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IT-Fachkräfte: Forderungen nach Pflichtfach Informatik in der Schule werden lauter

© Photo by Adam Nowakowski on Unsplash
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Je nachdem, welche Analyse man zu Rate zieht, sind es zwischen 5.000 und 20.000 IT-Fachkräften, die österreichische Unternehmen derzeit suchen und nicht oder nur schwer finden können. Und das wird sich aller Voraussicht nach nicht bessern. Denn der neueste IKT-Statusreport des Fachverbands für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), der am Donnerstag in Wien vorgestellt wurde zeigt, das es dringenden Handlungsbedarf bei der Ausbildung und der Rot-Weiß-Rot-Karte gibt, die den Zuzug von Fachkräften aus dem EU-Ausland ermöglichen soll.

Knackpunkt Ausbildung also. “Wir müssen besonders innerhalb Österreichs IT-Experten ausbilden”, sagt Alfred Harl, Obmann des UBIT-Fachverbands. “Die Ausbildung zur Informatik muss bereits im Kindergarten anfangen.” Auch danach soll es eine fixe Unterrichtsstunde in der Schule geben, so die Forderung des UBIT in Richtung Bildungsminister Heinz Faßmann. Wir wollen Informatik im Sinne von Programmieren und logischem als Pflichtfach an den Schulen.” Damit folgt der Fachverband der Forderung des Verein Informatik Austria, ein Zusammenschluss der österreichischen Informatik-Fakultäten. Dieser hat vor kurzem ebenfalls von der Bundesregierung gefordert, Informatik als Pflichtfach in allen Klassen der Unter- und Oberstufen der Gymnasien und der Neuen Mittelschulen einzuführen (Trending Topics berichtete).

„Zugangsbeschränkungen bei IT-Studien verstärken Mangel“

Dass Österreich beim EU-Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft Digital Economy and Society Index, DESI) hinter Deutschland nur Rang 13 belegt und im Vergleich zu 2018 um einen Platz zurück gefallen ist, sei ein “Warnsignal”. „Seit Jahren sucht die IT-Branche nach geeigneten Fachkräften und wir warnen schon lange vor diesen Entwicklungen. Die Zugangsbeschränkungen bei IT-Studienrichtungen verstärken diesen Mangel, da sich bei den Absolventenzahlen, wie befürchtet, keine positive Tendenz zeigt“, Martin Zandonella, UBIT-Fachgruppenobmann Kärnten und Berufsgruppensprecher der IT.

Warnsignale gibt es auch auf Seiten der universitären Ausbildung. Denn die Drop-out-Quoten bei Informatik- und Kommunikationstechnologiestudien an Österreichs Universitäten liegen deutlich über dem Schnitt  – mehr als 50 Prozent der Bachelor- und Master-Studien werden abgebrochen – oft auch, weil die Studierenden voll in einen Job einsteigen, ohne das Studium zu beenden. „Die dringend benötigten IT-Fachkräfte können nachhaltig nur durch zusätzliche Ausbildungsplätze und geringere Dropout-Quoten generiert werden“, so Martin Zandonella, UBIT-Fachgruppenobmann Kärnten und Berufsgruppensprecher der IT. „Wir brauchen mehr junge Leute, die als hochqualifizierte IT-Fachkräfte die Universitäten und FHs verlassen und der Wirtschaft zur Verfügung stehen. Gegen alle Beteuerungen wurden die Dropout-Quoten an der TU nicht wesentlich reduziert und die Absolventenzahl sinkt.“

+++ Kritik an neuer Regierung: Informatikausbildung wird vernachlässigt +++

Weniger Studienabbrecher nach Zugangsbeschränkungen

Beispiel TU Wien: Diese hatte 2016 Zugangsbeschränkungen für Informatikstudien eingeführt, weil die Anzahl der Studierenden nicht mehr bewältigbar war. Laut Norbert Wohlgemuth vom Kärntner Institut für Höhere Studien (KIHS) sind im Studienjahr 2018/2019 1.090 Studierende für das Informatikstudium an Uni Wien, TU Wien und Uni Innsbruck zugelassen – das ist etwas weniger als im Jahr davor. “An der TU Wien wirken die Zulassungsbeschränkungen besonders. Da kann man hinterfragen, ob das angesichts der Fachkräftemangel sinnvoll ist”, so Wohlgemuth. Vor den Zugangsbeschränkungen gab es viel mehr Informatikstudierende – aber gleichzeitig auch viel mehr, die das Studium nie beendeten.

„In der TU Wien sehen wir, dass Studierende, die das Aufnahmeverfahren im Studienfeld Informatik bis dato durchlaufen haben, schneller studieren, bessere Noten haben und auch der Frauenanteil stabil bleibt“, so TU-Rektorin Sabine Seidler zur aktuellen Situation. „Darüber hinaus ist der Anteil der Studienabbrecher in den Bachelor-Studien Informatik und Wirtschaftsinformatik nach dem ersten Semester von ungefähr einem Viertel auf unter 10 Prozent gesunken.“ Sicher könne man sich mehr Studienplätze wünschen – dafür braucht es aber mehr Budget, um einerseits die Räumlichkeiten und andererseits das Lehrpersonal zu bezahlen. Entsprechende Lehrende nach Wien zu bekommen, ist schwer – schließlich gibt es einen internationalen Wettbewerb rund um die besten Lehrkräfte.

Schaden für die Wertschöpfung

Mehr und bessere Ausbildung in Informatik, um bessere Software-Entwickler, Security-Experten und Cloud-Spezialisten hervorzubringen. Doch ist Ausbildung nicht ein Langzeitprojekt – in einer Situation, in der Fachkräfte eigentlich jetzt gesucht werden? „Ich glaube, dass man die ersten Effekte in drei Jahren sehen könnte“, so Harl. Informatikausbildung sei eben ein Teil davon, “wir brauchen ein Gesamtkonzept.“ Ein weiterer Baustein ist laut UBIT die Verbesserung der Rot-Weiß-Rot-Karte. Diese könne laut Zandonella dafür sorgen, dass Fachkräfte aus dem Ausland in Bereichen geholt werden, in denen dringend gesucht wird. Er rechnet dabei aber eher mit „hunderten und nicht tausenden“ neuen Fachkräften.

Handlungsempfehlungen gibt es also einige – im Land ausbilden, im Ausland anwerben. Dass die Sache dringend ist, versucht UBIT auch mit folgender Zahl zu verdeutlichen: 1,6 Milliarden Euro. Die Rechnung geht so: Für jede nicht besetzte IT-Stelle würde dem Land etwa 160.000 Euro an Wertschöpfung entgehen, weil die Arbeit dann im Ausland gemacht wird bzw. das Geld nicht in Österreich ausgegeben wird. Hochgerechnet auf 10.000 unbesetzte IT-Stellen wären das dann die 1,6 Milliarden Euro – jedenfalls viel Geld.

Tablets für Schüler werden nicht reichen

Wie soll sich der nun geforderte Informatikunterricht in der Schule gestalten? Jedenfalls anders als der bisherige, der vonn Schule zu Schule anders gestaltet und meist als Wahlfach angeboten wird. “Der heutige Informatik-Unterricht hat nichts mit Informatik zu tun”, so Zandonella. „Kein Wunder, dass das die Schüler nicht interessiert.“ Auch der Plan, Schulklassen flächendeckend mit Tablets auszustatten, sei nicht der Weisheit letzter Schluss. “Nur weil die Schüler Tablets bekommen, werden wir deswegen nicht mehr Studierende haben.”

Bedeutet unterm Strich: Der Fachkräftemangel und die möglichen Gegenmittel sind eine komplex Angelegenheit. Eine Reform des Ausbildungssystems wird erst nach vielen Jahren Früchte tragen – und da ist noch gar nicht geklärt, wie viele junge Menschen wo was genau lernen sollen. Jetzt ist Bildungsminister Faßmann am Zug. Sein Ministerium hat zuletzt 50 Millionen Euro für Digitalisierungprojekte an österreichischen Universitäten vergeben – der erste Schritt auf einem langen Weg.

+++ 50 Millionen Euro für Digitalisierungprojekte an österreichischen Universitäten +++

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