Analyse

Tech-Bosse vor dem US-Kongress: Leichter Liebesentzug und planlose Abgeordnete

Die CEOs von GAFA. © Amazon, Google, Apple & Facebook, Montage Trending Topics
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Gestern Abend mussten die Chefs von Google, Apple, Facebook und Amazon (kurz: GAFA) zum Rapport. Alle vier CEOs, also Sundar Pichai, Tim Cook, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos, mussten per Videocall vor dem US-Kongress aussagen. Corona lässt grüßen. Das bestimmende Thema: Die Marktmacht der vier Unternehmen. Die Anhörung geizte aber auch nicht mit Skurrilitäten.

Wer sich an die Auftritte von Mark Zuckerberg aus den Jahren 2018 und 2019 erinnert, weiß, wie unfreiwillig komisch ein derartiger Kongress ausfallen kann. Damals entstanden nicht nur einige bis heute aktuelle Memes, es wurde auch klar, wie wenig Ahnung die Abgeordneten von der Thematik haben. Daran hat sich seit der Anhörung von Zuckerberg nichts geändert. Die Abgeordneten waren inhaltlich falsch unterwegs (einer verwechselte Facebook mit Twitter), beschwerten sich über angebliche Zensur und hatten generell überwiegend das Wort.

Show statt Anhörung

Das mag bei einer Anhörung vor dem US-Kongress reichlich eigenartig erscheinen, immerhin sollte es ja darum gehen, Antworten zu bekommen. Vorrangigstes Ziel war das eher nicht, nicht nur Sundai Pichai zeigte sich häufiger leicht genervt von ständigen Unterbrechungen und teils wirklich unsinnigen Fragen. Angemerkt sei an dieser Stelle allerdings, dass es von Beginn an nicht realistisch war, irgendwas auch nur annähernd „aufzudecken“. Die ganze Show dauerte rund fünfeinhalb Stunden, das wären pro CEO nicht einmal eineinhalb Stunden Sprechzeit – und das auch nur, wenn die Abgeordneten nur zuhören. Genau das taten sie aber am allerwenigsten. Wie die Welt berichtet, verließen einige Abgeordnete den Raum, gleich, nachdem sie ihre Frage gestellt hatten. Die Antwort? Offensichtlich kaum von Interesse. Der Vorsitzende Cicilline reihte sich da nahtlos ein, unterbrach Zuckerberg und Co und machte auch ansonsten nicht den Eindruck, hier wirklich etwas bewegen zu wollen. US-Medien sehen das übrigens ähnlich.

217 Fragen in fünfeinhalb Stunden

Und inhaltlich? Die große Show war die Anhörung nur an der Oberfläche, tiefgreifendere Themen wurden kaum angegriffen – beziehungsweise schafften es die vier Chefs, unangenehmen Fragen auszuweichen. Auch das, weil die Abgeordneten mehr mit sich selbst als der Thematik beschäftigt waren. Aber fassen wir kurz zusammen: 217 Fragen wurden insgesamt gestellt, bei einer Laufzeit von genau fünf Stunden und 29 Minuten. Den souveränsten Eindruck hinterließ neben Pichai Jeff Bezos, der sich durchaus charmant präsentierte und zumindest versuchte, die Fragen entsprechend zu beantworten. Spannendster Satz: Er könne nicht garantieren, dass einzelne Richtlinie nie gebrochen worden sind. Die Frage bezog sich darauf, ob Amazon Nutzerdaten analysiere, bevor Entscheidungen getroffen werden. Bezos wusste aber immerhin, dass das verboten ist. Der Vorwurf an Amazon: Beliebte Artikel selbst herzustellen und anderen Herstellern damit das Wasser abzugraben.

Facebook: Zu viel Marktmacht

Die Vorwürfe an Zuckerberg sind bekannt: Facebook habe zu viel Marktmacht und kaufe andere Unternehmen vorrangig auf, um die Konkurrenz klein zu halten. In einem Satz: Zuckerberg bestritt die Vorwürfe. Das auch, als ihm E-Mails vorgelegt wurden, in denen er selbst Instagram als „Bedrohung“ bezeichnete. Die Mail stammt aus dem Jahr 2012, wirkliche Nachfragen gab es aber auch hier nicht. Zuckerberg verteidigte sich und Facebook unter anderem damit, dass China ein eigenes Internet aufbaue und das künftig auch exportieren wolle.

Google und Apple gegen China

Bei Google lauteten die Vorwürfe ähnlich, der Webriese habe vor allem auf dem Werbemarkt zu viel Macht. Das habe zur Folge, dass sich andere Anbieter nicht mehr durchsetzen können, hieß es. Außerdem kopiere Google Funktionen und Tools. Sundar Pichai ließ das recht kalt, man merkte ihm lediglich an, von den vielen Unterbrechungen genervt zu sein. Es gebe genügend Alternativen zu Google, versuchte er sich zu rechtfertigen. „Wir legen bei uns die höchsten Maßstäbe an“, erklärte er. Noch unspektakulärer verlief die Befragung von Tim Cook. Er erklärte, was Apple mache, würden alle machen und brachte ebenfalls die vielen Alternativen ins Spiel. Der Vorwurf an Apple lautete, zu hohe Gebühren von App-Anbietern zu verlangen und Apps aus dem Store zu entfernen, um eigenen Lösungen einen Vorteil zu verschaffen. Auch Cook warnte vor der Konkurrenz aus China, namentlich Huawei.

US-Kongress: Gute Show, wenig Erkenntnisse

Was bleibt von diesen fünfeinhalb Stunden? Auf jeden Fall ein Novum, immerhin saßen die „Fab Four“ noch nie gemeinsam vor dem US-Kongress. Außerdem viele gute Bilder und die (abermalige) Erkenntnis, dass die Abgeordneten in anderen Lebenswelten operieren. Mitunter waren deren Auftritte sehr weit weg von der Lebensrealität. Zusammengefasst also: Auch wenn sich die USA schön langsam von den großen Herstellern abwenden, so schnell wird sich an der aktuellen Situation wohl nichts ändern. Dafür braucht es mehr als Show. Aber: Die Befragung könnte weiteren Befragungen Tür und Tor öffnen – und auf lange Sicht vielleicht als Wegbereiter für mehr Regulierungen gelten. Bis dahin muss aber noch viel passieren.

+++Big Tech: GAFA und ihr „Big Tobacco“-Moment+++

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