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Tier Mobility: E-Scooter-Unicorn steht in Wien vor dem Aus

© Tier Mobility
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Es ist nicht nur ein Schock für das betroffene Unternehmen selbst, sondern sogar eine gewaltige Überraschung für seine direkten Konkurrenten: Denn wie Trending Topics am Wochenende aus gut informierten Quellen erfahren hat, wird der E-Scooter-Anbieter Tier Mobility demnächst die Betriebserlaubnis in Wien verlieren. Denn die Stadt hat in einer Ausschreibung Konzessionen für nur mehr vier Firmen, die die Roller zum Leihen per App auf der Straße aufstellen dürfen, vergeben. Das überraschende Ergebnis: Das deutsche Tech-Unternehmen mit Unicorn-Status kommt nicht zum Zug, dafür aber eine Firma aus Schweden und drei aus den Vereinigten Staaten.

Bei der EU-weiten Ausschreibung der Stadt Wien für vier Betreiber, die die „strengen Vorgaben der Stadt bestmöglich erfüllen“ (mehr dazu unten), hatten sich fünf Unternehmen beworben. Diese wurden von der Stadt Wien mit Punkten bewertet, folgende Rangliste kam dabei heraus:

  1. Voi Technology (Schweden)
  2. Link by Superpedestrian (USA)
  3. Lime (USA)
  4. Bird (USA)
  5. Tier Mobility (Deutschland)

Bemerkenswert an der Rangliste ist nicht nur, dass Tier auf dem fünften und letzten Platz landete und damit die Betriebserlaubnis verliert, sondern auch, dass Voi auf dem ersten Platz in Österreich nicht einmal tätig ist. Ende 2022 kommunizierte Voi, 2023 in Wien starten zu wollen. Da wurde ein Alko-Test in der App, mit der man die Scooter mietet, angekündigt. auch sollen Nutzer:innen, die Selfies mit einem Helm hochlädt, Punkte für kostenlose Fahrten bekommen. Möglich, dass Voi mit solchen Konzepten bei der Stadt punkten und sich von anderen Anbietern unterscheiden konnte.

Tier eigentlich immer eng mit Wien verbunden

Tier Mobility ist damit raus, dem Vernehmen nach soll der deutsche Anbieter sogar nur weniger als 50 von 100 möglichen Punkten bekommen haben. Bei der Vergabe der vier Slots für die Anbieter wurde auch vergangenes Verhalten bewertet. „In der Szene sind alle überrascht, sprachlos und negativ überwältigt“, so eine Person gegenüber Trending Topics, die mit dem Sachverhalt vertraut ist. Tier Mobility, so seien sogar dessen Mitbewerber überzeugt gewesen, hätte als fix gegolten – unter anderem, weil das Unternehmen in der Vergangenheit etwa bei der Reaktionszeit bei Beschwerden eigentlich am besten abgeschnitten hatte. Auch technisch ist Tier vorne: Nur die Berliner und Lime bieten derzeit Wechsel-Akkus, Blinker haben nur die Scooter von Tier.

Allerdings: Tiers Konkurrenten waren zuletzt ziemlich freundlich zur Stadt Wien. Die PR-technische Charme-Offensive seitens Voi kann man hier nachlesen, auch Link war zuletzt in einer Frühlings-Kampagne sichtlich bemüht, sich „E-Scooter-Sicherheit in Wien“ auf die Fahnen zu schreiben. Lime partnerte währenddessen medienwirksam mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Wien, um Regeln für das sichere Abstellen von E-Scootern und E-Fahrrädern zu kommunizieren. Bei Bird war wegen der schiefen wirtschaftlichen Lage wohl ohnehin anderes auf der Tagesordnung, und Tier stimmte nicht in den PR-Kanon der anderen ein.

Katastrophe für Tier Mobility

Für Tier Mobility ist das voraussichtliche Aus in Wien besonders bitter. Zuerst einmal sind mehr als 35 Mitarbeiter:innen betroffen. Die österreichische Hauptstadt war die erste Metropole überhaupt, in der der Anbieter rund um Gründer Laurence Leuschner im Oktober 2018 startete. Danach kamen immer größere Finanzierungsrunden, bis der Unicorn-Status erreicht wurde. Mittlerweile ist das Berliner Startup in 560 Städten in 31 Ländern weltweit vertreten. Eine besondere Nähe zu Wien gibt es auch, weil Tier Mobility über das 2021 zugekaufte Tochterunternehmen nextbike den Bikesharing-Dienst der Stadt Wien namens „WienMobil Rad“ mit 3.000 Fahrrädern und über 240 Stationen betreibt.

Zuletzt war Tier Mobility vom Scooter-Bann in Paris betroffen. Dort werden nach einer Bürger:innen-Abstimmung E-Scooter-Flotten mit dem 1. September aus der französischen Metropole verbannt. Betroffen sind die drei letzten verbleibenden Betreiber, nämlich Lime, Dott und Tier. Die ironie der Geschichte: Tier nannte in Reaktion auf den Pariser Entscheid Wien als Positivbeispiel. „Die Abkehr von gemeinsam genutzten E-Scootern bedeutet auch, dass sich Paris vom Rest der Welt isoliert, da große Hauptstädte wie Washington, Madrid, Rom, London, Berlin oder Wien allesamt Maßnahmen zur Förderung von E-Scootern ergreifen, um den unnötigen Autoverkehr zu reduzieren“, hieß es zuletzt.

Tier Mobility kauft Bike-Sharing-Pionier nextbike

Neue E-Scooter-Regeln ab 1. Mai

Die neuen Regeln für E-Scooter in Wien sollen bereits am 1. Mai in Kraft treten. Dann wird es ein Abstellverbot auf dem Gehsteig geben, stattdessen soll man E-Scooter auf gekennzeichneten Abstellflächen, wo 8 bis 10 der Gefährte Platz haben, parken. Zu Beginn soll es 130 dieser Abstellflächen geben, Bis Ende des Jahres 200, und 2024 sollen noch einmal 100 dazukommen. Ist kein Abstellplatz in der Nähe, müssten die Scooter auf einer Parkspur abgestellt werden. Die Betreiber werden da selbst in die Pflicht genommen, ihnen drohen bei Verstößen gegen diese und andere Regeln Strafen.

Auch die Zahl der E-Scooter in Wien wird sich deutlich verringern. Im Bezirk Innere Stadt dürfen künftig maximal 500 Scooter stehen, das ist ein Fünftel der bislang zugelassenen Fahrzeuge. In den Bezirken 2 bis 9 und im 20. Bezirk gilt eine Beschränkung auf insgesamt 1.500 Scooter. Dafür ist die Stadt bestrebt, die Zahl der E-Scooter in den äußeren Bezirken, wo die Dichte der Öffis nicht mehr so hoch ist, zu erhöhen.

 

Stadt Wien bringt neue E-Scooter-Regeln – Abstellverbot auf Gehsteig

 

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