TrostHelden: Startup bringt mit Algorithmus trauernde Menschen zusammen
Es ist ein Thema, über das die wenigstens weder gern nachdenken noch sprechen – außer es betrifft sie irgendwann selbst. Wie gehe ich damit um, wenn eine geliebte Person verstirbt? Doch diese Scheuklappenhaltung, wie es das Social Startup TrostHelden aus Deutschland nennt, führt dazu, dass die Konfrontation mit Trauer den Betroffenen nicht nur Traurigkeit bringt, sondern auch Einsamkeit. Das will das Paar hinter dem Startup ändern. Sie haben eine Plattform geschaffen, auf der Trauernde, welche ähnliches erlebt haben, sich über einen Algorithmus finden und so jemanden haben, der genau weiß, was der andere fühlt.
Erfahrung mit Trauer
Über das Internet zu versuchen einen Lebenspartner zu finden, ist schon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Warum also nicht auch einen „Trostpartner“, wie es das Startup TrostHelden nennt? Hinter dem jungen Startup steht das Ehepartner Hendrik und Jennifer Lind. Für die beiden ist die Thematik der Trauer keine unbekannte. Bevor sie im Herbst 2019 ihr aktuelles Unternehmen gründeten, leiteten sie die Firma mapapu. Diese bot Workshops für Trauernde an, in welchen aus der Kleidung von Verstorbenen mapapus, persönliche Kuscheltiere, genäht worden. Dadurch wurden sie auch mit den vielen verschiedenen Geschichten hinter den Trauerfällen konfrontiert. Das belastete auf Dauer auch die eigene Gesundheit der Gründer, so Hendrik Lind.
Verschiedene Trauerarten erschweren Verständnis
Durch die Workshops stellten sie außerdem fest, dass vielen Trauernden eine Person im Leben fehlte, die wirklich genau verstehen kann, wie es einem selber geht. „Wenn ein junger Mensch seinen Lebenspartner verliert, können die Eltern, welche seit Jahren zusammen sind und Trauer für ihr Schwiegerkind empfinden oder Trauer für das trauernde Kind, dieses nicht abholen. Sie empfinden eine andere Art der Trauer. Rational kann man die Trauer verstehen, aber nicht emotional“, so Hendrik Lind. Daraus ist die Vision von TrostHelden entstanden.
Algorithmus listet Matching-Partner
Mehr als ein Jahr haben sie daher zusammen mit Experten aus der Psychologie, der Trauerbewältigung und der Programmierung von Algorithmen an ihrem „Matchingsystem“ gearbeitet. In einem Fragebogen gibt der Nutzer verschiedenen persönliche Details, wie die Art des Schicksalsschlags, das eigene Alter und die Lebensumstände an. Der Algorithmus findet dazu potenzielle Trauerpartner und listet diese, gereiht nach der höchsten Match-Wahrscheinlichkeit. Danach kann dann schriftlich der Kontakt aufgenommen werden. Ob daraus dann auch Videocalls oder Treffen im realen Leben werden, liegt in der Hand der Trauernden. „Grundsätzlich ist es unser Ziel, dass die Menschen uns durch das gegenseitige Kennenlernen nicht mehr brauchen“, so Lind.
Trauerpartner als Spiegel
Seit zwei Monaten ist die Plattform nun online und hat nach eigenen Aussagen bereits 500 Mitglieder gelistet. Der Hauptaugenmerk liegt vor allen Dingen auf das 1:1 Prinzip bei den Matchingpartnern. „Den Partner den ich so kennenlerne und der das selbe fühlt, ist wie ein Spiegel um mich selber in der Trauer kennenzulernen“, so Lind. Darüber hinaus bieten sie auch den Eintritt in digitale Trauergruppen an.
Zum jetzigen Zeitpunkt, ist die Mitgliedschaft bei TrostHelden noch kostenlos, das Startup finanziert sich bisher durch einen Investor. Wenn genug Mitglieder gelistet sind, um für jeden den besten Match zu finden, ist die Einrichtung eines Premiumpakets dafür geplant.
Wie Non-Profits und Impact-Startups zusammen die Gesellschaft verändern können
Weitere Angebote in Planung
Für die nächsten zwei Jahren plant das Gründerpaar nun die Reichweite der Plattform und die Mitgliederzahlen zu erweitern. Lind:“ Es gibt jedes Jahr ca. 3 1/2 Millionen Trauernde im deutschsprachigen Raum und wir würden gern in zwei Jahren ein Prozent davon erreichen.“ Auch könnte er sich vorstellen, Workshops und Seminaren zur Trauerbewältigung über TrostHelden eine überregionale Plattform zu bieten. Für die nächste Woche ist schon die Erweiterung der Plattform über eine Pinnwand zu trauerrelevanten Inhalten, wie Angebote zu Traueryoga oder verschiedenen Kursen, geplant. So sollen Trauernde über TrostHelden alle Möglichkeiten bekommen, die sie für die Bewältigung der Zeit brauchen.