„TikTok zerstört willkürlich mein Business“: Wie der Österreicher TechMagnet einfach gesperrt wurde
Man kann von TikTok halten, was man will, weltweit wird es dennoch von hunderten Millionen Menschen genutzt. In Österreich haben über eine Million Menschen die App installiert, rund 70 Prozent der 11- bis 17-Jährigen Kinder und Jugendlichen verwenden TikTok. Einige wenige, auch ältere Nutzer:innen, freuen sich selbst über Millionen an Followern. Einer davon: Stefan Warecka, besser bekannt als TechMagnet. In dieser Woche sperrte TikTok allerdings seinen Account mit 1,6 Millionen Followern. Warum? Das weiß nur TikTok, verrät die Gründe aber nicht. Langfristig könnte diese Intransparenz zu einem weiteren Problem für das soziale Medium werden.
Anfänge auf YouTube
Warecka startete mit Tech-Videos, als es TikTok noch gar nicht gab. YouTube war damals der Kanal der Wahl, wer bewegten Content produzierte, traf die eigene Anhängerschaft auf der Videoplattform von Google. TechMagnet startete um 2015 herum durch, über sechs Millionen Aufrufe verzeichneten seine Videos zu den besten Zeiten. Der Content war durchaus vielfältig, konzentrierte sich im Kern aber auf Consumer Tech, Autos, ein wenig Krypto und das Leben des Influencers. Mit den Jahren wurde YouTube dann von Instagram und letztlich vor allem von TikTok abgelöst – wo sich Warecka recht schnell eine neue Zielgruppe aufbauen konnte.
1,6 Millionen Follower hatte er zuletzt, alleine in diesem Jahr wuchs seine Fangemeinde um ca. 300.000 Nutzer:innen. „Meine Community auf TikTok war zwischen 18 und 24 Jahren alt und damit etwas jünger als auf YouTube“, erklärt Warecka. „TikTok verrät allerdings nicht, wie viele Menschen unter 18 dir folgen.“ Offiziell benötigen unter 18-Jährige die Einwilligung der Erziehungsberichtigten, um die App nutzen zu dürfen.
Warum der Wechsel zu der Plattform, die ihn nun gesperrt hat? Stefan Warecka: „TikTok war einfach die erste Plattform, die mit Kurzvideos begonnen hat. Es gibt mittlerweile einen erkennbaren Wechsel vom Langformat auf das Kurzformat, das sieht man auf allen Plattformen. Die Aufmerksamkeitsspanne der neuen Generation ist nicht mehr so lange, darum funktionieren diese 60-Sekunden-Videos so gut.“
Der Aufwand sei damit allerdings nicht weniger geworden, immerhin brauchte es neben den langen Videos nun auch „Shorts“: „Ich brauche für ein halbwegs gutes Video mit Anleitung, Reparaturen etc. einige Stunden, da steckt viel Aufwand dahinter. Ich hatte zuletzt über 2.000 Videos online, da kannst du dir ausrechnen, wie viel Zeit verloren gegangen ist. Und noch besser: TikTok lässt dich deine eigenen Videos nicht mehr downloaden, was heißt, das meine Arbeit zumindest derzeit komplett weg ist. Das ist schon sehr bedenklich.“
Die TikTok-Richtlinien
Auf TechMagnet wurden alte Konsolen repariert, Gaming-Zimmer eingerichtet, Roboter gebaut, Autos aufgemotzt und Handys getestet – einiges davon als Kooperationen, anderes „einfach aus Interesse“, wie Warecka Trending Topics gegenüber erklärt. Wer durch den mittlerweile gelöschten Account scrollte, fand allerdings nichts, was einen Bann seitens TikTok erklären würde. TechMagnet ist dezidiert unpolitisch, seit Jahren im Geschäft und beschäftigt sich mit Themen, die es schwierig machen, mit den Guidelines von TikTok in Kontakt zu kommen.
„Wir dulden es nicht, dass Mitglieder unserer Community öffentlich bloßgestellt, drangsaliert oder schikaniert werden. Beschimpfende, beleidigende Inhalte oder missbräuchliche Verhaltensweisen können schwere psychische Belastungen verursachen und werden von unserer Plattform entfernt“, heißt es dazu in den Community-Richtlinien TikTok. Und weiter: „Wir entfernen jeglichen Ausdruck von Missbrauch, einschließlich Drohungen oder erniedrigende Aussagen, die dazu dienen, sich über eine Person lustig zu machen, sie zu demütigen, zu beschämen, einzuschüchtern oder zu verletzen. Dieses Verbot erfasst auch TikTok-Funktionen.“ Verboten sind auch „gewaltbereiter Extremismus“, „hasserfüllte Ideologien“, „hasserfülltes Verhalten“, sexuelle Belästigung, Spam, rechtswidrige Handlungen und generell „missbräuchliches Verhalten“.
Vom Systemfehler zum Bann
Hat der Account eine der Community-Richtlinien verletzt? Nein, ist sich Warecka sicher, auch wenn er nach wie vor keine offizielle Erklärung seitens TikTok erhalten hat. „Nein, ich habe sogar einen Screenshot, der zeigt, dass bis zuletzt alles okay war, ich also ein ‚good standing‘ hatte und keine Strikes. Wird ein Video gesperrt, gibt es normal eine Verwarnung und vielleicht einen Tag Sperre, aber ohne Vorwarnung einfach alles zu sperren, ist nicht üblich. Vielleicht war es auch eine Bot-Attacke, das kommt auch vor – ich weiß es schlichtweg nicht. Bis zuletzt war in den offiziellen Reportings aber alles okay. Zu Beginn hat das Ganze ausgehen wie ein Systemfehler, all meine Videos waren von einem Moment auf den anderen nicht mehr aufrufbar, bis auf ein älteres Video. Ich dachte zu Beginn, das ist ein Bug, weil ich auch iOS geupdatet habe. Dann habe ich versucht, live zu gehen, das hat noch funktioniert zu diesem Zeitpunkt. Einen Tag darauf war ich dann permanent gebannt.“
TikTok: Diskutieren mit dem Bot
Das größte Problem sieht Warecka im automatisierten Kundensupport von TikTok: „Normalerweise, wenn Videos gesperrt wurden, hatte ich innerhalb weniger Stunden eine Antwort vom Creator Support und das Video war kurz darauf dann entsperrt. In diesem Fall habe ich bislang aber gar keine Antwort bekommen. Das dürfte daran liegen, dass TikTok deutlich zu wenig menschliche Mitarbeiter:innen im Support hat. Dort ist alles automatisiert, an einen Menschen kommt man in der Regel aber nicht.“
Es gebe auch weitere Fälle: „Ich habe etwas recherchiert, es gibt zahlreiche Fälle von Accounts mit hunderttausenden Followern, die bis heute nicht wiederhergestellt wurden. Im Vorjahr gab es einige prominenten Fälle, da war innerhalb weniger Tage wieder alles in Ordnung. Als mittelgroßer, nicht prominenter Nutzer kannst du auf gut Deutsch aber sch*** gehen. Mir wurde lediglich von einer KI mitgeteilt, dass ich die Richtlinien verletzt habe. Ich weiß aber nicht, welche und was ich daran ändern soll.“
Influencer mit Rechtsschutz
„Bei Instagram und Facebook erreichst du noch Menschen, bei TikTok nicht mehr“, meint Warecka weiter. Als ersten Schritt hat er sich mit Eva Hammertinger eine erfahrene Medienanwältin geholt: „Wir versuchen das jetzt über die offiziellen Wege und das Headquarter zu lösen. Klappt das nicht, müssen wir rechtliche Schritte andenken. Da steht uns aber ein langer Weg bevor, den ich mir gut überlegen muss. Was ich allen Influencern raten kann: Eine Rechtsschutzversicherung ist in solchen Fällen Gold wert.“
Versichert ist Warecka auch, die finanziellen Einbußen übernimmt vorerst aber niemand: „Mein reichweitenstärkster Kanal und auch der, der mir am meisten Spaß gemacht hat, ist weg. Alle Werbepartner buchen fast ausschließlich TikTok. Ist mein Account ein Monat gesperrt, entgeht mir Umsatz im höheren fünfstelligen Bereich. Wird der Kanal nicht wiederhergestellt, muss ich mir überlegen, ob und wie ich weitermache. Instagram und YouTube fangen den Verlust an Reichweite nicht auf“, ist Warecka frustiert. „TikTok zerstört willkürlich mein Business – und nicht nur meines – aber niemand spricht darüber.“
Anm.: Wir haben eine Anfrage um Stellungnahme zur Causa an TikTok gesendet und ergänzen das Statement gegebenenfalls.
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