Trumponomics 3.0
Als am 21. Februar 2022 Truth Social online ging, da musste Donald Trump gegen den Strom schwimmen. Nach dem Sturm aufs Kapitol am 6. Jänner 2021 verbannten die Social Networks Twitter, Facebook und Instagram Trump von ihren Plattformen. Daraufhin gründete der Gebannte sein eigenes Medienunternehmen namens Trump Media & Technology Group (TMTG), um seinen hauseigenen (wirtschaftlich wackeligen) Propaganda-Kanal Truth Social auf die Welt loszulassen. Das war Trumps 2.0-Ära.
Mit dem 20. Jänner 2025 startet Donald Trump in seine 3.0-Ära. Zwei Tage vor seiner Angelobung in Washington hat er den Memecoin TRUMP gelauncht, und das mit unglaublich viel Erfolg. TRUMP, ein simpler Solana-Token und Fan-Artikel, hat bis Sonntag Abend eine Marktkapitalisierung von bis zu 70 Milliarden Dollar erreicht – wobei 80 Prozent davon noch in Besitz von mit Trump assoziierten Unternehmen (die CIC Digital LLC, ein Tochterunternehmen der Trump Organization, sowie die Fight Fight Fight LLC) sind und über die nächsten Drei Jahre in Tranchen verkauft werden sollen. Trump wird heute also nicht nur der mächtigste Mann der Welt, sondern auch der neueste Krypto-Milliardär des Planeten.
Während TMTG aktuell (immerhin) 8,68 Mrd. Dollar an der Börse auf die Waage bringt, ist TRUMP (am Papier) fast zehn Mal größer. Wenn man so will, kann man das auch sinnbildlich für Trumps zweite Präsidentschaft nehmen. In seine erste startete er mit vielen Widerständen, in seiner zweiten wird er ungleich mächtiger sein.
Was kommt da auf die digitale Welt zu? Ein Überblick.
Big Tech macht Trump den Hof
Zu Trumps Amtsantritts-Zeremonie haben sich die mächtigsten Unternehmer des Planeten angekündigt und spenden nicht nur Millionen an Dollar für seine Inauguration, sondern machen ihm auch bei dem Event den Hof. Hier eine Liste von Tech-CEOs, die sich in Washington angekündigt haben:
- Elon Musk, CEO von Tesla, SpaceX, X
- Sundar Pichai, Google CEO
- Mark Zuckerberg, CEO von Meta
- Amazon-Gründer Jeff Bezos
- Dara Khosrowshahi, CEO von Uber
- Sam Altman, CEO von OpenAI
- Apple-CEO Tim Cook
- Shou Zi Chew, CEO von TikTok US
Das Kalkül ist erahnbar: Die Tech-Unternehmen, die während seiner ersten Amtszeit deutlich auf Distanz gingen (sie entstammen hauptsächlich dem demokratisch geprägten Silicon Valley) suchen aktiv die Nähe zu Trump. Sie hoffen auf eine lockerere Kartellaufsicht und weniger Regulierung unter anderem, was Krypto-Assets, Artificial Intelligence oder Fintech angeht.
Goldene Zeiten für Krypto
Sein Memecoin spricht nur eine Sprache: Trump will Kryptowährungen zu einer Top-Priorität unter seiner Präsidentschaft machen. Der Bitcoin erreichte bereits neue Rekordstände über 100.000 Dollar nach Trumps Wahlsieg, Krypto-Unternehmen von Ripple bis Coinbase frohlocken bereits ob der zu erwartenden Deregulierung des Sektors. Denn die letzten vier Jahre waren hart für sie: Die US-Börsenaufsicht SEC unter Gary Gensler, der heute abtritt, führte einen Krieg gegen sie. Was nun auf dem Plan steht:
- Trump plant die Einrichtung einer strategischen Bitcoin-Reserve nach dem Vorbild der Ölreserven
- Die Nominierung des Krypto-Befürworters Paul Atkins zum SEC-Vorsitzenden signalisiert eine Krypto-freundliche Politik
- Es wird damit gerechnet, dass neue Krypto ETFs wie etwa für Solana zugelassen werden
- Mögliche Aufhebung der Krypto-Bilanzierungsrichtlinie SAB 121
- Es gibt Spekulationen darüber, dass es attraktivere Steuern für Krypto-Assets geben könnte, um sie attraktiver zu machen
- Die USA könnten es Mining-Unternehmen schmackhafter machen, sich in den Vereinigten Staaten anzusiedeln, um den Einfluss auf das Bitcoin-Netzwerk zu steigern
Druck auf EU-Regulierung
Digital Markets Act, Digital Services Act, MiCA, GDPR, AI Act: In den vergangenen Jahren sind in der EU viele neue Gesetze entstanden, die gerade die US-Tech-Unternehmen in die Pflicht nehmen und immer neue Regeln auferlegt haben. Am Beispiel der Datenschutzgrundverordnung sieht man, dass das den Silicon-Valley-Riesen mittlerweile viele Milliarden Dollar kostet, weil sie abgestraft werden.
Unter Trump, so mehren sich die Anzeichen, werden die Lobbyisten Druck darauf machen, dass die EU bei diesen Digitalgesetzen zurückrudert. Erste Anzeichen:
- die EU-Kommission soll Berichten der Financial Times ihre Ermittlungen gegen US-Tech-Konzerne wie Apple, Meta, Amazon und Alphabet neu bewerten wolle
- Google verweigert Fact Checking in der EU bei Search und YouTube, so wie es der DSA vorsehen würde
- Der neue US-Vizepräsident JD Vance drohte NATO-Partnern bereits mit Konsequenzen, wenn man die Untersuchungen in der EU gegen Elon Musks X nicht einstellen würde
CleanTech soll sterben
Von einem, der „Drill, Baby, Drill“ als Wahlkampf-Motto vor sich hertrug, sind natürlich eine positiven Impulse auf CleanTech zu erwarten. Das geht schon so weit, dass Investoren CleanTech bereits den schnellen Tod bescheinigt haben. Das mag übertrieben sein, denn rein ökonomisch machen Solarzellen, Windräder und Co Sinn, und auch Tesla und andere US-Hersteller von E-Autos werden nicht von heute auf morgen abgeschafft.
Die Effekte der Trumponomics sah man aber bereits, als Erneuerbare-Energie-Aktien starke Einbrüche nach der Wiederwahl sahen, so manche Clean-Energy-Projekte wurden bereits ausgesetzt. Ein Beispiel ein 150-Millionen-Dollar-Projekt zur Herstellung von Solarzellen in Minneapolis, Minnesota, des kanadischen Solarhersteller Heliene, das aufgegeben wurde.
In diesem Ton wird es weitergehen, denn Trump plant die Abschaffung des Inflation Reduction Act (IRA) und dessen Klimaschutzmaßnahmen. Der IRA von Biden ist das weltweit größte Maßnahmenpaket für ClimateTech und CleanTech, das die Welt je gesehen hat. Das Paket ist 369 Milliarden Dollar schwer wurde im August 2022 von der Biden-Administration verabschiedet, um E-Autos, Carbon Capture, Solar- und Windenergie und generell die Drosselung der CO2-Emissionen in der Wirtschaft (einschließlich der Landwirtschaft) zu fördern.
Wie Biden den CleanTech-Magnet aufdrehte – und Europa alt aussehen lässt
Alternative Fakten für Social Media
Die zweite Trump-Ära bedeutet auch eine Zäsur für Social Media. Wollte man bisher klar regulieren, was wer und wann online von sich geben darf, wird künftig wieder mehr Wilder Westen zu lesen, sehen und hören sein. Denn Fact Checking ist out, Alternative Fatcs sind wieder in. Meta (Facebook, Instagram) hat sein US-Faktencheck-Programm eingestellt, die Zukunft von TikTok ist sehr unsicher, und Elon Musk, Besitzer von X (Twitter), ist bekanntermaßen zu einem der engsten Berater Trumps geworden.
Der jüngste Streich: Zwar will Trump das TikTok-Verbot (Angst vor chinesischer Spionage) nach hinten hinauszögern, aber ihm schwebt vor, es unter staatliche Kontrolle zu bringen. Der heute ins Amt tretende US-Präsident plant, dass die Regierung 50 Prozent der Plattform im Rahmen eines Joint Ventures übernimmt.
Trump plant Joint Venture: US-Regierung könnte TikTok zu 50 Prozent übernehmen
AI First
Kaum verwunderlich, hat Trump dem Thema Artificial Intelligence neben Krypto-Assets und einigen anderen Technologien Top-Priorität eingeräumt. Zu erwarten ist, dass er dabei eine rigorose „America First“-Policy verfolgen wird, in der vor allem die heimischen AI-Unternehmen gestärkt werden – immerhin hat ja auch Trumps Berater Elon Musk seine eigene AI-FIrma xAI am Start, die bereits mit mehr als zehn Milliarden Dollar und bis zu 200.000 GPUs gefüttert wurde. Zu erwarten ist:
- Deregulierung: Trump soll vorhaben, Bidens AI-Verordnung (z.B. mit Kennzeichnungspflicht für AI-Inhalte, Zusammenarbeit mit Behörden bei Foundtion Models) sehr bald wieder zurückzunehmen
- Ernennung des ehemaligen PayPal-Managers David Sacks zum “KI- und Krypto-Zar“ steht stellvertretend für zahlreiche Besetzungen
- Exportkontrollen für KI-Chips, die unter Biden schon begonnen haben, werden weitergehen und verschärft werden
- Die militärische KI-Entwicklung soll durch neue „Manhattan Projects“ verstärkt werden
Neue AI-Verordnung der US-Regierung verzichtet auf explizite Verbote