Eigentlich müssten für Tether’s USDT in der EU heute die Lichter ausgehen. Eigentlich.
Eigentlich müssten heute, mit dem Inkrafttreten der Verordnung der Europäischen Union über Märkte für Kryptowerte, besser bekannt als MiCA, in der EU die Lichter ausgehen für den größten Stablecoin der Welt – uSDT von Tether.
Denn unter den neuen Regeln, die die „Wildwest-Ära auf den Kryptomärkten“ beenden soll, gibt es sehr klare Regeln unter anderem auch für Stablecoins. Wer so genannte sogenannte Asset-Referenced Tokens (ART) und E-Money-Tokens (EMT) herausgeben will, braucht eine Lizenz. Und Tether, das USDT herausgibt, hat keine Anstalten gemacht, sich eine Lizenz zu besorgen.
Damit ist klar, das USDT mit einem Marktvolumen von etwa 140 Milliarden Dollar die MiCA-Vorgaben nicht erfüllt. Und auch, dass die lizensierten Krypto-Anbieter (CASPs) USDT ihren Kunden in der EU nicht anbieten dürfen. Trotzdem aber hat sich am heutigen Montag ziemlich wenig geändert: USDT ist immer noch da und wird rege genutzt. Bei Bitpanda etwa gibt es USDT wie gewohnt.
Noch VASP oder schon CASP?
Der wesentliche Unterschied, wer noch weiterhin USDT anbieten kann, ohne Gefahr zu laufen, geltende Gesetze zu brechen, liegt in der Lizenz des Unternehmens. Bisher gibt es ja seit mehreren Jahren die so genannten VASPs (Virtual Asset Service Providers), die durch die nationalen Regulierungsbehörden wie etwa die FMA in Österreich beaufsichtigt werden.
MiCA wiederum bringt die so genannten CASPs, also Lizenzen für Crypto-Asset Service Provider. Im Branchensprech ist oft einfach von der MiCA-Lizenz die Rede. Für diese können sich Unternehmen in der EU seit einigen Monaten bewerben, jedoch laufen diese Zulassungsverfahren noch. In Österreich legt die FMA einen besonderen Fokus auf die Zulassungsverfahren für diese Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen. Sie müssen sehr strenge Vorgaben erfüllen, um CASP werden zu können.
„Anbieter, die Dienstleistungen wie Verwahrung, Tausch oder Beratung in Bezug auf Kryptowerte erbringen wollen, müssen nunmehr strenge Kriterien erfüllen. Dazu zählen ausreichende Eigenmittel, ein robustes Risikomanagement, angemessene interne Kontrollsysteme sowie transparente Informationen zu ihren Geschäftsmodellen. Die FMA wird in diesem Zusammenhang verstärkt darauf achten, dass die vorgeschriebenen Fit-&-Proper-Anforderungen an Eigentümer:innen, Geschäftsleiter:innen und sonstige Schlüsselfunktionen konsequent umgesetzt werden“, heißt es in einer Aussendung.
Grandfathering bis Ende 2025
Die aktuelle Situation ist also jene: Es gibt noch die alten VASPs, aber noch nicht die neuen CASPs. Für die VASPs, zu denen etwa Bitpanda, Coinfinity, 21bitcoin oder Trade Republic zählen, gelten aber noch die Übergangsregeln. Bis Ende 2025 gilt für VASPs so genanntes „Grandfathering“ – ein Begriff aus der Rechtswelt, der meint, dass ein rechtlicher Zustand auch dann unverändert bleibt, wenn sich die Gesetze ändern.
Bedeutet unterm Strich: Zwar gilt MiCA mit einem sehr klaren Verbot für E-Money-Token (also etwa ein Stablecoin wie USDT), aber 2025 können die alten VASPs (also auch Bitpanda) Token wie USDT so lange weiter anbieten, bis sie eine CASP werden – erst dann ist ihnen der Handel mit etwa USDT und anderen nicht zugelassenen E-Money-Token verboten. Die ESMA, also die European Securities and Markets Authority, hat festgestellt, dass für VASPs nicht die (strengeren) Regeln der CASPs gelten.
Wie Trending Topics in Erfahrung gebracht hat, wird Bitpanda bis auf weiteres deswegen USDT weiterhin anbieten und nicht aus dem Programm nehmen. Coinbase bzw. die Europa-Tochter des börsennotierten US-Krypto-Unternehmens, hat sich anders entschieden: Coinbase nimmt für EU-Nutzer:innen USDT sowie die anderen Stablecoins PAX, PYUSD, GUSD, GYEN und DAI aus dem Angebot und setzt vor allem auf den USDT-Konkurrenten USDC. Auch Binance oder Bitstamp haben für Tether-Stablecoins das Angebot zurückgefahren.
Die Interessen hinter den führenden Stablecoins
Das passiert vor einem interessanten Hintergrund. USDC wird vom US-Unternehmen Circle herausgegeben. Circle hat sich in der EU in Frankreich eine Lizenz als E-Geld-Institut von der französischen Bankenaufsichtsbehörde ACPR geholt und bietet damit USDC legal in der EU an. USDC wurde ursprünglich über das Centre Consortium herausgegeben, das von Circle und Coinbase 2018 gegründet wurde. 2023 wurde dieses abgeschafft, und stattdessen hat Coinbase einen Anteil an Circle erhalten – und ist somit direkt involviert und natürlich interessiert daran, dass USDC weiter verbreitet wird und USDT Marktanteile abnimmt.
Währenddessen ist auch klar, dass Tether als Herausgeber von USDT kein Interesse daran hat, sich MiCA zu unterwerfen. Denn MiCA verlangt von Unternehmen unter anderem, dass dass 60 % der Reserven zur Deckung eines Stablecoins in risikoarmen, von Banken gehaltenen Vermögenswerten liegen müssen. USDT ist aber deswegen eine Geldmaschine, weil Tether jene Dollar, die seine Kunden gegen USDT eintauschen, anlegt, und zwar etwa in US-Staatsanleihen oder Geldmarktfonds, teilweise auch in Bitcoin.
Tether ist eine Geldmaschine mit Zukunftsplänen
Das wirft Zinsen und Rendite ab, und zwar massiv. Wie berichtet, hat Tether 2024 laut CEO Paolo Ardoino einen Gewinn von satten zehn Milliarden Dollar erwirtschaftet. Tether, ein undurchsichtigen Netzwerk zwischen Hongkong und den British Virgin Islands, investiert diese Gewinne mittlerweile massiv in andere Geschäfte, unter anderem in den (rechtsgerichteten) Youtube-Konkurrenten Rumble, in den Ölhandel oder das Brain-Computer-Interface-Unternehmen Blackrock Neurotech.
Das zeigt: Tether wird USDT noch so lange melken, wie es geht, aber diversifiziert bereits vorsorglich das Geschäftsmodell. Mit geplanten Investments von zwei bis drei Milliarden Dollar spielt es in der Liga der ganz ganz großen Soilicon-Valley-Investoren wie Sequioa oder Andreessen Horowitz – und ist damit ein Machtfaktor im künftigen Digitalmarkt.
Tether: Das Krypto-Geschäftsmodell, das 10 Milliarden Dollar Gewinn abwirft