Trade Republic wird mit neuer Lizenz zur Vollbank
„Na klar“ werden sich jetzt viele denken, die die Headline lesen. Denn dass sich der (mittlerweile muss man sagen: einstige) Berliner Neobroker Trade Republic hin zur Neobank wandeln würde, war eigentlich schon überfällig. Nach dem Ende des Trading-Booms, der Zinswende und dem anstehenden Quasi-Verbot für das Geschäftsmodell PFOF („Payments For Order Flow“) der EU kann und muss sich das Unternehmen der Gründer Christian Hecker, Thomas Pischke und Marco Cancellieri weiterentwickeln.
Und tut das jetzt mit einer Vollbanklizenz. Heute gibt Trade Republic, zuletzt von Investoren 2022 mit fünf Milliarden Euro bewertet, bekannt, dass es sich eine Vollbanklizenz von der Europäischen Zentralbank (EZB) besorgt hat und damit die strengen Vorschriften der EZB und der deutschen Bafin erfüllen muss. Ab nun könne man zusätzlich zum Wertpapiergeschäft, für das man bereits eine Lizenz hat, klassische Bankdienstleistungen selber anbieten, also etwa das Einlagen- und Kreditgeschäft. Damit tun sich viele neue Möglichkeiten auf, was man Kund:innen künftig bieten kann.
Bisher Geschäft mit Partnerbanken
„Mit dem Erhalt der Vollbanklizenz öffnet sich ein neues Kapitel in der bisherigen Entwicklung von TradeRepublic“, sagt Christian Hecker, Mitgründer von Trade Republic. „Unsere Kunden stehen größtenteils noch am Anfang ihres finanziellen Lebens. Mit der Vollbanklizenz werden wir sie über die nächsten Jahrzehnte auf ihrem Weg begleiten. Gemeinsam mit unseren Kunden wollen wir weiter stark wachsen und eines der wichtigsten Finanzinstitute Europas aufbauen.“
Bisher hat Trade Republic etwa bei seinem Zinsangebot bzw. bei der Aufbewahrung der Einlagen der User (mehrere Milliarden Euro) auf die Partnerbanken Deutsche Bank, Solarisbank, JP Morgan sowie Citibank Europe gesetzt. Diese braucht man künftig dann nicht mehr. Im Zuge des Erhalts der Vollbanklizenz verstärkt sich Trade Republic im Bereich der Corporate Governance und beruft einen erfahrenen Prüfungsausschuss. Das Gremium setzt sich, vorbehaltlich der Zustimmung der BaFin, aus Ute Gerbaulet, CFO der Dr. August Oetker KG und vormals persönlich haftende Gesellschafterin des Bankhaus Lampe, Christiana Riley, Regional Head Nord Amerika bei Santander und ehemalige Vorständin der Deutsche Bank, sowie Andreas Willius, dem ehemaligen Geschäftsführer von Trade Republic sowie zuvor Vorstand der Börse Stuttgart, zusammen.
Jetzt kommt das Match mit N26 und Co
Rückblickend betrachtet war das seit Oktober 2023 geltende Angebot von vier Prozent Zinsen für Einlagen der Kund:innen natürlich die perfekte Vorbereitung für den Aufstieg zur Vollbank. Denn so konnte man bereits schon mal viele Gelder der User anziehen, die das Angebot besser als jene so mancher klassischer Bank sahen. Mit dem Schritt zur Vollbank heißt die Konkurrenz von Trade Republic nicht mehr nur Scalable Capital und Bitpanda, sondern vielmehr N26, Revolut und womöglich auch Klarna. Auch diese Fintechs besitzen Banklizenzen in der EU.
Vor allem N26, ebenfalls aus Berlin, wird die Entwicklungen bei Trade Republic genauestens mitverfolgen. Denn so werden die Angebote immer ähnlicher. N26 zog kürzlich mit einem (schwächeren) Zinsangebot nach und wird Anfang 2024 in Kooperation mit Upvest zusätzlich zu Krypto-Handel auch das Investieren in Aktien und ETFs in seiner App ermöglichen – also das, was Trade Republics Kerngeschäft ausmacht. Nun wird spannend, welche Features und Services Trade Republic in Sachen Digital Banking an den Start bringen wird.
Zuletzt gab es seitens Trade Republic wenig rosige Geschäftszahlen zu sehen. Im Geschäftsjahr 2020/2021 stieg der Verlust des Neobrokers um mehr als 300 Prozent, auf satte 145 Mio. Euro. Vor allem die Neukunden-Akquise sei es gewesen, die so teuer war. Allerdings ist TR finanziell gut ausgestattet; seit 2020 haben die Berliner bei Investoren etwa 1,2 Milliarden Dollar eingesammelt.
N26 partnert mit Upvest bei Trading – wo einer der Founder bereits investierte