, ähnlicher Denk- und Sprachmuster eine – von außen betrachtet – homogene Gruppe bilden. Einerseits schafft das eine Inklusion: Also, wer passt, gehört dazu. Andererseits der Exklusion: Wer anders denkt und sich anders verhält, wird ausgegrenzt. Die Bro Culture ist eine Subkultur, in der männliche Werte besonders hochgehalten werden: Machtstreben, Ehrgeiz, Machertum. Münzt man das auf die Startup-Szene um, dann hat man eine männliche Gründerkultur, die genau auf diesen Werten aufbaut und alles ausschließt, was anderer Ansicht ist. Das betrifft Frauen, genauso aber Männer, die andere Werte vertreten. Diese Kultur hat sich nicht nur etabliert, sondern sie dominiert.

Warum mutet startup300 so martialisch an?

Bernhard Lehner, startup300: Wir haben uns bei der Gründing und der Namensgebung nicht mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wir wurden völlig von der Euphorie des Moments getragen. Wir haben nach etwas gesucht, woraus wir eine Marke bauen konnten. Ohne viel nachzudenken sind wir auf den Film ‚300‘ gekommen, den wir beide super finden. Da steckt viel drinnen, was wir als Geschichte mitnehmen können. Der Film ist sehr martialisch. Wir wollten damit nicht polarisieren, sondern die Werte, die wir in den Film interpretieren, weiter transportieren: Professionalität, Leidenschaft, Vertrauen. Ja, es hat martialische Auswirkungen, aber wir haben das spielerische Element in den Vordergrund gestellt.

Was sind die Ursachen?

Romy Sigl, CoWorking Salzburg: Es gibt in dieser Situation nicht die Guten und die Bösen, die Opfer und die Täter. Wir werden in einer Gesellschaft sozialisiert, in der jeder mit anderen Erlebnissen aufwächst. Aufgrund dieser Erlebnisse ergibt sich dann das individuelle Verhalten. Deshalb finde ich solche Diskussionsrunden extrem wichtig, weil man die Dinge gemeinsam reflektiert und nicht nach den Schuldigen sucht.

Stefanie Kurzweil: Wir wachsen mit Rollenbildern auf, die sehr stark auf unsere Geschlechter bezogen sind. Deshalb bilden sich Attribute heraus, die klar zu einem Gender zugeordnet werden. Wir müssen generell eine klare Linien ziehen zwischen Bro Culture, verbaler sexueller Belästigung und sexuellen Übergriffen.

Bernhard Lehner: Es geht um die unterschiedliche Wahrnehmung. Wenige machen das aus böser Absicht. Für mich und für viele andere Männer kann ich das behaupten: Wir wollen nicht ausgrenzen. Ich fühle mich sehr wohl, wenn es ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern gibt; in jeder Art der Organisation. Die Teams funktionieren dann einfach besser. Die beiden Geschlechter haben unterschiedliche Eigenschaften und das ist nur gewinnbringend für beide Seiten. Es geht um den respektvollen Umgang. Das ist der grundsätzliche Zugang. Bei Startup300 haben wir trotz Bro-Attitüde eine 50:50-Quote. Wir gründen den nächsten Teilbereich aus und verhandeln da ausschließlich mit Frauen. Das passiert nicht auf irgendeinen Druck hin, sondern nur aus Kompetenzgründen.

Zu Beginn hatten wir 86 Gesellschafter, darunter waren drei Frauen. Wir haben wirklich versucht Frauen zu finden. Wir haben bewusst gesucht und niemanden gefunden. Wir leben in einer Zeit, in der viel Geld in der Hand von Männern ist. Deshalb sind es auch die ersten, die in so eine Business-Angel-Kultur kommen. Es gibt jetzt schon die ersten Gründerinnen, die einen Exit hingelegt haben, und normalerweise geht dieses Geld auch wieder in Startups. Das wird in der Zukunft zu mehr Weiblichkeit in der Business-Angel-Szene führen.

Machtverhältnis zwischen Investoren und Gründerinnen?

Romy Sigl: Nach dem komischen Erlebnis auf einer Podiumsdiskussion habe ich mich abgegrenzt. Ich kannte meine Themen und wollte die durchziehen. Andere Frauen würden sich vielleicht kleinkriegen lassen. Ich war selbst über mich erschrocken, dass ich mich nicht gewehrt habe. In einem Startup arbeitet man normalerweise rund um die Uhr, dann fallen Termine oft auf das Wochenende. Dann vermischen sich die Termine zwischen Business und privat. Es gibt auch zwischen Investoren und Founderinnen ein Machtgefälle, das problematisch ist.

Stefanie Kurzweil: Diskriminierung passiert meist nach unten oder auf gleicher Ebene. Wenn mehr Frauen gründen, dann etabliert sich ein anderes Klima, das solche Übergriffe nicht mehr abtut. Die Gender-Rollen im Startup-Ökosystem werden sich in Zukunft drastisch verändern. Sie ändern sich in der ganzen Gesellschaft.

Romy Sigl: Die Gefahr ist, dass sich ein Klima entwickelt, in dem Investoren Sorge haben, in weibliche Startups zu investieren, weil sie diesen Problemen aus dem Weg gehen wollen. Die Wahrnehmung der Menschen ist so unterschiedlich. Genauso sind es die zwischenmenschlichen Beziehungen. Der eine sieht es als Affront, der andere als Schmäh. Aber je mehr wir darüber reflektieren, desto offener kann man über Sexismus sprechen.

Weiblicher Nachwuchs

Bernhard Lehner: Wenn ich mir die Studien für die Zukunft anschaue, dann sehe ich schwarz. Tendenziell haben Gründer eine technische Ausbildung. Mein jüngster Sohn geht gerade in eine HTL in Leonding. Von 32 Schülern gibt es 5 Frauen. Man muss zwei Schritte zurück gehen und die Grundlagenaufgabe lösen, wie wir mehr Frauen in technische Ausbildungen bekommen.

Stefanie Kurzweil: Gender-Rollen sind in der Sozialisierung erlernt. Sie sind kulturell bedingt. In Österreich haben wir eine sehr konservative Kultur. Da sind ganz andere Ebenen gefordert. Das fängt dort an, wo Mädchen Puppen bekommen und Buben einen Lego-Technik-Kasten. Da werden noch einige Generationen vergehen, bis wir dort zu Ergebnissen kommen. Mit Gewalt diesen Wechsel herbeizuführen, führt zu gar nichts. Das muss sich gesellschaftlich entwickeln.

Braucht es einen „Code of Conduct“?

Stefanie Kurzweil: Die aaia will im Herbst einen Code of Conduct veröffentlichen, der den gemeinsamen Umgang miteinander geregelt ist. Auch die Female Founders planen ähnliches. Ein Regelwerk kann eine Richtung vorgeben, aber diese Regeln müssen auch gelebt werden. Es muss weibliche Multiplikatoren geben, die Sexismus thematisieren.

Romy Sigl: Es ist ein guter theoretischer Unterbau. Es ist auch schön, wenn man die Zivilcourage hat, wenn man andere Menschen in Schutz nimmt und den Mumm hat und das auch anspricht.

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