Taxonomie: EU-Ausschüsse stimmen gegen „grüne“ Einstufung von Atomkraft und Gas
Bereits knapp vor dem Jahreswechsel gab es heuer den ersten großen Knall – zumindest symbolisch. Am Abend des 31. Dezember versendete die EU-Kommission ihren Entwurf für einen ergänzenden delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung, laut dem Investitionen in Atomkraft und Erdgas als nachhaltig eingestuft werden sollen. Im Februar folgte die finale Fassung.
Während Österreich bereits von Klage sprach, könnte sich jetzt vielleicht nun doch noch alles ändern. Denn heute stimmten der Umweltausschuss zusammen mit dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments für eine gemeinsame Resolution, die sich gegen den delegierten Rechtsakt der EU-Kommission unter der Taxonomie-Verordnung ausspricht.
Am Ende stand es 76 Stimmen zu 62 Stimmen bei vier Enthaltungen gegen eine „grüne“ Einstufung der genannten Energiequellen. Fix ist damit allerdings noch nichts. Die dafür notwendige Abstimmung im Plenum des Parlamentes wird Anfang Juli stattfinden. Sollte sich eine absolute Mehrheit der Parlamentarier:innen gegen die Einstufung der EU-Kommission entscheiden, muss diese den Vorschlag zurückziehen oder ändern.
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Nicht grundsätzlich dagegen
Wie das Europäische Parlament in einer Aussendung angibt, würden die Abgeordneten „die Rolle von Kernenergie und fossilem Gas bei der Gewährleistung einer stabilen Energieversorgung während des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft“ anerkennen. Allerdings seien sie der Ansicht, dass die von der Kommission vorgeschlagenen „Technical Screening Standards“ nicht den Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten entsprechen würden, wie sie in Artikel 3 der Taxonomie-Verordnung festgelegt seien. Zudem fordern sie, dass alle neuen oder geänderten delegierten Rechtsakte einer öffentlichen Konsultation und Folgenabschätzung unterzogen werden sollten, da sie „erhebliche wirtschaftliche, ökologische und soziale Auswirkungen haben könnten“.
Mit der Taxonomie-Verordnung sollen Investitionen in grüne Technologien gefördert werden. Mithilfe dieses Klassifizierungssystems sollen Zukunftstechnologien, welche zur Erreichung des European Green Deals und der Klimaziele notwendig sind, den notwendigen finanziellen Rückenwind erhalten.
Reaktionen
Die österreichische Politik zeigt sich derweil erfreut über das Ergebnis. Als „wichtige Weichenstellung“ bezeichnete der freiheitliche EU-Abgeordnete Roman Haider die heutige Abstimmung. Atomenergie sei nicht klimaneutral, so Haider. Auch die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon zeigte sich erfreut über das Ergebnis und gab an, dass es „dringend eine verlässliche Referenz für die Finanzwelt“ brauche, um die Finanzierungslücke für den Kampf gegen den Klimawandel schließen zu können.
Von Erleichterung sprach derweil Martin Litschauer, Anti-Atomenergiesprecher der Grünen, auch wenn er sich ein „eindeutigeres Ergebnis“ gewünscht hätte. Auch die SPÖ-Abgeordneten Evelyn Regner und Günther Sidl begrüßten die heutige Entscheidung einerseits mit der Begründung des Klimaschutzes, anderseits aber auch wegen der aktuellen geopolitischen Lage bezüglich des Krieges in der Ukraine und den Folgen auf die Energieversorgung. Energieversorgung sei politischer denn je, so die Politiker:innen.
Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich begrüßte das aktuelle Veto der Abgeordneten des Umwelt- und Wirtschaftsausschusses im EU-Parlament in einer Aussendung und nannte die Entscheidung einen „wichtigen Etappensieg“.