Tether: Die kontroverse Bitcoin-Pumpe
Bitcoin dominiert den Markt – mittlerweile macht die Marktkapitalisierung von BTC fast 70 Prozent des gesamten, an Exchanges gehandelten Kryptowährungen aus. Doch beim Handel mit Cryptos an Exchanges gibt es eine Ausnahmeerscheinung: An manchen Tagen werden mehr Tether (USDT) getradet als Bitcoins. Vor allem dann, wenn die Kurse von Bitcoin und Co stark wachsen oder stark fallen, dann greifen Trader zu Tether. Aber warum?
Trending Topics und das Wiener Startup Coinpanion, das auf das automatische Traden von Kryptowährungen an Börsen spezialisiert ist, beantworten die wichtigsten Fragen rund um Tether.
Was ist Tether?
Tether wurde ursprünglich 2014 unter dem Namen „Realcoin“ von einem Startup der Gründer Brock Pierce, Reeve Collins und Craig Sellars in Santa Monica in die Welt gesetzt. Bald wurde „Realcoin“ auf Tether unbenannt und bekam das Kürzel USDT, unter dem Tether an Krypto-Börsen gehandelt wird. Die Grundidee ist, dass Tether ein Stablecoin sein soll, der nicht der Volatilität anderer Kryptowährungen unterliegt und an den US-Dollar gekoppelt ist.
Wozu wird Tether verwendet?
„Tether ermöglicht den schnellen Tausch von einem Krypto-Asset (z.B. Bitcoin, Ether etc.) in ein traditionelles Asset (z.B. US-Dollar, Euro etc.), ohne dass man das die Krypto-Börse verlassen muss“, sagt Alexander Valtingojer von Coinpanion. „Ein Stablecoin ist ein Krypto-Derivat: die Abbildung eines Basiswerts in Form eines Tokens.“
„Tether wird vor allem im Trading-Bereich verwendet, um Kursgewinne von volatilen Kryptowährungen in weniger volatilen Assets zu sichern“, so Valtingojer weiter. Die intensive Nutzung von USDT sieht man immer dann, wenn die Kurse von Bitcoin plötzlich schnell zu steigen oder sinken beginnen. Bei steigenden Kursen Investoren USDT in BTC, ETH oder andere Krypto-Assets, um schnell an den Kursgewinnen zu partizipieren. wenn die Kurse wieder sinken, dann wechseln sie zurück in USDT.
Wie funktioniert Tether technisch?
Der Firma hinter Tether zufolge werden USDT-Token auf der Bitcoin-Blockchain über das Omni Layer Protocol, auf der Ethereum-Blockchain als ERC20-Token und auf der TRON-Blockchain als TRC20-Token verwendet.
„Tether Token können nicht gemined werden, sondern werden von der dahinterliegenden Firma mittels eigenen Smart Contract ausgegeben“, sagt Valtingojer. „Ursprünglich wurden Tether Token über das Omni Layer Protocol betrieben. Nun werden diese über die Ethereum und seit kurzem auch über die TRON-Blockchain generiert.“
Wer steckt hinter Tether?
Die Firmen-Netzwerke hinter dem Stablecoin sind sehr kontroversiell. Die ausgebende Firma von Tether ist die Tether Limited, wiederum eine 100-Prozent-Tochter der Tether Holdings Limited, die in Hongkong sitzt. Als CEO fungiert Jan Ludovicus van der Velde.
Es gibt aber auch Verflechtungen mit dem Unternehmen iFinex, das wiederum die Krypto-Börse Bitfinex betriebt. Diese hat als erstes den Handel mit Tether ermöglicht. Jan Ludovicus van der Velde ist auch gleichzeitig CEO von Bitfinex. Tether hat Bitfinex unter anderem auch Geld geborgt. Die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft hat im April 2019 Ermittlungen gegen die Firmen aufgenommen.
„Unsere Untersuchung hat ergeben, dass die Betreiber der Handelsplattform Bitfinex, die auch die virtuelle Währung Tether kontrollieren, sich an einer Vertuschung beteiligt haben, um den offensichtlichen Verlust von 850 Millionen Dollar verschleiern“, heißt es seitens Generalstaatsanwältin Letitia James.
Wer hält Tether?
Rund 80 Prozent aller Tether-Token befinden sich in Besitz von ca. 300 Adressen. Das hat eine Analyse von Coin Metrics ergeben. „Dies ist aber nicht ungewöhnlich, da Tether vor allem auf zentralisierten Krypto-Börsen, wie z.B. Binance verwendet wird“, sagt Valtingojer von Coinpanion. „Dort hat man als User kein eigenes Wallet und der Besitz der Token wir Off-Chain von den Krypto-Börsen verwaltet.“
Die Zentralisierung von Tether wird dennoch als kritisch gesehen, weil so die Gefahr besteht, dass mit Hilfe von USDT unter der Kontrolle von wenigen Investoren die Preise von Kryptowährungen gesteuert werden könnten. So ist eine Studie von Wissenschaftlern der University of Texas in Austin zu dem Schluss gekommen, dass der Höhenflug von Bitcoin Ende 2017 Ergebnis einer Marktmanipulation gewesen ist, bei der Tether zum Einsatz kam, um den Markt künstlich aufzupumpen.
Ist Tether wirklich durch Dollar gebackt?
Derzeit sind es etwa vier Milliarden USDT-Token im Umlauf, die man bei Tether oder auf Exchanges um jeweils einen Dollar kaufen kann. Das müsste bedeuten, dass die Firmen dahinter irgendwo vier Milliarden Dollar gelagert haben, um den Wert der virtuellen Token zu decken. Doch dem ist nicht so.
“Every Tether is always 100% backed by our reserves, which include traditional currency and cash equivalents and, from time to time, may include other assets and receivables from loans made by Tether to third parties, which may include affiliated entities (collectively, “reserves”).“
Im April 2019 etwa haben die Firmen hinter Tether angegeben, dass der Coin nur zu 74 Prozent durch Dollar in der Reserve gedeckt seien.
Ist Tether wirklich ein Stablecoin?
„Die Bezeichnung Stablecoin resultiert vor allem aus der Möglichkeit, die Tokens jederzeit äquivalent gegen US-Dollar tauschen zu können“. sagt Krypto-Experte Valtingojer. „Aufgrund von kurzfristig erhöhten Handelsaktivitäten und daraus resultierenden erhöhten Trading-Volumina kann es zu Divergenzen zwischen Angebot und Nachfrage kommen, weshalb dann Tokens für mehr oder weniger als ein US-Dollar getauscht werden. Am Ende ist auch der Tether-Markt Teil einer Börse, weshalb der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Beispielsweise können negative News zu erhöhten Abverkäufen führen und so den Preis drücken.“