Vitamine der Hightech-Branche: Warum China und die USA um Seltene Erden ringen
Im Handelsstreit zwischen den USA und China verhärten sich die Fronten. Laut chinesischen Medienberichten plant das Reich der Mitte, die Exporte von Seltenen Erden in die USA zu beschränken. Diese wurden von US-Präsident Donald Trump bis jetzt bei den Importzöllen außen vor gelassen – aus gutem Grund. Denn ohne sie kommt die High-Tech-Branche nicht aus. Vom Mobiltelefon bis zum Raketenlenksystem, die Rohstoffe werden in allen wichtigen Technologie-Bereichen gebraucht.
Die 17 Seltenen Erden, wie Neodym, Lanthan oder Cer, kommen auf der Erde sehr selten vor und können kaum ersetzt werden. Verwendet werden sie unter anderem in Handys, LCD-Screens, Windkraftanlagen oder Magneten. Scandium wird etwa bei Hochleistungs-Leuchtmitteln in Stadien, magnetischen Datenspeichern, sowie bei der Herstellung von Laserkristallen verwendet. Yttrium finden in speziellen Legierungen, Leuchtstofflampen und der Nuklearmedizin Anwendung. Der Bedarf an Neodym und Terbium wird wegen der höheren Nachfrage nach Elektro-Fahrzeugen und dem Ausbau erneuerbarer Energien sogar weiter steigen.
EU-Importquote liegt bei 100 Prozent
Auch im militärischen Bereich kommen sie bei Radar- und Raketenlenksystemen zur Anwendung. Sie sind so wichtig, dass sie von der US-Geologiebehörde im vergangenem Jahr als „kritische Mineralien für die Wirtschaft und Verteidigung“ designiert wurden. In der Europäischen Union stehen sie bereits seit 2011 auf der Liste der kritischen Rohstoffe. Denn die EU-Importquote liegt bei 100 Prozent. Rund 8.350 Tonnen der Rohstoffe verbraucht die EU im Jahr.
Wie dramatisch eine Beschränkung der Exporte durch China ist, wird derzeit intensiv diskutiert. Die „Vitamine der Chemie“, wie sie oft genannt werden, werden auch in anderen Ländern hergestellt. Ein Export-Stop seitens Chinas an Japan im Jahr 2010 von Seltenen Erden wegen eines diplomatischen Streits rund um die Senkaku Islands hatte nicht die erhofften Effekte. Hersteller bezogen die Rohstoffe aus anderen Quellen (u.a. von chinesischen Schmugglern) und fanden Wege, weniger Seltene Erden verbauen zu müssen (The Verge berichtete).
China ist Monopolist in der Herstellung
Laut der US-Geologiebehörde lag der Wert der importierten Seltenen Erden in den USA 2018 bei 160 Millionen Dollar. Das ist ein Zuwachs um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Vereinigten Staaten beziehen 80 Prozent ihres Bedarfs an Seltenen Erden aus China. Den Rohstoff zu importieren, ist für die USA günstiger, als ihn selbst zu produzieren. Zwar werden Seltene Erden neben China auch in den USA , Indien, Brasilien,Russland, Vietnam sowie Malaysia und Australien gefördert, aber China stellt rund 90 Prozent aller Seltenen Erden weltweit her.
Damit hält das Land quasi das Monopol. Den Rest importiert die USA aus Estland, Frankreich und Japan. Allerdings basieren diese Verbindungen auf Konzentraten und chemischen Zwischenprodukten, die teilweise wiederum in China hergestellt wurden. Kurzum: Man kommt an China nicht vorbei.
Neue Konzepte notwendig
Auch Österreich ist auf Importe angewiesen. In der Studie „Austrian Material Foresight“ aus dem Jahr 2014 wird schon vor Abhängigkeiten ausdrücklich gewarnt: „Bei den Seltenen Erden – Ausgangsmaterial für Hightech-Entwicklungen im Bereich IKT – oder bei Magnesium dem Leichtbauwerkstoff ist heute schon auf dramatische Weise abschätzbar, dass China in den nächsten 10 bis 15 Jahren entscheidenden Einfluss auf die europäische und internationale Entwicklung nehmen wird.“ Um den Herausforderungen entgegenzutreten, brauche es neue Konzepte für Österreich, heißt es weiter.
Derzeit scheinen neue, schlagende Lösungen noch nicht in Sicht. Unterdessen hält das Kräftemessen Chinas und der USA die Wirtschaftswelt in Atem. Größter Leidtragender ist derzeit der chinesische Hightech-Konzern Huawei, dem Software-Riese Google und Chip-Hersteller ARM in der Krise die Zusammenarbeit absagten (Trending Topics berichtete).
Der immer rauer werdende Ton der zwei größten Volkswirtschaften der Welt ist besorgniserregend. Chinas Trumpfkarte, Seltene Erden, enthüllt eine neue Schicht in einer komplex verwobenen Welt. Sie ist sozial und wirtschaftspolitisch so stark verwoben, dass Protektionismus keine gute Strategie zu bieten scheint. Wer das merkantilistische Armdrücken gewinnt, bleibt abzuwarten.
Seltene Erden und ihre Verwendung:
Symbol | Name | Verwendungsbeispiele |
Ce | Cer | Auto-Katalysatoren, Russpartikelfilter, Ultraviolettstrahlung-Schutzgläser |
Dy | Dysprosium | Dauermagnete (z. B. Windkraftanlagen), Leuchtstoffe, Laser, Atomreaktoren |
Er | Erbium | Medizin-Laser, Glasfaserkabel |
Eu | Europium | LEDs, Leuchtstofflampen, Plasmafernseher (roter Leuchtstoff) |
Gd | Gadolinium | Kontrastmittel (Kernspintomographie), Radar-Bildschirme (grüner Leuchtstoff), AKW-Brennelemente |
Ho | Holmium | Hochleistungsmagnete, Medizintechnik, Laser, Atomreaktoren |
La | Lanthan | Nickel-Metallhydrid-Akkus (z. B. in Elektro- und Hybridautos, Laptops), Katalysatoren, Rußpartikelfilter, Brennstoffzellen |
Lu | Lutetium | Positronen-Emissions-Tomographen |
Nd | Neodym | Dauermagnete (z.B. in Elektromotoren, Windkraftanlagen, Kernspintomografen, Festplatten), Glasfärbung, Laser, CD-Player |
Pr | Praseodym | Dauermagnete, Flugzeugmotoren, Elektromotoren, Glas- und Emaillefärbung |
Pm | Promethium | Leuchtziffern, Wärmequellen in Raumsonden und Satelliten (radioaktives Element) |
Sm | Samarium | Dauermagnete (in Diktiergeräten, Kopfhörern, Festplattenlaufwerken), Raumfahrt |
Sc | Scandium | Stadionbeleuchtung, Brennstoffzellen, Rennräder, Röntgentechnik, Laser |
Tb | Terbium | Leuchtstoffe, Dauermagnete |
Tm | Thulium | Leuchtstofflampen, Röntgentechnik, Fernsehgeräte |
Yb | Ytterbium | Infrarotlaser, chemische Reduktionsmittel |
Y | Yttrium | Leuchtstofflampe, LCD- und Plasmabildschirme, LEDs, Brennstoffzelle |
Quelle: Britisch Geological Survey