VC-Investments sind im ersten Quartal 2023 um 53% eingebrochen
Dass die VCs beim Investieren auf der Bremse stehen, ist kein Geheimnis, nur das Ausmaß der Finanzierungskrise war bisher nicht bekannt. Jetzt liefert die Startup-Datenbank Crunchbase, eine der größten ihrer Branche, frische Zahlen über das Fundraising-Geschehen im ersten Quartal 2023 – und es sieht nicht gut aus. So sind die weltweiten Finanzierungen im ersten Quartal beliefen auf 76 Mrd. US-Dollar gefallen – das entspricht laut Crunchbase einem Rückgang um 53 % im Vergleich zu den 162 Mrd. US-Dollar im ersten Quartal 2022.
Und dann sind es auch noch zwei große Deals, die das Kraut zumindest ein wenig fett machen. „Darin enthalten sind sogar eine gemeldete Investition von 10 Mrd. US-Dollar in OpenAI – größtenteils von Microsoft – und eine Finanzierungsrunde von 6,5 Mrd. US-Dollar für den Zahlungsriesen Stripe. Ohne diese beiden großen Deals wäre die Risikokapitalfinanzierung im ersten Quartal noch drastischer zurückgegangen, nämlich auf fast 60 Mrd. US-Dollar“, heißt es in der Analyse von Crunchbase.
Der Rückgang bei Finanzierungen für Startups-Scale-ups und Tech-Unicorns hat sich ab der zweiten Jahreshälfte 2022 deutlich gemacht, da sind die Investments stark gefallen. Seit dem dritten Quartal 2022 werden pro Quartal deutlich weniger als 80 Milliarden Dollar von VCs investiert, in den Quartalen davor waren es (seit 2021) immer deutlich mehr als 100 Milliarden Dollar – bis hinauf zu fast 180 Milliarden Dollar.
Was ist in 2022 passiert? Zwei Dinge: Die Zinswenden der US-Notenbank Federal Reserve sowie der Europäischen Zentralbank ließen die Leitzinsen in Richtung von 4, 5 Prozent steigen. Das drückt naturgemäß die Lust von Geldgeber:innen, in Risiko-behaftete Assets (und dazu gehören Startup-Shares) zu investieren. Dazu kam der Ukrainekrieg und stark steigende Energiepreise gegen Ende des Jahres, was die Wirtschaft zusätzlich unter Druck setzte.
„Der Rückgang im Jahr 2022 hat sich in allen Finanzierungsphasen von Quartal zu Quartal und von Jahr zu Jahr vertieft – abgesehen von den Ausreißern einiger milliardenschwerer Spätphasenfinanzierungen. Zu den Sektoren, die im ersten Quartal rückläufig waren, gehören E-Commerce, Blockchain und Kryptowährungen“, heißt es seitens Crunchbase. Künstliche Intelligenz bleibt jedoch ein Lichtblick, mit großen Finanzierungen in Q1 2023.“ Neben OpenAI hätten etwa auch Anthropic, SandboxAQ und Adept AI große Runden gestemmt.
Alles von Early Stage bis Later Stage betroffen
Hieß es Ende 2022 in vielen Industrie-Statements noch, dass vor allem eher die späteren Finanzierungsrunden der Series A, B, C und Co. durch diese Finanzierungssituation erschwert würden, zeigt sich mittlerweile, dass auch der Pre-Seed- und Seed-bereich genauso von der Trockenzeit betroffen ist. Hier die Entwicklungen für die verschiedenen Bereiche von Startup-Entwicklungsphasen:
Womit muss man in Zukunft rechnen? Gingen viele davon aus, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2022 wieder leichter wird, so muss das nicht eintreffen. Manche sehen die US-Wirtschaft bereits jetzt in der Rezession, Jamie Dimon, der Chef der größten Bank der USA JPMorgan Chase, sieht ebenfalls schwere Zeiten auf die Wirtschaft zukommen. „Unterschätzen Sie nicht die extreme Bedeutung der Zinssätze“, so Dimon gegenüber seinen Shareholdern. „Die Zinssätze sind außerordentlich wichtig – sie sind die kosmologische Konstante oder die mathematische Gewissheit, die alle wirtschaftlichen Dinge beeinflusst.“
JPMorgan Chase CEO: „Unterschätzen Sie nicht die extreme Bedeutung der Zinssätze“