Twitch Influencer: Steyr Startup own3d verdient an der Lust, Fremden beim Zocken zuzusehen
Die Lust, fremden Menschen dabei zuzusehen, wie sie Computerspiele zocken, wird gerne mit schließlich ebenfalls erfolgreichen Sportübertragungen erklärt. Dabei hinkt dieser Vergleich, denn die Zuseher von Zockern sind selbst leidenschaftliche Zocker, Fußballfans aber nicht immer sportlich. Vielleicht liegt es daran, dass das Thema auch ganz andere Dimensionen annimmt.
„Viele junge Leute schauen Null Stunden klassische TV-Kanäle, aber bis zu 40 Stunden Twitch pro Woche“, sagt Experte Thomas Rafelsberger. Twitch ist eine Plattform, auf der täglich 15 Millionen Nutzer Influencern und Normalos live beim Computerspielen zusehen. Aufgrund dieser Reichweite interessieren sich immer mehr Firmen für diese Zielgruppe. Rafelsberger hat deshalb im Herbst 2017 in Steyr ein Startup gegründet, das beiden helfen will: den Zockern und den Unternehmen.
Neues Leben für einen erfolglosen Twitch-Mitbewerber
Own3d, ausgesprochen wie das englische Wort „owned“, gibt es eigentlich schon seit 2009. Damals war es selbst eine Streaming-Plattform, die allerdings in Folge des Siegeszuges von Twitch (mittlerweile eine Amazon-Tochter mit Milliardenbewertung) aufgeben musste.
2014 kaufte Rafelsberger die Domain und die Marke, vergangenes Jahr war es dann so weit. Gemeinsam mit Andreas Hanne und Lukas Hoffmann hat er beschlossen, eine Plattform für Game-Streamer aufzubauen, wenige Monate später interessierten sich bereits die Investoren Gerhard Pail und Frank Kappe (KaPa Ventures) für das Projekt, und im Frühjahr wurde unter Beteiligung (30 Prozent) von KaPa Ventures die Firma gegründet.
Schöner streamen mit own3d
Das Hauptgeschäft macht own3d mit den Streamern selbst. Und zwar über einen Online-Shop, in dem die Gamer alles finden, was man zum Betreiben eines Twitch-Kanals benötigt. „Die Streamer brauchen dann von Logo bis hin zu diversen Bannern und anderen Grafiken viele verschiedene Dinge. Bis es uns gegeben hat, hat sich das auf viele Plattformen verstreut. Wir liefern alles was der Streamer braucht: Grafiken, Animationen, Sounds, Effekte“, erklärt Rafelsberger.
Ein einfaches Grafik-Template kostet zehn Euro, individuelle Designs gibt es um 124 Euro. Etwa 20 bis 50 Neukunden gibt es laut dem Gründer pro Tag. In Zukunft will sich die junge Firma aber auch auf Influencer Marketing konzentrieren. Einerseits will man Streamern helfen, zu Influencern zu werden, andererseits das Thema auch Unternehmen außerhalb der Gaming-Branche schmackhaft machen.
Warum schaut man überhaupt Zockern zu?
„Der Weg zum Influencer ist schon sehr hart“, gesteht Rafelsberger ein. Nur etwa jeder fünftausendste Streamer, schätzt der own3d-Founder, verdient so viel Geld, dass er davon leben kann. „Die Chance ist also sehr gering, da dazu zu gehören“. Es gebe zwei Hauptgründe, warum Gamer anderen Gamern zusehen: „Entweder der Streamer spielt sehr gut und man kann etwas von ihm lernen. Oder er spielt sehr unterhaltsam“.
Der Redbull-Kühlschrank im Hintergrund
Dass sich Twitch-Streams überhaupt für Marketing eignen, liegt daran, dass sich die Streamer auch selbst filmen und deshalb ganz wie klassische Social-Media-Influencer Produkte bewerben können. „Im Moment ist das sehr Gaming-lastig, in erster Linie werden neue Spiele promotet“, sagt Rafelsberger – das beginne sich aber gerade zu ändern. Redbull hat zum Beispiel den berühmtesten Twitch-Streamer, Tyler “Ninja” Blevins, unter Vertrag. „Der erreicht mehrere Millionen Leute am Tag und im Hintergrund steht jetzt immer ein kleiner, gut gefüllter Red-Bull-Kühlschrank“, so der own3d-Chef.
Bis die Wiener Firma solche Deals vermitteln kann, wird es allerdings noch dauern. Derzeit arbeite man am Aufbau des Streamer-Netzwerks. Bis Ende des Jahres sollen aus den 20 „mittelgroßen“ Streamern aus Deutschland, die bereits unter Vertrag stehen, 100 werden, und dann will man sich nach großen Kooperationen umsehen. Eine erste Firma hat sich own3d schon geangelt: HP Omen, die Gaming-Sparte des Hardware-Herstellers. „Unser Ziel ist es aber schon, das Thema Twitch auch für Unternehmen außerhalb der Gaming-Szene interessanter und zugänglicher zu machen. Wir wollen da die Brücke bilden, damit Unternehmen nicht jeden einzelnen Streamer recherchieren und kontaktieren müssen“, so Rafelsberger.