Forschung

Ultrafeinstaub: Per Kleinflugzeug dem Einfluss von Nanopartikeln auf Wetterextreme auf der Spur

Auf zahlreichen Messflügen steuerte Wolfgang Junkermann das Ultraleichtflugzeug D-MIFU des KIT ©Bodenbender
Auf zahlreichen Messflügen steuerte Wolfgang Junkermann das Ultraleichtflugzeug D-MIFU des KIT ©Bodenbender
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Das Thema Feinstaub ist insbesondere in den Städten ein allgegenwärtiges. In Österreich hat insbesondere die Steiermark mit häufig sehr hohen Messwerten zu kämpfen. Das zeigt auch ein Blick auf die aktuellen Messwerte. Von Jahresbeginn bis zum 26.05.2022 sind in der Statistik des Umweltbundesamtes zu Luftwerteüberschreitungen vier der ersten fünf Plätze mit Messstandorten aus der Steiermark belegt.

Fällt nun der Begriff „Ultrafeinstaub“ klingt das nach etwas, das es zu vermeiden gilt. Bisher ist diese Thematik in der Öffentlichkeit dabei kaum präsent. Das könnte sich aber vielleicht nun zukünftig ändern.

Zusammenhang zwischen Ultrafeinstaub und Extremwetter

Als Ultrafeinstaub werden ultrafeine Partikel von bis zu 100 Nanometer aus der Verbrennung von fossilen Kraftstoffen genannt. Wolfgang Junkermann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Jorg Hacker von der Flinders University in Australien haben sich dieser Thematik im Rahmen einer aktuell im Fachjournal Scientific Reports veröffentlichten Studie zugewandt und stießen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Konzentration von ultrafeinen Partikeln in der Atmosphäre   und dem Vorkommen von Extremwettern.

Dass Extremwetterereignisse, wie einerseits Starkregen und anderseits Dürren, durch die Klimakrise zunehmen, wurde bereits des Öfteren verschiedentlich festgehalten, zuletzt auch im jüngst veröffentlichten Sachstandsbericht des Weltklimarats. Das hat mehrere Gründe. „Bislang wurden diese Veränderungen in der Klimaforschung hauptsächlich auf das zunehmende Kohlendioxid und die entsprechend höhere Wasserdampfkapazität einer sich erwärmenden Atmosphäre zurückgeführt“, so Junkermann. Da Kohlendioxid aber aufgrund seiner langen Lebensdauer räumlich relativ gleichmäßig verteilt sei, ließe sich damit die Variabilität in der Verteilung und im Auftreten von Extremwetterereignissen ohne Einbeziehung des Wasserkreislaufs nicht befriedigend erklären, so die Forschenden.

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Regen wird unterdrückt

Daher suchte das Team nach weiteren Erklärungen und wandte sich den Nanopartikeln zu. „Mit üblichen Modellen für die Wolkenbildung können wir zeigen, dass sich durch die Zunahme von ultrafeinen Partikeln auch mehr und kleinere Tropfen bilden“, erklärt Junkermann. Dadurch würde Wasser viel länger in der Atmosphäre verweilen, der Regen würde zunächst unterdrückt und es entstehe ein zusätzliches Energiereservoir in der mittleren Troposphäre, das extreme Niederschläge begünstige, so der Forschende. Dieser kann sich dann auch erst hunderte Kilometer entfernt entladen. „Eine heterogene Verteilung der Nanopartikel-Verschmutzung könnte beitragen, die großen regionalen Unterschiede bei Extremwetterereignissen zu erklären“, so Junkermann.

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Verbesserte Abgasreinigung fördert Partikelbildung 

Doch die Forschenden verfolgten die Nanopartikel nicht nur vom Forschungslabor aus, sondern auch direkt aus der Praxis, auf zahlreichen Messflügen. Dabei stellten sie globale Übereinstimmungen fest. Bei der Untersuchung von Daten zur Menge und Verteilung von Ultrafeinstaub in der Erdatmosphäre sowie zu Veränderungen im Wasserkreislauf, sei dann in vielen Gebieten der Erde ein Zusammenhang zwischen einem Anstieg der Partikelanzahlen und regional veränderten Niederschlagsmustern deutlich geworden, so die Forschenden. „Über dem Mittelmeer ist die Partikelkonzentration beispielsweise seit den 1970er Jahren um den Faktor 25 angestiegen“, sagt Junkermann. „Im selben Zeitraum gibt es starke Veränderungen bei den Niederschlägen, weg von regelmäßigen Regenfällen und hin zu Dürren und stärkeren Extremereignissen.“

Dabei stießen sie auch auf eine paradoxe Entwicklung So wurden sie auf einen Zusammenhang zwischen besonders hohen Konzentrationen und moderner Abgasreinigung bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe in Kraftwerken oder durch Schiffsmotoren aufmerksam. „Die extremen Konzentrationen konnten wir auf Kraftwerke, Raffinerien oder den Schifffahrtsverkehr zurückführen, oft und besonders auch auf Großfeuerungsanlagen mit neuester Abgas-Technologie“, so der Forschende. Ein Beispiel für eine solche Abgas-Technologie ist der Einsatz von Ammoniak. Durch dieses soll die Bildung von Stickoxiden (NOx) in Abgasen von Industrieanlagen unterbunden werden. Mit ihren Daten könnten sie aber nun nachweisen, dass dabei besonders viele Nanoteilchen in die Atmosphäre entweichen würden, so die Forschenden.

Bessere Vorhersage ermöglichen

Was ist also nun die Moral der Geschicht? Nun, auf moderne Abgasreinigungstechniken zu verzichten, wohl schon mal nicht. Die beiden Wissenschaftler appellieren dazu, den Anstieg von Ultrafeinstaub in der Atmosphäre in den Szenarien der Klimaforschung stärker zu berücksichtigen. Denn in den bisherigen Berechnungen würden standardmäßig Staubwerte aus Emissionsszenarien vom Anfang des Jahrhunderts verwendet.

„Mit aktuelleren Daten könnte die Modellierung des Wasserkreislaufs, der Niederschlagsänderungen und der Extremwetterereignisse vermutlich wesentlich verbessert werden“, so Junkermann. So könnten Bewohner:innen vielleicht besser vor Extremwetterereignissen gewarnt werden.

Und langfristig betrachtet dürfte die Lösung wohl auf der Hand liegen – je weniger fossile Brennstoffe verbrannt werden, desto weniger entweichen Luftschadstoffe. Somit ist auch hier wieder die Abkehr von fossilen Brennstoffen langfristig der richtige Ansatz.

 

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