Temu: Skurriles „Billig-Shoppingcenter“ als beliebteste Gratis-App
Ob Kleidung, Werkzeuge, Decken, Taschen, Spielzeuge, Autozubehör oder Schmuck – bei Temu, dem neuesten Stern am Gratis-App-Himmel, scheint jedes Produkt verkauft zu werden, das auch in einem gigantischen Shopping-Center erhältlich wäre. Nicht nur diese unfassbare Menge an Produktkategorien, sondern auch eine Flutwelle an Sonderangeboten sollen Kund:innen zum Kauf verleiten. Dass Temu existiert, müssten mittlerweile übrigens alle mit Social Media-Account mitbekommen haben. Doch woher kommt die App, warum kann sie so viele unterschiedliche Waren auf einen Schlag anbieten und wie vertrauenswürdig ist sie?
Gerade die beliebteste Gratis-App
Bei TikTok, YouTube, Facebook und Twitter kann man Temu-Werbung gerade nur schwer entkommen. Der Marktplatz ist aktuell auf Platz 1 der beliebtesten kostenlosen Apps im deutschsprachigen Apple Store und übertrifft damit potenzielle Konkurrenten wie Shein und Amazon. Temu wurde im Herbst 2022 in den USA eingeführt und hat in den folgenden Monaten auch in Kanada, Australien, Neuseeland, sowie Mitte 2023 auch auf den europäischen Märkten Fuß gefasst. Oh, und surprise, surprise – Temu ist aus China!
Temus Werbeslogan „Shop like a Billionaire“ ist klarerweise vollkommen irreführend, da es sich ausschließlich um Billigware handelt. Als wäre das nicht schon genug, wird man beim Öffnen der App sofort mit unübersehbaren Sonderangeboten wie „BIS ZU 90% RABATT“ oder „ALLES UNTER 3 EURO“ erschlagen.
Was darf es sein – Lavendelbaum oder Sporthose?
Im Vergleich zu den meisten Shopping-Apps vermittelt Temu beim Betrachten der Kategorien nicht das Gefühl, dass es eine spezifische Zielgruppe oder einen bestimmten Produktschwerpunkt gibt. Vielmehr fühlt sich die App wie ein riesiges Einkaufszentrum mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Geschäften an. Die Kategorien umfassen Produkte aus den Bereichen Beauty, Haushalt, Kleidung, Büro- und Schreibwaren, Baby- und Mutterschaft, Smart Home oder Mobiltelefone.
Auf der Startseite fehlt jegliche Struktur. Die Produktkategorien sind wild durcheinandergewürfelt und erscheinen nebeneinander und untereinander. Beim Scrollen sieht man, zum Beispiel, Klebeband für 80 Cent, direkt daneben Hausschuhe für 3,78 Euro, eine Packung Stifte für 1,74 Euro, Sporthosen für 12,27 Euro und sogar einen künstlichen Lavendelbaum für 5,39 Euro.
Der Grund für die große Vielfalt an Produkten liegt darin, dass Temu die Artikel nicht selbst verkauft. Ähnlich wie bei eBay handelt es sich um eine Plattform, auf der verschiedene Händler:innen ihre Waren dort anbieten können. Das bedeutet aber, dass man nie genau weiß, bei welchen Händler:innen man letztendlich etwas bestellt.
Wem gehört Temu?
Für den Handel im deutschsprachigen Raum ist die Whaleco Technology Limited mit Sitz in Irland zuständig. Ihre Ursprünge hat die Whaleco Technology Limited aber in China bei der E-Commerce-Plattform Pinduoduo. Sie gehört dem Milliardär Colin Huang, einem Chinesen, der in den USA studiert und unter anderem für Microsoft und Google gearbeitet hat. Nach seiner Rückkehr nach China gründete Huang einen Internetversandhandel für landwirtschaftliche Produkte. Pinduoduo dient sowohl als Großhandelsplattform für landwirtschaftliche Betriebe, um ihre Produkte zu verkaufen, als auch als eine Art Shopping-Club für eine breite Palette von Warenkategorien.
Kann man der Billig-Shopping-App trauen?
Temu gilt tatsächlich ein seriöser Online-Shop. Naja, zumindest handelt es sich um keinen Fake-Shop. Wer etwas bestellt, erhält (meistens) auch die Artikel. Es ist jedoch ratsam, bei der Nutzung von Temu vorsichtig zu sein, ähnlich wie bei anderen chinesischen Anbietern. Temu funktioniert nämlich ähnlich wie Wish oder AliExpress, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Die größten Vorteile liegen ganz klar in der breiten Auswahl an verschiedenen Produkten und den günstigen Preisen.
Da Temu die Artikel jedoch nicht direkt verkauft, sondern als Plattform für verschiedene Händler:innen arbeitet, erfährt man als Kund:in nie, woher die Ware stammt und welche Qualität man demnach erwarten kann. Ein weiterer Punkt ist der Versand, der aus der Ferne erfolgt. Das führt zu längeren Lieferzeiten und zusätzlichen Kosten wie Zoll- und Service-Gebühren. Es gibt außerdem Berichte von Nutzer:innen, die vergeblich auf ihre Produkte gewartet haben, wie auf Trustpilot zu lesen ist. Es kann auch vorkommen, dass die gelieferten Artikel von der Beschreibung abweichen, zum Beispiel in Bezug auf Farbe oder Passform.
All in all scheint Temu nur ein neuer Anbieter zu sein, der bekannten Mustern folgt. Das Unternehmen setzt intensiv auf Social Media Marketing über Plattformen wie TikTok, Instagram, Facebook und andere, um eine große Zielgruppe anzusprechen. Zusätzlich locken äußerst attraktive Preise potenzielle Kunden an.