Urheberrecht: „Das ist ein trauriger Tag für Startups in Europa“
Das EU-Parlament hat heute die Urheberrechtsreform durchgewinkt, die bereits am 9. April von den Mitgliedsstaaten der EU abgesegnet werden könnte. Dabei geht es auch um die Einführung von Upload-Filtern, die Internet-Plattformen brauchen, um Content auf etwaige notwendige Lizenzen überprüfen zu können. Laut Axel Voss, Berichterstatter des EU-Parlaments und Mitglied der EVP, hätte man da einen guten Kompromiss für Startups in der EU gefunden.
„Text schützt Startups besonders“
„Ich bin auch froh, dass der heute vereinbarte Text Startups besonders schützt. Die führenden Unternehmen von morgen sind die Startups von heute und Vielfalt resultiert aus einem großen Pool an innovativen, dynamischen und jungen Unternehmen“, so Voss. Dem EU-Parlament zufolge solle es für Startups weniger Auflagen geben als für die großen Plattformbetreiber wie Google und Facebook (die ohnehin schon Upload-Filter einsetzen, Trending Topics berichtete). Ausnahmen soll es geben für Firmen, die
- weniger als 10 Mio. Euro Jahresumsatz
- weniger als 5 Mio. monatlich aktive Nutzer
- kürzer als 3 Jahre im EU-Markt aktiv sind
haben. Doch in der Startup-Szene stößt das auf wenig Gegenliebe. „Das ist ein trauriger Tag für Startups in Europa. Die großen Player haben erfolgreich gegen Wettbewerb & Innovation angekämpft und bekommen den bestellten Protektionismus, um ihre Oligopole zu schützen. Die nun notwendigen Upload-Filter sind ein weiterer Stolperstein für junge aufstrebende Plattformen aus Europa und werden die Vormachtstellung von Facebook, Google und Co weiter stärken“, so Markus Raunig, Geschäftsführer von AustrianStartups zu Trending Topics. „Während diese großen Giganten die dafür notwendigen Investments stemmen können, werden kleinere Plattformen die Technologie vermutlichen von ihnen kaufen müssen.“
„Technologische Abhängigkeit von großen Konkurrenten“
Die Ausnahmeregeln für Jungfirmen würden wenig helfen. „Denn auch nach 3 Jahren werden kleine Plattformen hier kaum selbst aktiv werden können – was bleibt ist ein zusätzlicher Kostenpunkt und womöglich eine direkte technologische Abhängigkeit von großen Konkurrenten“, so Raunig weiter. Auch der Artikel 11 (bzw. neuerdings Artikel 15), der einen Leistungsschutz vorsieht und vor allem Google News treffen soll, stößt bei Raunig auf wenig Gegenliebe. „Das Leistungsschutzrecht hat schon in Deutschland und Spanien nicht funktioniert und teilweise sogar kleinen Medienplattformen geschadet. Wir befürchten, dass wir dadurch weniger Nachrichten von unabhängigen Publishern und Medien-Startups sehen und große Verlage ihre Macht dadurch besser absichern werden können.“
Kritik an der Entscheidung kommt auch aus Deutschland. „Heute ist ein schwarzer Tag für Europa und das freie Internet. Am Ende haben nicht Vernunft, sondern die Partikularinteressen einiger weniger Fortschrittsverweigerer und eine mit Halbwahrheiten und falschen Informationen geführte Kampagne gesiegt“, so Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverband Deutsche Startups. „Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben mit der heutigen Entscheidung enormen Schaden für das freie Internet und die europäische Digitalwirtschaft verursacht. Im internationalen Wettbewerb um die digitalen Pioniere und Technologien der Zukunft muss Europa einen herben Schlag hinnehmen, der sich noch jahrzehntelang auswirken wird.“
Nicht alle sehen schwarz
Eindeutig ist die Sache nicht. Wie Trending Topics berichtete, sieht etwa das oberösterreichische Medien-Startup Newsadoo das Leistungsschutzrecht positiv. „Für Newsadoo als europäische News-Initiative ist das Leistungsschutzrecht positiv, weil es die weitere Entwicklung unterstützt“, kommentierte Johannes Knierzinger, Head of Communication und Partner Management bei Newsadoo. „Das Leistungsschutzrecht ist aber ein klares Signal auch an kleinere Verlage, dass sich Lösungen bieten werden. Genau das ist der Grund, warum wir mit Newsadoo diese europäische News-Initiative im letzten Jahr aufgebaut haben.“