Analyse

Urban Sports Club kauft myClubs: Konsolidierung der Sport-Aggregatoren

© Urban Sports Club
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Man mag sich ja kaum mehr an diese Phase unseres Lebens erinnern. Aber als ab März 2020 das Leben – und damit auch die meisten Geschäfte und Büros – in Folge der COVID-Pandemie zugesperrt wurden, da sah man sich natürlich auch bei Fitness-Anbietern rund um den Globus vor dem Aus. Auch bei den österreichischen Startups bzw. Scale-ups Eversports und myClubs musste man rasch umsatteln. Statt Zugang zu Fitness-Klassen wurde kurzerhand auf Online-Livestreams umgesattelt.

Nach 2 Lockdowns im deutschsprachigen Raum und zaghaften Wiederöffnungen von den Fitness-Studios und Sportanbietern war der Markt ordentlich durcheinander gewirbelt. myClubs, damals bereits in Österreich und der Schweiz mit etwa 1.000 Sportanbietern und 35 Sportarten im Angebot, musste bereits 2019 mit ansehen, wie der US-Rivale ClassPass (damals mit satten 240 Millionen Dollar an Investment im Rücken) nach Österreich und Deutschland kam und versuchte, sich Marktanteile von den führenden Fitness-Abo-Anbieter zu schnappen (mehr dazu hier).

Wie die COVID-Pandemie zuschlug

ClassPass (gegründet 2013) und Gympass (2012, heute Wellhub) sind die internationalen Vorreiter der so genannten Sport-Aggregatoren. Sie betreiben keine Fitnessstudios, sondern bündeln deren (Rest-)Plätze in monatlichen Abos, die dann an ihre eigenen Kunden weitergegeben werden. In Europa starteten mit sehr ähnlichen Geschäftsmodellen rund um Sport-Flatrates myClubs in Österreich (2014) und Urban Sports Club in Deutschland (2012). Seit heute Donnerstag gehört myClubs offiziell den deutschen Urban Sports Club.

Als sich die Welt und damit auch die Fitnessstudios nach den schlimmsten Phasen der COVID-Pandemie wieder öffneten und in den Normalbetrieb gingen, gaben auch die Fitness-Abo-Anbieter wieder ordentlich Gas. ClassPass wuchs eigenen Angaben zufolge von 2022 auf 2023 um 120 Prozent bei den Nutzerzahlen in der DACH-Region. Geld für Wachstum war da, glücklicherweise konnte das US-Unternehmen kurz vor den ersten Lockdowns im Jänner 2020 eine stattliche Finanzierungsrunde von 285 Millionen US-Dollar abschließen.

Auch aus Deutschland kam immer mehr Konkurrenz. Urban Sports Club aus Berlin holte sich 2021 eine Finanzierung von 80 Millionen Euro unter anderem von Sevengrowth, einem VC-Arm von Prosiebensat1, der dann auch ordentlich Werbevolumen in den Deal mitbrachte und zur Bekanntheitssteigerung des Berliner myClubs-Konkurrenten beitrug. Urban Sports Club legte dann Ende 2023 mit einer Finanzierungsrunde von 95 Millionen Euro nach, um weiter auf dem Pfad des wichtigsten europäischen ClassPass-Rivalen zu bleiben.

Derweilen fokussierte sich das myClubs-Team um Gründer Tobias Homberger auf die beiden Kernmärkte Österreich und die Schweiz, wohin myClubs bereits 2018 durch die Übernahme von GymHopper expandierte. Wie schwer die COVID-Krise und die Geschäftsschließungen myClubs getroffen haben muss, kann man indirekt erfahren. 2022 investierte die Stadt Wien über die damals relativ neue „Stolz auf Wien“ Beteiligungs GmbH. Diese wurde 2020 eingerichtet, um von der Corona-Pandemie getroffene Unternehmen in der Krise zu helfen, insgesamt wurden 50 Mio. Euro dafür bereitgestellt. myClubs bekam ein paar Millionen davon, „Stolz auf Wien“ bekam dafür 12,8 Prozent der Firmenanteile und wurde nach Gründer Homberger und dem aws Gründungsfonds zum größten Anteilseigner (mehr dazu hier).

Urban Sports Club drängte nach Österreich – oder wurde gedrängt

Anfang 2024 verkündete dann Urban Sports Club den Marktstart in Österreich und begann dann zusätzlich zu ClassPass und mit 95 Mio. Euro den Markt zu beackern. Übertrumpfen konnten die beiden ausländischen Rivalen myClubs nie, das Team um Homberger verteidigten fleißig die Marktführerschaft in Österreich und der Schweiz. Klar wurde im Laufe von 2024 aber auch, dass myClubs irgendwann einen Schritt machen muss, da so mancher Investor einen Exit wollte – unter anderem ist der Speedinvest II-Fonds, der an myClubs beteiligt ist, bald zehn Jahre alt und damit bald am Ende seiner Laufzeit angekommen.

Urban Sports Club wiederum ist selbst zum Wachstum getrieben. 2023 holte sich EGYM eine Finanzierungsrunde von 207 Mio. Euro, um sein Firmenfitness-Netzwerk EGYM Wellpass mit über 11.500 Sport- und Wellnesseinrichtungen in Deutschland, Österreich und Frankreich weiter auszubauen. EGYM hatte sich 2022 bereits Gymlib aus Frankreich zugekauft. Ende 2023 wurde dann Exercite, zum dem der deutsche USC-Konkurrenz Hansefit und die niederländsche Workfit gehört, an die finnische Epassi verkauft. Der Markt konsolidiert sich.

So verwunderte es Branchenbeobachter im Frühsommer 2024 nicht, dass Marktgerüchte zu Exit-Verhandlungen zwischen myClubs und den Konkurrenten ClassPass, Gympass/Wellhub und Urban Sports Club begonnen worden waren. Am heutigen Donnerstag weiß man gewiss: Das Wiener Scale-up gehört nun nach einem Verkauf um einen zweistelligen Millionenbetrag den Berlinern von Urban Sports Club. Marke und Teams bleiben bis auf weiteres erhalten, für Kund:innen B2B wie B2C soll sich vorerst nichts ändern.

Damit setzt Urban Sports Club die aggressive Expansionsstrategie, die man auch gegen ClassPass fahren muss, weiter. Zusätzlich zu den 95 Mio. Euro von Ende 2023 sind nun noch einmal 40 Millionen Euro an Fremdkapital dazu gekommen, die von der Europäischen Investitionsbank stammen. Das ist noch einmal mehr Feuerkraft, um sich gegen ClassPass zu rüsten, das mittlerweile in DACH, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Schweden und UK vertreten ist.

Dass die Branche im Umbruch ist, sieht man auch an Gympass aus Brasilien, dass sich 2024 in Wellhub umbenannte. Man will nicht mehr als Abo-Anbieter für Restplätze in Fitnessstudios wahrgenommen werden, sondern als Anbieter für „holistisches Mitarbeiterwohlbefinden“. Klar geht es hier auch wie bei myClubs und Urban Sports Club stark um den B2B-Markt, wo Unternehmen Pakete für Sporteinheiten für ihre Mitarbeiter:innen angeboten werden. Offenbar ist der B2b-Markt mittlerweile der spannendere als der B2C-Markt, in dem zahlreiche Fitnessketten um die Kundschaft rittern.

Es ist davon auszugehen, dass es weitere Konsolidierung am Markt der Sport-Aggregatoren geben wird – und es gibt zwei, drei Player, die dafür ordentlich Geld aufgenommen haben.

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