Tier Mobility: „Wenn die Mobilität elektrisch wird, dann gibt es viele Gewinner“
Samstag Abend in Wien. Sie sind sichtlich geschafft, aber trotzdem auch ziemlich gut drauf. Das Team des Berliner Startups Tier Mobility hat den Launch-Tag in der österreichischen Hauptstadt hinter sich gebracht und ist glücklich, dass alles gut geklappt hat. Es ist die erste Stadt, die die erst im Sommer gegründete Jungfirma mit per App mietbaren E-Scootern versorgen will. Und da heißt es künftig, zwischen den Bedürfnissen der Nutzer, Beschwerden von Bürgern, den Vorgaben der Stadtverwaltung und der Konkurrenz aus den USA zum Erfolg zu manövrieren.
Lawrence Leuschner ist Mitgründer und CEO der Berliner E-Scooter-Truppe. Im Interview mit Trending Topics spricht er über die Konkurrenz zu Bird und Lime aus den USA, über den Umgang mit Daten und darüber, wie man die Mobilität in Städten verbessern will.
Trending Topics: Wie kam die Idee, Tier Mobility zu machen?
Lawrence Leuschner: Nachdem ich mein Impact-Business Rebuy an ein erfahrenes Management-Team übergeben habe, war ich eineinhalb Jahre mit Surfbrett und VW-Bus auf Weltreise. Da bin ich in San Diego auf Bird gestoßen und war fasziniert, wie die Kunden darauf reagiert haben. Bei Rebuy haben wir den Lebenszyklus von Produkten verlängert, und im Klimawandel ist das Wichtigste, den CO2-Ausstoß m Transport zu reduzieren. Und das macht man, indem man versucht, Autos aus der Stadt zu bringen. Mit dieser Lösung der Elektro-Scooter schaffen wir eine tolle Möglichkeit, um CO2 zu sparen und effizient und mit viel Spaß durch die Stadt zu kommen. Wir wollen die Mobilität in Europa zum Guten verändern.
Ihr habt sehr schnell gegründet und den Launch in Wien hinbekommen. Wie lief das ab?
Wir haben im Juli gegründet, im August unsere Finanzierung gemacht und dann im September das Produkt mit Hardware und Software entwickelt. Jetzt sind wir im Oktober gestartet. Das waren die intensivsten Wochen unseres Lebens.
Was sind die größten Herausforderungen eures jungen Business?
Wir sind alles Serienunternehmer. Matthias Laug hat als Cofounder von Lieferando viel Erfahrung, Julian Blessin hat schon Scooter-Sharing gemacht, und ich habe bei Rebuy viel Operations gemacht. Das hilft uns, das wir sehr schnell sein können aber trotzdem bei der Geschwindigkeit alles im Blick behalten. Die große Herausforderung ist, wenig Fehler zu machen, wenn man sehr viele Bälle in der Luft hält. Wir sind in einem sehr intensiven Wettbewerb mit zwei großen amerikanischen Unternehmen, die sehr gut finanziert sind. Da geht es um Execution, um Geschwindigkeit, und das wird auch die nächsten Jahre so weitergehen.
Bird und Lime sind bereits in Wien. Pricing und E-Scooter aller drei Anbieter sind nahezu gleich. Wie wollt ihr euch da durchsetzen?
Es gibt zwei große Unterschiede. Unser Scooter beschleunigt besser, hat ein besseres Fahrgefühl und hat auch eine bessere Endgeschwindigkeit. Die fahren tatsächlich 25 km/h. Und wir versuchen, da wir als Deutsche sehr nah an den Österreichern dran sind, uns lokal einzubinden. Das ganze Team ist hier gestartet, und wir arbeiten mit lokalen Partnern. Deswegen sehen wir uns als europäischer Anbieter und wollen so nahe wie möglich an den Österreichern dran sein und nicht aus China oder USA Scooter auf die Straße stellen und dann mal kucken was passiert.
+++ Bird, Lime und Tier Mobility im direkten Vergleich +++
Die E-Scooter von Sharing-Diensten kommen zumeist von den chinesischen Herstellern Ninebot und Xiaomi. Sind das die eigentlichen großen Gewinner in dem neuen Geschäft?
Wenn die Mobilität elektrisch wird, dann gibt es viele Gewinner, und einer davon ist der Hersteller. Ein anderer Gewinner sind hoffentlich auch wir als Anbieter, aber auch die Kunden. Die User kommen auf einmal mit viel mehr Spaß und weniger Stress durch die Stadt. Wer nicht gerne im Stau steht und sein Auto in der Garage stehen hat, der sollte das mal ausprobieren. Dementsprechend gibt es viele Gewinner bei diesem Trend.
In Wien gab es einige wenige Beschwerden von besorgten Bürgern, die meinen, dass die E-Scooter die Gehsteige versperren. Wie geht ihr damit um?
Wir arbeiten eng mit der Stadt, und wir haben im Gegensatz zu den Mitbewerbern auch eine Customer-Service-Nummer. Da kann man anrufen, um Fragen zustellen oder wenn es Probleme gibt. Wenn ein Scooter mal falsch steht, dann holen wir den selber ab, innerhalb von ein, zwei Stunden. Wir können nicht ausschließen, dass ein Roller mal eine Stunde falsch steht, aber es ist unser Job es so zu machen, dass es nur positive Emotionen auslöst.
+++ Wie viele Beschwerden über E-Scooter gibt es in Wien wirklich? +++
Es gibt auch eine Diskussion darüber, ob es bei solchen Sharing-Diensten nicht auch um Daten geht. Geht es um Daten?
Ich habe noch nicht ganz verstanden, wo da der Nachteil sein soll. Diese Daten bringen uns nicht mehr als die Fahrt zu verbessern und die Geräte dorthin zu stellen, wo viel los ist. Ich sehe da kein Sekundärziel. Erstens verkaufen wir die Daten nicht weiter, zweitens verwenden wir sie für nichts anderes. es gibt immer Leute, die Schwierigkeiten mit Daten haben, aber wir verhalten uns da absolut konform mit dem Gesetz und verwenden die Daten nur dazu, um dem Nutzer eine bessere Erfahrung zu bieten.
Wie sehen eure Expansionspläne aus? Welche neuen Städte werden künftig dazukommen?
Für uns ist erstmal Wien wichtig, aber hier gibt es sicher ein paar Tage, wo wir die Scooter wegen Eis oder Schnee nicht auf die Straße stellen können. Wir kucken natürlich auch nach Südeuropa, wir sind da mit verschiedenen Städten und Ländern im Gespräch. Hoffentlich gibt es auch bald eine zweite Stadt, die dazukommt.
Auch in Österreich?
Vielleicht in Österreich, vielleicht in Südeuropa. Wir versuchen schnell zu sein, aber wir versuchen auch, gute Qualität abzuliefern.
Speedinvest ist sowohl Investor bei Tier Mobility als auch bei Trending Topics.