TeleDoc: Der 3-Millionen-Euro-Deal für das Wiener Digital-Health-Startup
Mit Grippe zum Arzt – wer das schon einmal hinter sich gebracht hat, weiß, wie unangenehm es sein kann, sich mit Fieber und Schnupfen in das Wartezimmer zu setzen. Seit sich das Coronavirus weltweit verbreitet hat, ist das ohnehin nicht mehr möglich – oder zumindest maximal rücksichtslos. In zahlreichen Staaten dieser Welt ist es durchaus schon üblich, auch den Arzt oder die Ärztin digital zu kontaktieren. Österreich hängt da noch etwas hinterher – mit TeleDoc gibt es aber ein Startup, dass genau dieses Problem in Angriff nehmen will. Allerdings stehen die Regularien hierzulande den Plänen entgegen.
TeleDoc: „Technik und medizinisches Fachwissen verknüpfen“
Hinter TeleDoc steht laut eigener Aussage „ein ambitioniertes Team, dem es ein Anliegen ist, Ärzte professionell bei ihrer Beratung zu unterstützen und Patienten die besten Leistungen zu ermöglichen“. Dabei sollen „die Technik moderner Medien mit medizinischem Fachwissen verknüpft“ und „Fragen in Echtzeit und punktgenau beantwortet“ werden. Über Videoanruf auf TeleDoc sollen Patienten künftig „rasch und kompetent“ ärztliche Auskunft erhalten. Ähnliche Konzepte gibt es mit drd (Trending Topics berichtete) und Lilo Health.
Die TeleDoc Holding GmbH wurde 2020 gegründet und hat ihren Sitz im zehnten Wiener Gemeindebezirk. Vier Gesellschafter gibt es derzeit, Christian Brandstetter hält rund 37 Prozent, sein Sohn Florian Brandstetter 22 Prozent. Florian Brandstetter: „Mein Vater kommt aus dem Versicherungsbereich und ich habe mich bereits während meines Finance- und Business-Studiums mit meinem Vater für diese Idee begeistert.“ Drei Millionen Euro konnte das Startup Anfang des Jahres bereits einsammeln, in medialer Hinsicht ging das damals aber unter. Investiert ist zudem die VIVECA Beteiligungen GmbH, eine hundertprozentige Tochter der LVP Holding GmbH, die wiederum der Vienna Insurance Group AG gehört. Der vierte Gesellschafter ist die Blue Rock Capital GmbH.
Österreich hinkt hinterher
Dabei gibt es das Unternehmen bereits ein paar Jahre. „Wir haben bereits 2017 den medizinischen Anbietermarkt analysiert und sind 2018 zum Ergebnis gekommen, dass genau so eine Plattform in (Ost-)Europa fehlt“, erzählt Brandstetter. Auf dieser Region liege auch der Fokus: „Das System ist derzeit in Albanien, Bulgarien, im Kosovo, in Rumänien und bald auch in Ungarn im Einsatz. Neue Länder bis Ende des Jahres sind die Ukraine und die Slowakei.“ Mit Telemedi.co holte sich erst im Februar ein polnisches Health-Startup Kapital aus Österreich.
Österreich hinke dem kontinentalen Osten hingegen hinterher. Warum ist das so? Brandstetter: „In Österreich fehlt ein Vergütungsmodell des Sozialversicherungssystems für die privaten TeleHealth-Anbieter. So verdrängt man diese fast vollkommen vom Markt, da sie nicht durch die Sozialversicherung gedeckt sind. In Deutschland gibt es dieses Modell und Telemedizin ist stark im Kommen. Hier herrscht eindeutig Nachholbedarf in Österreich.“
Anzumerken sei außerdem, dass es in Österreich „um die 100 Gemeinden“ ohne Arzt gibt. Bereits 2019 warnte eine Studie des Berliner IGES Instituts und des Forschungsinstituts für Freie Berufe der Wirtschaftsuniversität Wien vor einem „eklatanten Ärztemangel“ sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Spitälern. Florian Brandstetter hofft allerdings, dass der Staat hier noch umschwenkt: „Sollte sich etwas in diese Richtung tun – etwa ein Tarifmodell der ÖGK für private TeleHealth-Anbieter – dann würde auch Österreich ein großes Potential haben.“
Politik am Wort
Für TeleDoc soll es aber auch so weiter aufwärts gehen. „In fünf Jahren sehen wir uns als Marktführer in den CEE- und SEE-Ländern. Wir arbeiten derzeit an einigen großen Verträgen mit internationaler Reichweite sowie an unserer Online-Praxis für Fachärzte und an einer ‚Find me a Doc‘-KI, die den richtigen Arzt anhand bestehender Symptome findet.“ Bleibt nur abzuwarten, ob die künftigen Features – und die Telemedizin im Allgemeinen – auch hierzulande reüssieren können. Am Wort scheint die Politik zu sein. Eine Anfrage von Trending Topics liegt bereits beim Gesundheitsministerium.
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