Umstieg auf das Fahrrad: Manchmal braucht es einen kleinen Schubser
Für eine zukunftstaugliche Mobilität sollte die Gesellschaft ihr Verhalten hin zu nachhaltigeren Verkehrsmitteln ändern – wie etwa dem Fahrrad. Aber wie? Die Forscherinnen Claudia Luger-Bazinger und Veronika Hornung-Prähauser von der Salzburg Research Forschungsgesellschaft setzten dafür auf Gamification und Nudging. Mit einer App konnten Nutzer:innen ihre Mobilität tracken und in der Community vergleichen. Zudem sollten spielerische Elemente dazu motivieren, mehr mit dem Rad zu fahren.
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„Die Nutzung des Autos dominiert immer noch in den Städten und ihrem Umland – und der Verkehr ist für ein Viertel der Treibhausgasemissionen in Europa verantwortlich“, sagt Studien-Autorin Claudia Luger-Bazinger in einer Aussendung. „Wir haben daher untersucht, wie motivierende Techniken unter Verwendung von Daten aus einem persönlichen Mobilitätstracker eingesetzt werden können, um die persönliche Mobilität der Bürgerinnen und Bürger zu beeinflussen“, so Innovationsforscherin Luger-Bazinger weiter.
Mit Nudging und Gamification zur Verhaltensänderung
Methoden wie „Gamification“ und „Nudging“ sollen dabei Verhalten lenken, aber trotzdem die Freiheit der eigenen Entscheidung aufrechterhalten. Gamification – auch Spielifizierung – kann Nutzer:innen dazu motivieren, sich regelmäßiger zu engagieren und ihr Verhalten zu ändern. „In der prototypisch entwickelten und getesteten Mobilitäts-App erhielten die Nutzerinnen und Nutzer Belohnungspunkte – sogenannte ‚Heartbeats‘ für Aktivitäten, wie z.B. die Nutzung von regionalen Angeboten, das Lösen von Quizfragen und Rätseln sowie die Nutzung des Mobilitätstrackers beim Radfahren. Die Nutzerinnen und Nutzer sammelten die Belohnungspunkte dabei gemeinsam für ihren jeweiligen Stadtteil“, sagt Innovationsforscherin Luger-Bazinger.
Auch das „Nudging“ – wörtlich übersetzt: „Schubsen“ – soll das Verhalten von Menschen ohne Drohungen oder Bestrafung ändern. „Insbesondere neigen Menschen dazu, ihr Verhalten zu ändern, wenn eine soziale Gruppe, mit der eine starke Identifikation besteht, ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt. In unserem Fall kann die Gemeinschaft, die die App für persönliche Mobilität nutzt, als relevante soziale Gruppe dienen“, sagt Luger-Bazinger.
Mehr Fahrrad-Kilometer nach „Schubsern“
Die App wurde dabei von August bis September 2020 getestet. 587 Nutzer:innen aus Salzburg nahmen an dem Projekt teil, zwei Drittel davon fuhren mindestens zwei- bis dreimal pro Woche mit dem Rad. Insgesamt zeichneten die Mobilitätstracker knapp 1.500 Fahrrad-Kilometer auf, die Teilnehmer:innen wurden mit fast 2.000 „Heartbeats“ belohnt. „Natürlich ist bei solchen Projekten immer das Problem, dass besonders jene teilnehmen, die schon viel mit dem Rad fahren“, verrät Luger-Bazinger im Gespräch mit Tech & Nature. Dennoch konnte man feststellen, dass die Mobilität bei der Einführung des Belohnungssystems anstieg.
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Von Ende April bis Anfang Mai 2021 erfolgte nämlich die Nudging-Phase. Innerhalb von zwei Wochen erhielten 202 App-Nutzer:innen insgesamt sechs „Nudges“, also Benachrichtigungen, auf ihren Smartphones. Darin wurden die eigenen Fahrrad-Kilometer mit jenen der anderen Community-Mitglieder verglichen. Die Studie zeigte daraufhin eine deutliche Steigerung der Fahrrad-Kilometer während und nach der Nudging-Phase. Die Forscherinnen geben allerdings zu bedenken, dass auch das Wetter eine Rolle gespielt haben könnte. Als die Benachrichtigungen ausgesendet wurden, war es nämlich deutlich wärmer als in den Wochen zuvor.
Studienergebnisse waren ermutigend
Insgesamt seien die Ergebnisse ermutigend, was die Effektivität des Einsatzes von Nudging und Gamification-Techniken in einer App für persönliche Mobilität zur Förderung des Radfahrens in einer Stadt betrifft, so das Fazit der Studie. „Eine Kombination aus Kontextdaten, wie zum Beispiel Wetterdaten, und Nudging könnte am erfolgreichsten sein“, sagt die Innovationsforscherin. Die Idee wird nun auch in einem weiteren Forschungsprojekt, Dynamic Mobility Nudge (DyMoN), weiterverfolgt. Auch daran sind Forscher:innen von Salzburg Research wieder beteiligt.
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Der Erfolg profitiere dabei auch von der Identifikation mit einer Gemeinschaft: Mit der App werden die Nutzer:innen Teil einer Gemeinschaft und so motiviert, sich nachhaltiger zu verhalten. Sie erkundeten in der App nachhaltige Angebote und bewegten sich innerhalb der Stadt vermehrt mit dem Fahrrad.