Interview

Trade Republic-Gründer Hecker: „Der wahre Konkurrent ist das Sparschwein“

Die Trade Republic-Gründer Marco Cancellieri, Thomas Pischke und Christian Hecker. © Trade Republic
Die Trade Republic-Gründer Marco Cancellieri, Thomas Pischke und Christian Hecker. © Trade Republic
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Ist Trade Republic ein Neobroker, oder nicht eigentlich eine Neobank. Zweiteres, sagen die Gründer. Sie wollen, dass ihre App nicht einfach nur ein Tool ist, um mal schnell Aktien zu kaufen, sondern dass sie eine neue Form des Sparbuchs wird. Auch Investoren glauben daran: Nach einem Mega-Investment durch Sequoia Capital und weitere sehr namhafte VCs stieg die Bewertung des Scale-ups auf 4,3 Milliarden Euro – mehr als N26, Monzo oder Starling Bank auf die Waage bringen.

Im großen Interview mit Trending Topics spricht Christian Hecker, der das Startup 2015 mit Marco Cancellieri und Thomas Pischke ins Leben rief, über Niedrigzinsen, Inflation, Null-Gebühren-Handel und warum Trade Republic eigentlich eine Bank ist.

Trending Topics: Vor gar nicht so langer Zeit waren die Neobanken die Stars der Fintech-Welt. Jetzt sind es plötzlich die Neobroker. Das beste Zeichen dafür ist, dass Trade Republic nun eine deutlich größere Bewertung hat als N26. Warum ist das passiert, was hat sich im Markt geändert?

Christian Hecker: Immer mehr Menschen erkennen, dass sie wegen des demografischen Wandels, Niedrigzinsen und Inflation die daraus entstehende Rentenlücke schließen müssen. Das wahre Ausmaß wird erst in der Zukunft klar sichtbar. Ein Grund dafür, warum dies politisch zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Umso wichtiger ist es für jeden, die Altersvorsorge selbst in die Hand zu nehmen. Und genau das ermöglichen wir – einfach und transparent.

Christian Hecker, Mitgründer von Trade Republic. © Trade Republic
Christian Hecker, Mitgründer von Trade Republic. © Trade Republic

Trade Republic ist von einer Bank gar nicht so weit entfernt. Es gibt Einlagensicherung von 100.000 Euro, der volle Firmenname lautet Trade Republic Bank, und Ihr Co-Founder Thomas Pischke meinte, man wäre das „neue Sparbuch“ für die Nutzer? Wollen Sie zur Bank werden?

Unser Ziel ist es, die Bank der Zukunft zu schaffen und den Menschen zu ermöglichen, Vermögen langfristig aufzubauen. Dazu bauen wir unser Angebot permanent aus – ob neue provisionsfreie Sparpläne, den Handel mit Crypto-Werten oder die Erweiterung des Derivate-Universums. Trade Republic soll die neue Form des Sparbuchs werden.

Bitpanda, BUX, nextmarkets, Scalable Capital, und so weiter: Es gibt viel Mitbewerb. Was denken Sie, warum ist Trade Republic besser?

In den letzten Jahren hat sich hier viel getan. Es gibt eine Belebung am Markt, an der wir nicht ganz unbeteiligt sind. Ein breites Angebot ist gut für Konsumenten. Wer einen einfachen, sicheren und provisionsfreien Zugang zu den Kapitalmärkten sucht, um langfristig Vermögen aufzubauen, ist bei uns richtig. Der wahre Konkurrent ist dabei aber das Sparschwein. Zu viele Leute legen ihr Geld gar nicht an, mit allen Konsequenzen, die das für den Einzelnen aber auch die gesamte Gesellschaft hat.

Absturz der Kryptowährungen: Wiederholt sich 2018?

Sie haben hunderttausende Nutzer, die das erste Mal in Ihrem Leben über ihre App investieren. Wie investieren diese? Eher Stock Picking oder lieber ETF-Sparplan? Wie verteilt sich das?

Sparpläne stehen im Zentrum unseres Angebots. 80 Prozent unserer mehr als eine Million Kunden nutzen unsere gebührenfreien und individuell gestaltbaren Aktien- und ETF-Sparpläne. Es gibt aber auch Kunden, die bevorzug in Einzeltitel investieren. Seit April ermöglichen wir unseren Kunden, vorerst nur in Deutschland, auch den Handel mit Crypto-Werten.

Sie bieten auch Knock-out-Derivate mit Hebel an, die man shorten kann. Ist das nicht ein wenig zu komplex und gefährlich für die vielen Newbies, die das erste Mal traden?

Ein Teil unserer Kunden hat bereits Erfahrungen am Finanzmarkt gesammelt, bevor sie auf unsere Plattform kommen. Wir möchten möglichst viele Menschen ansprechen, die natürlich auch unterschiedliche Bedürfnisse sowie mehr oder weniger Vorwissen haben. Das spiegelt sich auch in unserem Angebot wider. Jüngst haben wir mit dem Ausbau des Derivateangebotes das Angebot für erfahrende Anleger erweitert.

Während der WallStreetBets-Kampagne hat Trade Republic zeitweise den Handel mit bestimmten Aktien gestoppt und sich später dafür bei den Nutzern entschuldigt. Werden Sie dafür sorgen, dass es künftig keine derartigen Eingriffe in den Handel geben wird?

Die damalige Situation war beispiellos. Um die Verfügbarkeit der Systeme für alle unsere Kunden sicherzustellen, mussten wir entscheiden, Kauf-Orders für wenige Titel für rund drei Stunden nicht anzunehmen. Nur weniger als acht Prozent unserer Kunden waren in diese so genannten Meme-Stocks investiert. Bereits am nächsten Morgen, nachdem wir noch in der selben Nacht die Kapazitäten stark erhöht hatten, lief der Handel ohne Einschränkungen. In der Folge haben wir weiter massiv in die technische Infrastruktur unserer Plattform investiert.

Auch Kryptowährungen halten Einzug bei Trade Republic. Geht es ohne ein solches Angebot heute nicht mehr?

Diversifikation ist beim langfristigen Vermögensaufbau ein zentrales Thema. Cryptowerte haben sich in den vergangenen Jahren zu einer gefragten Anlageklasse entwickelt. Wir sind dem nachgekommen und bieten den Handel mit Cryptos mit der staatlichen Regulierung und Verlässlichkeit einer deutschen Banklizenz an.

Trade Republic wirbt wie andere Broker auch mit Provisionsfreiheit. Natürlich aber ist nichts gratis auf der Welt. Woran verdienen Sie nun genau, wenn ein Nutzer eine Aktie kauft? Können Sie das veranschaulichen?

Broker haben im Allgemeinen zwei Einnahmequellen: einerseits Provisionen vom Kunden, andererseits die marktübliche Rückvergütung, die nahezu jeder Broker vom Handelsplatz, an den Kundenaufträge weitergeleitet werden, bekommt. Als Technologieunternehmen sind wir so effizient aufgestellt, dass wir hohe Qualität zu einem Bruchteil der Kosten anderer Anbieter, die oft veraltete IT-Infrastruktur nutzen oder Prozesse nicht automatisiert haben, bieten können.

Die EU, aber auch die österreichische Finanzmarktaufsicht hat den gerne beworbenen Null-Gebühren-Handel im Visier. Werden Sie da die Kostenstruktur für die Nutzer transparenter darstellen müssen?

Das tun wir bereits von Anfang an. Dazu sind wir auch heute schon verpflichtet. Für uns war aber auch immer klar, dass wir unseren Kunden ein Maximum an Transparenz und Verständlichkeit bieten wollen.  Ein Euro Fremdkostenpauschale pro Handelsgeschäft, keine Orderprovision, keine Depotgebühr – unser Preismodell kann jeder verstehen.

Das Phänomen Robinhood & die Schattenseiten der Millennial-Trader

Frankreich, Deutschland, Österreich – was sind die nächsten Märkte, die Sie angehen möchten? Ist die USA auch ein Ziel, wollen Ihre Investoren, darunter Sequoia und Peter Thiel, die App auch dort sehen?

Unser Fokus liegt ganz klar auf Europa. Wir haben uns ambitionierte Ziele gesetzt und möchten in den kommenden Monaten und Jahren allen Europäern den Zugang zum Kapitalmarkt einfach und kostengünstig ermöglichen.

In den USA geht Robinhood bald an die Börse. Ist die App ein Vorbild für Trade Republic? Oder lassen Sie lieber die Finger von Elementen wie Gamification?

Hier muss man klar sagen, dass sich der amerikanische und der europäische Markt sehr stark unterscheiden. Insofern ist unser Geschäftsmodell auch weniger mit Robinhood vergleichbar, als man auf den ersten Blick meint. Aber selbstverständlich drücken wir Robinhood die Daumen für einen erfolgreichen Börsenstart.

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