Gastbeitrag

uugot.it-Gründer Philipp Etzlinger: „Wir müssen die Medienkompetenz der Lehrenden stärken“

uugot.it-Gründer Philipp Etzlinger. © uugot.it
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Die Bundesregierung will im Rahmen der „Digital Roadmap“ Österreich zum Innovations-Leader in Europa machen und die Digitalisierung nutzen, um den Wirtschaftsstandort zu stärken. Im Rahmen einer Online-Diskussion sind alle Bürger bis 30. März (die Frist wurde verlängert) gefragt, sich mit ihren Vorschlägen einzubringen. Vertreter der österreichischen Start-up-Szene veröffentlichen hier ihre Ideen – heute ist Philipp Etzlinger, Gründer des Sprachlern-Start-ups uugot.it sowie Projektmanager bei der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur ecoplus, an der Reihe:

Es soll eine digitale Roadmap aufgelegt werden, um Österreich fit für das digitale Zeitalter zu machen. Nur, sind wir da nicht schon mittendrin?

Viel wird darüber geklagt, dass Österreich den Anschluss an das digitale Zeitalter verpasst hat und es einer Kehrtwende bedarf, um zu Ländern, die weiter vorangeschritten sind, aufschließen zu können. Es geht darum, nicht einen Wettbewerbsnachteil zu erleiden und als Wirtschaftsstandort kompetitiv zu bleiben. Wenn es um digitale Zukunft geht, dann hängt das sehr stark mit Bildung zusammen. Nur, wie steht es um das Thema Bildung heute?

Geht man in die Klassenzimmer, dominiert nach wie vor die Schultafel den Raum, dieser gegenüber sind die SchülerInnen meist in Form von Kohorten, also frontal, in U-Form oder einer sonstigen Formation drapiert. Vereinzelt wurden Kreideschultafeln mit Whiteboards ersetzt – wir befinden uns somit nicht mehr ausschließlich in der Kreidezeit. Die Methoden des Unterrichtens haben sich aber, wie es scheint, in den vergangenen 20 bis 30 Jahren, als auch ich noch zur Schule gegangen bin, kaum verändert. Noch immer, auch wenn vereinzelt interaktive Whiteboards zum Einsatz kommen, ist es in großen Teilen des Schulalltags so, dass die Vermittlung des Unterrichtmaterials frontal erfolgt. Möchten wir es so schaffen, autonomes Handeln zu fördern und über diese, verzeihen Sie den Ausdruck, antiquierte Wissensvermittlung, junge Menschen ausbilden, die den Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerecht werden sollen? Um Missverständnisse zu vermeiden: Digitale Bildung ist kein Garant für eine gute Schulbildung.

Tablets statt Frontalunterricht

Warum aber bedienen wir uns nicht der Fertigkeiten und Fähigkeiten, die unsere Kinder schon mitbringen? Heutzutage kann jedes Kind mit Tablet, Smartphone & Co umgehen, auch schon die Kleinsten. Die Bedienung ist ganz selbstverständlich, sogar für manchen Erwachsenen ist mitunter schon ein Umdenken notwendig, wenn auf einmal gefordert, ist handschriftliche Notizen zu machen. Weshalb schenken wir dem nicht mehr unserer Aufmerksamkeit und setzen mobile Endgeräte abseits von Spielen, lustiger Foto-Apps, Music-Playern und Co in sinnvollen pädagogischen Kontext im Bereich der Bildung gezielt ein, um hier einen Mehrwert im Unterricht zu erzielen?

Seit Februar können digitale Schulbücher aufgrund einer Initiative von Frau BM Dr. Karmasin (bmfj) und Frau BM Heinisch-Hosek (BMBF) kostenfrei dazu bestellt werden. Dabei obliegt es aber der Schule, ob diese von den digitalen Schulbüchern Gebrauch macht. Das ist zumindest ein erster Schritt um nicht nur den Kindern Medienkompetenz zu vermitteln, vielfach bringen sie diese ja sowieso schon mit, es entstehen dadurch ganz neue Lernszenarien. Einer Vorreiterin hier in Österreich ist die Lehrerin Barbara Zuliani, die schon seit Jahren in der Volksschule Breitenlee im 22. Wiener Bezirk mit mobilen Endgeräten in einem „1:1 iPad Concept“ arbeitet. In ihrem Fokus steht der methodisch didaktische Mehrwert, der durch den Einsatz der Neuen Medien, erfüllt wird. Die iPads und Tablets werden im Sinne eines Werkzeugs in ihrem Unterricht eingesetzt und finden neben Büchern und Heften einen selbstverständlichen Gebrauch in der täglichen Arbeit. Die Kinder arbeiten in kollaborativen und explorativen Settings und lernen so einen selbstverständlichen und verantwortungsvollen Umgang mit Neuen Medien.

Medienkompetenz der Lehrenden stärken

Umso verwunderlicher ist es, als letztes Frühjahr einer Diskussion im Unterrichtsministerium beiwohnend, Bedenken zur Verwendung von Tablets oder Smartphones in Schulen geäußert wurden. BYOD („Bring Your Own Device“) ist in den USA längst kein Thema mehr. Mitte 2015 wird darüber aber in Österreich noch diskutiert. Ist es nicht sinnvoller darüber nachzudenken, welche Infrastruktur geschaffen werden muss, um diesen Zugang zu ermöglichen? Gemeint ist dabei nicht nur die Schaffung der technischen Infrastruktur wie ein Schul-WLAN, sondern es geht auch darum, welche Inhalte zulässig sein sollen. Dem verantwortungsvollen Umgang mit Medien und der Nutzung der Geräte im sozialen Kontext – Stichwort bashing – ist hier ebenso ein wichtiger Stellenwert zu geben.

Damit aber nicht genug, es geht auch darum, die Medienkompetenz der Lehrenden zu stärken. Erst kürzlich wurde eine Befragung veröffentlicht, die Erschreckendes zutage treten lies: Schüler wurden zur Medienkompetenz ihrer Lehrer befragt. Ein Großteil der Befragten gab dabei an, dass die Lehrkörper nur eine mangelnde Kompetenz aufweisen. Das zu ändern, ist eine Grundvoraussetzung, um den Unterricht mit digitalen Inhalten überhaupt erst möglich machen zu lassen. Und es wird unerlässlich sein, auf diesen Zug aufzuspringen, wohl aber auch immer im Blickfeld haltend, dass nicht für alle Schüler digitale Unterrichtsformen immer und überall ideal sind. Auch darauf muss Rücksicht genommen werden und soll in einem entsprechenden Konzept berücksichtigt werden.

Digitale Inhalte motivieren die Schüler

Die Schule der Zukunft? Um es auf einen Punkt zu bringen, ist es notwendig, vorhandene Strukturen aufzubrechen und den Schülern schrittweise Autonomie zu geben. Das Ziel soll sein, dass Schüler dazu erzogen werden, selbst Lösungen zu entwickeln und den Kindern einen Weg zu zeigen, Medien zu produzieren, statt nur zu konsumieren. Der Dialog darf nicht ausschließlich in den Grenzen des Klassenzimmers geführt werden, sondern soll auch in die Weite des Internet verlagert werden. Wie ist es bpsw. sonst möglich, Fremdsprachen gut zu lernen? Aus einem Lehrbuch alleine? Wohl eher nicht. Und das wenig Überraschende: Digitale Inhalte motivieren Schüler ungemein und fördern die Aufnahme, mit Frontalunterricht kommt man heute nicht mehr durch.

All das setzt voraus, dass wir Lehrer im Bereich der Medienbildung schulen und dies zukünftig ein integraler Bestandteil in der Ausbildung wird. Die Notwendigkeit dazu ist klar: Bis 2020 wird erwartet, dass bei 90 Prozent der Jobs digitale Fertigkeiten vorausgesetzt werden. Um den Herausforderungen zu begegnen, möchte ich mit Worten der ehemaligen EU-Kommissarin für die digitale Agenda, Neelie Kroes, zu schließen: „We need teachers to be confident to use ICT in education.

Alle weiteren Gastbeiträge zur Digital Roadmap finden sich hier. Wenn auch du dich mit deinen Ideen für Österreichs Digital Roadmap in Form eines Gastbeitrags einbringen willst, dann schreib eine Mail an feedback@trendingtopics.at.

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