Verbraucherschützer wollen Amabrush klagen – das sagt der Gründer dazu
Der Verbraucherschutzverein VSV erwägt gegen das Wiener Startup Amabrush juristisch vorzugehen. Mindestens 20 Geschädigte haben sich bei dem Verein gemeldet, nachdem dazu in einer Facebook-Gruppe aufgerufen wurde. Die Vorwürfe: Entweder die Zahnbürsten-Alternative wurde gar nicht oder verspätet geliefert oder das Produkt erfülle nicht die Versprechen des Unternehmens.
„Zum einen werden Crowdfunder seit über einem Jahr vertröstet und bekommen keine Zahnbürste ausgeliefert, zum anderen beschweren sich Käufer, dass die Zahnbürste in keiner Weise dem entspricht, was beworben wurde“, sagt Peter Kolba (Jetzt – Liste Pilz), der dem Verein vorsteht.
Staatsanwaltschaft kontaktiert
Der VSV hat daher eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingereicht. Diese werde nun zu prüfen haben, ob ein strafrechtliches Handeln vorliege, heißt es in einer Aussendung. Geschädigte können sich über die Website des VSV melden. Wer sich dort anmeldet, wird von dem Verein informiert, sollte es zu einem möglichen Verfahren kommen, bei dem sie sich anschließen können.
„Eine Sammelklage nach amerikanischen Recht gibt es in ganz Europa nicht“, erklärt Kolba im Gespräch mit Trending Topics. Allerdings können Geschädigte nach österreichischem Recht ihren Anspruch an eine Organisation abtreten, die diesen Anspruch dann vor Gericht durchzusetzen versucht.
Rückerstattung des Kaufpreises könnte Ergebnis des Verfahrens sein
Sollte es zu einem Verfahren kommen, können Geschädigte allerdings höchstens mit der Rückerstattung des Kaufpreises rechnen. „Ein Schadenersatz für das durch den Einsatz zugefügte Leid, wie man das aus den USA kennt, ist in Österreich nicht möglich“, so Kolba.
Der Kaufpreis lag je nach Kampagne und Set zwischen rund 130 Euro und rund 180 Euro. Für Privatpersonen ohne Rechtsschutzversicherung würde sich eine Klage laut Kolba also nicht rechnen. Ein Verfahren, in dem mehrere Geschädigte zusammenfinden, hätte hingegen einen höheren Streitwert und wäre damit interessant für einen Prozesskostenfinanzierer. Einen solchen würde der VSV im Fall der Fälle suchen.
Amabrush reinigt nicht wie versprochen
Amabrush selbst habe von dem Vorgehen der VSV erst über die Medien erfahren, sagt Gründer Marvin Musialek im Gespräch mit Trending Topics. Grundsätzlich sei es nur ein kleiner Teil der vielen Kunden, die sich mit unterschiedlichen Beschwerden bei dem Startup gemeldet hätten. „Wir haben eine Liste von 300 Leuten, für die wir gerade versuchen, eine allgemeine Lösung zu finden“, so Musialek. Die Forderungen unzufriedener Kunden würden von Rückerstattung über Austausch des Produktes oder die Lieferung eines zusätzlichen Produktes reichen. Er wolle aber „keine Extrawürsterln“ verteilen, sondern eine Lösung finden, die für alle gleich sei.
Gründer Marvin Musialek hat mit Amabrush per Crowdfunding 2017 rund 7,8 Millionen Euro eingesammelt, im Frühjahr 2018 sollten die Amabrush-Bürsten ausgeliefert werden – es kam aber zu starken Verzögerungen. Währenddessen fiel die Alternativ-Zahnbürste in verschiedenen Tests durch. Das Versprechen: In zehn Sekunden soll die vollautomatische Zahnbürste im Look einen Zahnschutzes für Sportler die Zähne reinigen. Für Aufsehen sorgte das Urteil von dem Leiter der Universitätszahnklinik in Wien, Andreas Moritz, der im ORF sagte, er würde keinem Patienten raten, die Zahnbürste durch Amabrush zu ersetzen (Trending Topics berichtete). Nach einer Reinigung mit Amabrush wies eine blau färbende Tablette nach wie vor starke Plaque-Rückstände auf.
Musialek kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Es habe Vorstudien gegeben, das Gerät funktioniere. „Eine hundertprozentige Plaque-Entfernung kann keine Zahnbürste bieten“, so der Startup-Gründer. Zu dem Test im ORF-Fernsehen: „Wir wissen, dass der Test falsch durchgeführt wurde“. Es sei zu fest zugebissen worden, dazu gebe es auch einen Hinweis in der Anleitung. Beim nächsten TV-Test will Musialek deshalb dabei sein.